Stopp von Beitragserhöhungen der Krankenkassen: Klage gegen „verfassungswidrige“ Reform
Die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sorgt bei Sozialverbänden und Krankenkassen für Frust. Nun wird die erste Klage vorbereitet.
Berlin – Schon seitdem der Referentenentwurf auf dem Tisch liegt, war klar, dass der Krankenhausreform aus dem Haus von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechtliche Hürden bevorstanden. Ein zentraler Kritikpunkt betrifft nämlich die Finanzierung der Reform, die ab 2026 zum Teil von den gesetzlichen Krankenkassen gestemmt werden muss. Das bedeutet zwangsläufig, dass dafür Beitragsgelder genutzt werden. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbands und des Sozialverbands VdK ist das verfassungswidrig.
Krankenhausreform der Ampel verfassungswidrig? Beiträge steigen 2025 und 2026 erneut
Daher hat der VdK am Montag (27. Januar) rechtliche Schritte angekündigt. „Der Sozialverband VdK will mit seinen Mitgliedern gegen die zu hohen Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Finanzierung der Krankenhausreform vor Gericht ziehen. Für ihn ist klar: Der Gesetzgeber bedient sich an den Beitragszahlungen, um die Neuordnung der Krankenhauslandschaft zu finanzieren. Das ist verfassungswidrig“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die Krankenhausreform wurde am 22. November im Bundesrat final abgesegnet. Die Reform zielt darauf ab, die angespannte wirtschaftliche Situation vieler Kliniken zu adressieren und ihnen die Möglichkeit zu geben, statt immer nur auf die Finanzen auf die Behandlungsqualität zu achten. Viele kleinere Kliniken können sich zum Beispiel keine neuen Geräte leisten, weshalb die Qualität der Versorgung immer weiter sinkt. Um solche Investitionen künftig zu ermöglichen, soll es einen Transformationsfonds geben, aus dem verschiedene Maßnahmen der Reform finanziert werden.
Der Transformationsfonds soll zwischen 2026 und 2035 schrittweise aufgebaut werden und insgesamt 50 Milliarden Euro umfassen. Der Topf wird zur Hälfte aus den Kassen der Länder gefüllt und zur Hälfte von den Krankenkassen. Über die nächsten zehn Jahre müssen die Krankenkassen also jährlich 2,5 Milliarden Euro bereitstellen, um die Krankenhauslandschaft zu reformieren.
Krankenkassenbeiträge steigen durch Krankenhausreform: Verbände wollen klagen
Das wird sich - das haben die Krankenkassen bereits angekündigt - auf die Beiträge der Versicherten auswirken. Ende Dezember 2024 sagte Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands zur Rheinischen Post: „Obwohl der Umbau der Krankenhausstrukturen eine staatliche Aufgabe ist, sollen die gesetzlichen Krankenkassen dafür ab 2026 pro Jahr 2,5 Milliarden Euro zahlen. Allein dafür wird es neue Beitragserhöhungen geben müssen. Wir halten diese Regelung insgesamt für verfassungswidrig und prüfen gerade die Möglichkeiten einer Verfassungsklage dagegen.“
Auch der VdK will nun den Rechtsweg einschlagen. „Die GKV-Beiträge dürfen nur für Aufgaben verwendet werden, die eindeutig den GKV-Versicherten zugutekommen“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Leistungen, die allen Bürgerinnen und Bürgern nutzen, dürfen nicht mit Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt werden. Von der Verbesserung des Gesundheitssystems durch die Krankenhausreform werden aber alle im Land profitieren, also auch Privatversicherte und Mitglieder anderer Versorgungssysteme. Die Kosten sollten daher von der gesamten Gesellschaft getragen werden. Das geht nur, wenn die Krankenhausreform über den allgemeinen Staatshaushalt finanziert wird.“

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Doch dieser Weg wird lang sein, wie der Sozialverband in seiner Mitteilung auch warnt. Der Vdk ruft ihre Mitglieder dazu auf, Widerspruch gegen ihren neuen Beitragsbescheid einzureichen. Bei neuerlicher Ablehnung geht die Entscheidung vor ein Sozialgericht. Der VdK ist bereits, das Ganze bis vor das Bundesverfassungsgericht zu begleiten.
Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss: Krankenhausreform ist verfassungswidrig
Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine Verfassungsklage gar nicht so schlechte Chancen hätte. Ein Rechtsgutachten, das der Spitzenverband der privaten Krankenkassen in Auftrag gegeben hat, kam im September 2024 zu dem Ergebnis, dass die Finanzierung der Reform aus den Beiträgen verfassungswidrig sei. „Die Beiträge der Versicherten müssen den Versicherten zugutekommen; gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nicht durch die Beitragszahler finanziert werden. Bei dem Ausbau und der Reform handelt es sich wie dargestellt offensichtlich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, schreibt der Autor des Gutachtens, Professor Dr. Gregor Thüsing vom Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit in Bonn.
Sollten die Verfassungsbeschwerden vor Gericht tatsächlich Erfolg haben, würde das die Finanzsituation der Krankenkassen lindern. Die Beitragserhöhungen, die 2025 und 2026 auf die Versicherten zukommen, würden wahrscheinlich auch ohne Reform kommen, da die Reserven der Kassen ausgeschöpft sind und es auch andere Baustellen gibt. Sie würden aber vermutlich langsamer steigen. Damit Krankenkassenbeiträge wirklich wieder sinken, müsste aber noch mehr passieren.