Die Finanzierung von acht neuen Klassenzimmern für das Allgäu-Gymnasium (AG) steht. Dem in einem langen Prozess ausgehandelten Plan stimmten der Oberallgäuer Kreisrat mit großer Mehrheit und der Kemptener Stadtrat einstimmig zu.
Kempten/Oberallgäu – An den Kemptener Gymnasien herrscht große Raumnot. Seit der durch Baumängel bedingten Schließung des Pavillons am Allgäu-Gymnasium ist die Situation dort besonders grenzwertig. Für den Bau der unbedingt notwendigen acht Klassenzimmer gab es bereits unterschiedliche Vorschläge, die Entscheidung ist für einen Anbau im Südosten gefallen (wir berichteten mehrfach).
Die einzig offene Frage war die der Finanzierung. Da Kempten für diese nicht mehr allein aufkommen kann und beinahe die Hälfte der Schülerinnen und Schüler aus dem Oberallgäu kommen, verhandelten die beiden Gebietskörperschaften mit ministerieller Unterstützung lange über die Modalitäten einer gemeinsamen Finanzierung.
Darum braucht Kempten mehr Klassenzimmer
Jetzt können beide Seiten, und vor allem Schülerinnen, Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer durchatmen: Der Kompromiss steht und man kann mit der bis zum Sommer 2027 geplanten Umsetzung beginnen. Der Pavillon wird in diesem Sommer abgerissen, dort soll bis Ende 2026 eine zusätzliche Freifläche für die Gymnasiasten entstehen.
Den Entscheidungen in den beiden Spitzengremien ging eine gemeinsame Sitzung des Oberallgäuer Kreisausschusses und des Kemptener Haupt- und Finanzausschusses voraus. „Es geht um unsere Schüler, ihnen sind wir gemeinsam verpflichtet“, betonte Oberbürgermeister Thomas Kiechle in seiner Einleitung. Grund für den gestiegenen Bedarf sei, dass im Allgäu die Geburtenzahlen stabil blieben und die Zuwanderung steige.
„Die Gespräche waren nicht einfach, haben aber zu einem guten Ergebnis geführt.“ Er sprach von einem „fairen Miteinander“ und von einem „soliden Finanzierungsmodell“. Landrätin Indra Baier-Müller erinnerte daran, dass der Norden des Oberallgäus vor 50 Jahren zum Landkreis Kempten gehörte. In diesem Gebiet gebe es eine deutliche, sehr gute Entwicklung, die u. a. zum größeren Bedarf an Schulplätzen führe. „Der Landkreis ist sich seiner Verantwortung für die Schulkinder sehr bewusst“, betonte sie. Deswegen bestehe über die gemeinsame Finanzierung ein großer Konsens.
Christina Mader (Grüne) blickte auf ihre Referendarszeit am AG zurück und bemängelte, dass man nur Klassenzimmer schaffe und die Bedarfe moderner Pädagogik mit offenen Räumen außer Acht lasse. Einen Möglichkeitsraum für ein „Wunschkonzert“ habe es bei dem zeitlichen und finanziellen Druck nicht gegeben, entgegnete Kiechle. Man wolle so günstig wie möglich, aber gut bauen. „Wenn ein Lehrer was zu sagen hat, kann er es auch im Klassenzimmer tun“, fügte er hinzu. In der Grundschule am Aybühlweg baue man anders.
Neues Gymnasium?
Für Markus Kubatschka (SPD) würden die Prognosezahlen dem Antrag seiner Fraktion entsprechend die Gründung eines neuen dreizügigen Gymnasiums im Raum Dietmannsried ermöglichen. Ralph Eichbauer, Leiter der Abteilung „Mensch und Gesellschaft“ im Landratsamt, erläuterte, dass man für eine Neugründung nachhaltig hohe Schülerzahlen brauche, diese jedoch bald wieder zurückgingen. Außerdem würde der Neubau ein Vielfaches dessen kosten, was man jetzt für den Erweiterungsbau einplane: „Wir brauchen wirtschaftliche Lösungen.“ Man brauche Wege, die einen nicht überforderten und kurzfristig möglich seien, fügte der OB hinzu.
Am Anfang der Verhandlungen sei sie auch für ein neues Gymnasium gewesen, hob Baier-Müller hervor. Jetzt sehe sie es anders. Die bestehenden drei Gymnasien verfügten über lange Traditionen, die für viele Familien prägend seien. Das Kultusministerium habe in dem Prozess mitgesprochen und die Bedingungen klar kommuniziert. „Ich bin überzeugt, dass die heutige Entscheidung aus der Sicht der Schüler die richtige ist.“ „Wir tragen eine Verantwortung für die jungen Menschen, die bald auf diese Räume angewiesen sind“, sagte Josef Mayr (CSU). Außerdem müsse man im Kostenbereich diszipliniert bleiben.
So sieht die Kostenteilung für die Klassenzimmer am Allgäu-Gymnasium aus
Franz Josef Natterer-Babych (ÖDP) und Thomas Eigstler (CSU) hatten Fragen zu den Berechnungsgrundlagen und zu den Zuschüssen. Die Zahlen basieren auf einer vor einem Monat erstellten Berechnung und beinhalten einen zehnprozentigen Puffer, damit man keine Nachverhandlungen brauche, antwortete der Kemptener Baureferent Tim Koemstedt. Man geht von acht Millionen Euro Gesamtkosten und von einer Förderhöhe von 2,15 Millionen Euro aus. Je 50 Prozent der verbleibenden Kosten in der Höhe von 5,85 Millionen Euro tragen die beiden Gebietskörperschaften.
Wie geht es weiter?
Prof. Robert Schmidt (CSU) wies darauf hin, dass man erst am Anfang stehe und fragte nach einem Gesamtkonzept und nach den Maßnahmen am Carl-von-Linde-Gymnasium. Zurzeit verfüge man über 116 Klassenzimmer, bräuchte aber 128, antwortete Schulreferent Thomas Baier-Regnery, und bestätigte den weiteren gemeinsamen Handlungsbedarf. Es gehe im Moment um eine Minimalausstattung mit Klassenzimmern. Wenn die Schülerzahlen wieder zurückgehen, könne man erneut Fachräume einrichten.
Beide Gremien stimmten getrennt ab. Die einzige Gegenstimme kam von Kubatschka. Im darauffolgenden Kreistag stimmte er ebenfalls dagegen, diesmal unterstützt von seiner Fraktionskollegin Vera Huschka und Fraktionskollege Dr. Gerhard Wimmer.
In der Stadtratssitzung in Kempten war es Ingrid Vornberger (SPD) wichtig, im Namen ihrer erkrankten Fraktionsvorsitzenden Katharina Schrader zu betonen, dass die SPD-Fraktion in der Stadt 100-prozentig hinter dem Beschluss stehe. „Mir fällt dank dieser gemeinsamen und fairen Lösung ein Riesenstein vom Herzen“, sagte Barbara Haggenmüller (Grüne), Schulbeauftragte des Stadtrates. Kiechle sprach sogar mehrfach von einem „historischen Beschluss“.
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