Streit um Asylunterkunft: Jetzt geht es (wohl) vor Gericht

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U.a. diese Markt Schwabener verfolgten die Sitzung im Rathaus und warben zugleich für eine Zulassung des Begehrens. © Stephan Görlich

Über 90 Besucher im Ratssaal, eine rege Debatte, eine Unterbrechung, Kuriositäten: Die jüngste Schwabener Ratssitzung hatte es in sich. Es ging ums Asylbewerberheim am Ziegelstadel.

Markt Schwaben – Die juristischen Rahmenbedingungen waren so eindeutig, dass es niemanden wirklich überraschte, was der Marktgemeinderat da mit 17:9 Stimmen mehrheitlich feststellte: Nämlich, das von einer Bürgerinitiative eingereichte Begehren zur schlussendlichen Verhinderung einer Asylunterkunft am Ziegelstadel für rechtlich unwirksam zu erklären.

Das Plenum folgte damit den juristischen Einschätzungen der Rechtsaufsicht am Landratsamt und einer von der Marktgemeinde beauftragten Kanzlei. Wäre es zu einer anderen Einschätzung des Rates gekommen, hätte Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) einen Vollzug sogar aussetzen müssen. Begründung: „Im vorliegenden Fall soll die durch das Bürgerbegehren in Gang gesetzte Bauleitplanung ersichtlich ausschließlich dazu dienen, die bevorstehende Nutzung des Atron-Gebäudes zur Unterbringung von Flüchtlingen zu verhindern.“ Eine solche Negativplanung ist nach geltender Rechtslage nicht statthaft.

Nichtöffentlich beraten, wie es nun weitergehen soll

Doch wie geht es weiter? Genau dazu hatten sich die meisten der gut 90 anwesenden Zuhörer im Sitzungsverlauf zumindest Andeutungen erhofft. Beraten über die weiteren Schritte wurde indes nichtöffentlich. Dabei war es im Kern um zwei Optionen gegangen: Eine Änderung des Bebauungsplans „Teilbebauungsplan Burgerfeld I“, indem man aus einem Misch- ein Wohngebiet macht und/oder eine Veränderungssperre. „Entschieden wurde nichts, lediglich beraten“, hieß es auf EZ-Nachfrage. Wobei jedoch die ungewöhnliche Situation entstanden war, dass besagte geheim beratende Vorgänge über das weitere Vorgehen stundenlang vor und nach der Sitzung auf der Homepage der Gemeinde im Bereich des sogenannten „Ratsinformationssystems“ (RIS) versehentlich nachzulesen waren – und erst in der Nacht auf Freitag wieder von der erst ganz neu geschaffenen öffentlichen RIS-Plattform genommen wurden.

Der Hintergrund: Im Vorfeld hatte es ein Hin und Her gegeben in der Frage der Einschätzung, ob es sich hier um öffentlich zu behandelnde Dinge handele oder nicht.

Ob Bebauungsplanänderungen und Veränderungssperren Mittel sein können, das Asylheim-Projekt zu stoppen, ist und bleibt vorerst ungewiss. Das Landratsamt hat jedoch dazu eine klare Meinung. Auf Anfrage der EZ teilte die Kreisbehörde Folgendes mit: „Es gibt einen rechtskräftigen Mietvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und dem Eigentümer des Objekts (Beginn: 1.10.2023, Ende: 30.09.2030). Und es gibt im Baugesetzbuch (Bundesrecht) eine klare Regelung in § 246 Absatz 14. Diese besagt, dass das gemeindliche Einvernehmen zum Bauantrag (so es von der Gemeinde nicht erteilt wird) von der unteren Baugenehmigungsbehörde im staatlichen Landratsamt ersetzt werden kann, wenn Unterbringungsbedarf besteht, was nachweislich der Fall ist (daran würde auch eine baurechtliche Veränderungssperre nichts ändern).

Protestbanner Seite an Seite
Protestbanner von „Seite an Seite“ © Seite an Seite

Die Regierung von Oberbayern hat bereits angedeutet, dass sie das Landratsamt anweisen wird, dieses Einvernehmen zu ersetzen. Im Schritt zuvor wird die Sozialhilfeverwaltung im Landratsamt zeitnah einen Bauantrag zur Umnutzung des Gebäudes bei der Gemeinde einreichen, dieser beinhaltet auch die Nutzung für maximal 120 Personen. Im Anschluss wird der vorgenannte Prozess in Gang gesetzt... Stand heute ist also davon auszugehen, dass das Gebäude Mitte 2024 zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden kann“.

Obendrein gab es am Donnerstag (und auch schon Tagen zuvor) innerhalb der Verwaltung weitere technische Probleme. Stolze sprach von Serverproblemen, wobei die Einladungen zur Februar-Sitzung nicht so stattfanden wie gewohnt. Kurzzeitig drohte am Donnerstag sogar der Abbruch der Sitzung, nachdem Grünen-Ratsherr Joachim Weikel darauf aufmerksam gemacht hatte, dass u.U. jeder nachfolgende Beschluss rechtsunwirksam werden könnte. Erst nach einem 25-minütigen, letztlich überflüssigen Schlagabtausch und einer fast gleichlangen Beratung der Bürgermeister, der Verwaltungsspitze, der Fraktionssprecher sowie der neuen Geschäftsführerin Melanie Idek (es war am Donnerstag ihre erste öffentliche Ratssitzung in Markt Schwaben) stand dann fest, dass trotz aller Unwägbarkeiten eine regelkonforme Einladung vorgelegen habe.

Sticker
Anstecker, der für Vielfalt in Markt Schwaben wirbt. © jödo

Da nun bekannt ist, dass der Freistaat das Atron-Gebäude bereits größtenteils angemietet hat, steht nun ein Antrag auf Genehmigung der Nutzungsänderung bei der Bauaufsichtsbehörde an. Den wird sich der Rat in seiner Sitzung am 14. März zum Thema machen.

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