Die Raser-Schrecks aus dem Oberland sind auch im Landkreis Ebersberg tätig
Elf von 21 Gemeinden im Landkreis Ebersberg lassen ihren Verkehr vom Zweckverband Kommunale Dienste Oberland überwachen. Der hat auch einen „Führerschein-Tresor“.
Landkreis – In einem Bürogebäude eine gute Autostunde südwestlich von Ebersberg steht ein Tresor, in dem ein ganzer Schwung Führerscheine aus dem Landkreis Ebersberg lagert. Sie gehören den Verkehrssündern, die den Radarfallen der Kommunalen Dienste Oberland ins Netz gegangen sind. Meistens, wenn im südlichen oder westlichen Landkreis Ebersberg ein Blitzer auslöst, stecken dahinter die Messtechniker des Zweckverbands mit Sitz in Bad Tölz. Mitglieder sind die Gemeinden Aßling, Baiern, Bruck, Egmating, Glonn, Grafing, Moosach, Kirchseeon, Oberpframmern und Zorneding. Frauenneuharting steigt gerade ein.
An immer mehr Straßen auch im Landkreis Ebersberg parken also die 21 Messfahrzeuge und 16 teilstationären Anhänger-Anlagen, die von rund 35 Außendienstmitarbeitern bedient und überwacht werden. Momentan an insgesamt 130 Überwachungsstunden pro Monat, so der Verband auf EZ-Anfrage. Dazu übernimmt der Verband in den meisten Gemeinden auch die Parkraumüberwachung, verteilt also Strafzettel, ausgenommen in Baiern, Bruck, Egmating und Moosach.

Insgesamt sind zwischen Neuschwanstein und Herrenchiemse 155 Kommunen aus zehn Landkreisen dabei. Konkurrenz-Anbietern, etwa dem Zweckverband Töging (Kreis Mühldorf) oder der kommunalen Verkehrsüberwachung Markt Schwaben, graben die Tölzer ganz schön das Wasser ab, mehrere Kommunen aus dem Landkreis Ebersberg sind in den vergangenen Jahren gewechselt. Dabei geht es nicht um einen Wettbewerb zwischen Unternehmen. Die Leiter des Zweckverbands sind Beamte, den Verbandsvorsitz übernehmen Bürgermeister der Mitgliedskommunen, betont Vize-Geschäftsführer Thorsten Preßler, der gleichzeitig den Außendienst leitet. Auch wenn er sagt: „Wir ticken ähnlich wie ein Unternehmen.“ Und der Chef, Benjamin Bursic, spricht gerne von der „kommunalen Familie“.
Der Zweckverband mit über 161 Mitarbeitern erfüllt im Auftrag seiner Mitgliedsgemeinden hoheitliche Aufgaben. Dazu gehören das Verhängen und Eintreiben von Bußgeldbescheiden und eben auch das vorübergehende Einziehen von Führerscheinen. Unter insgesamt 41 886 verwertbaren Geschwindigkeitsverstößen, die der Verband bisher im Landkreis Ebersberg verzeichnet hat, waren 315 Fahrer, die 31 km/h oder mehr über dem Erlaubten unterwegs waren. Zieht man davon Blaulicht-Fahrten von Einsatzfahrzeugen ab, kommt man in etwa auf die Zahl der Führerscheine, denen ein Zwangsurlaub im Tölzer Tresor blühte. Richtig Fahrt aufgenommen haben die Tölzer erst seit vergangenem Jahr, als die meisten Gemeinden Mitglied wurden. Zuvor waren nur Kirchseeon (2022) und Aßling (2020) dabei.
Blitzersäule in Kirchseeon zeigt Wirkung
Die Kontrollen zeigen Wirkung, davon ist der Zweckverband überzeugt. Als Beweis führt Außendienstchef Preßler etwa die berüchtigte Blitzersäule in Kirchseeon an, der ersten im Kreis Ebersberg und zweiten im gesamten Verbandsgebiet. Seit der „Jenoptik TraffiStar S350“ ein unermüdliches Auge auf die B 304 am östlichen Ortsende richtet, sei kaum mehr ein Prozent der Fahrzeuge dort in Verstoßqualität zu schnell unterwegs. Zuvor seien es vielfach mehr gewesen, ortsauswärts teils sogar gut ein Fünftel der Fahrzeuge. Insgesamt gehe an den Messstellen im Landkreis Ebersberg die sogenannte Beanstandungsquote zurück, der Zweckverband führt das auf einen „positiven Nachhalleffekt“ zurück.
Als Gelddruckmaschine gilt die Verkehrsüberwachung in den Gemeindekämmereien üblicherweise nicht. „Wir wollen nicht abzocken, wir wollen Sicherheit“, lautet das Mantra, das die Zweckverbandschefs bei jeder Gelegenheit unermüdlich wiederholen. Selber könne der Verband gar nicht gewinnorientiert arbeiten, sondern schütte sein Plus an die Mitglieder aus. „Da wird fair ausgeteilt“, so Geschäftsführer Bursic jüngst in einer Gemeinderatssitzung. Im Jahr 2023 seien es verbandsgebietweit 2,3 Millionen Euro Überschuss gewesen.
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Für viele Gemeinden ist der Zweckverband eher wegen seines breiten Leistungsportfolios interessant. Anders als die meisten Wettbewerber bietet er seit 2020 eine „Zentrale Beschaffungsstelle“ an. Die unterstützt Kommunen bei der europaweiten Ausschreibung und Vergabe öffentlicher Aufträge – einer komplexen Aufgabe, die mittlerweile aufgrund der hohen bürokratischen Vorgaben die Eigenkapazitäten vieler Rathäuser überfordert. „Wir wollen Dienstleister sein“, sagt Vize-Geschäftsführer Thorsten Preßler über die Ausrichtung des stetig wachsenden Zweckverbands. „Man muss eine Zeitlang suchen, bis man so etwas wie uns noch einmal findet.“