Bürgerversammlung in Waakirchen zur Flüchtlingsfrage
Eine große Lagerhalle in Marienstein könnte zur Unterkunft für 150 Flüchtlinge werden. Dagegen wehren sich nicht nur Anwohner, sondern auch Gemeindevertreter. Die Stimmung ist aufgeheizt. Eine Bürgerversammung soll helfen.
Marienstein – Vor Kurzem sind die ersten 19 Frauen, Männer und Kinder in die Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet Marienstein eingezogen. Um insgesamt 40 Plätze zu schaffen, wurde ein ehemaliges Verwaltungsgebäude umgebaut. Als die Pläne dazu im Sommer 2023 bekannt wurden, rief die Mariensteinerin Nina Hoffmann (43) mit anderen Anwohnern zum Widerstand auf. Es gab eine Online-Petition und erhitzte Info-Abende, allein rechtliche Hürden verhinderten den Start eines Bürgerbegehrens. Der Einsatz, glaubt Hoffmann, habe sich trotzdem gelohnt. Es sei dem Druck zu verdanken, dass hier keine jungen Männer, sondern Frauen, Kinder und Paare einquartiert wurden. Hoffmann hat sie besucht: „Das sind ganz liebe Leute. Mit denen haben wir keinen Stress.“
„Für unseren Ort ist das der Wahnsinn“
Was ihr jetzt Angst macht, ist die Aussicht, dass die Lagerhalle gegenüber zur Unterkunft für 150 Geflüchtete wird. Wie berichtet, hat der Landkreis den bei der Gemeinde gestellten Nutzungsantrag wieder zurückgezogen, nachdem er im Rathaus auf heftigen Widerstand stieß. Es laufen Gespräche zwischen Gemeinde und Landratsamt zur Schaffung einer Alternative. Erste Vorschläge der Kommune überzeugten nicht, weil sie keine schnelle Lösung bieten. Die Halle bleibt im Fokus. „Für unseren Ort ist das der Wahnsinn“, sagt Hoffmann. Mit ihren Mitstreitern hatte sie Anfang der Woche zu einem Treff im Feuerwehrhaus eingeladen. Die Initiative legte Umfragebögen aus und sammelte Unterschriften, um eine Bürgerversammlung zu erzwingen. Dass Rathaus-Chef Norbert Kerkel versichert, die Belegung der Halle mit allen Mitteln verhindern zu wollen, ändert nichts an der Forderung nach persönlichem Dialog. „Die Stimmung im Ort ist aufgeheizt“, erklärt Hoffmann. Die Bürger fühlten sich nicht gehört, ihnen fehle die Transparenz.
Bürgermeister will bei Versammlung Fakten präsentieren können
Den Wunsch nach einer Bürgerversammlung erfüllt Kerkel, unabhängig von der Zahl der Unterschriften: „Aber wir brauchen etwas Vorlauf.“ Er wolle Fakten präsentieren können. Doch noch haben die Gespräche zwischen Landkreis und Gemeinde zu keinen Ergebnissen geführt. Es ist kein Geheimnis, dass die Kommune auf nachhaltige Lösungen nach dem Vorbild ihres Schaftlacher Modells dringt. 2016 hatte das Kommunalunternehmen in zwei Häusern Gemeinde-Wohnungen geschaffen, die zehn Jahre lang als Flüchtlingsunterkünfte dienen. Der Landkreis wiederum drängt angesichts der verzweifelten Lage auf eine sehr schnelle Lösung für die Unterbringung möglichst vieler Flüchtlinge. Wie schwierig die Situation ist, hat Landrat Olaf von Löwis jetzt auch in einem Brandbrief an das Innenministerium deutlich gemacht.
Halle mit Fußbodenheizung und WLAN
Um dem Notstand abzuhelfen, hatte die Behörde bei Hallen-Eigentümer Franz Haslberger angefragt, ob er das leer stehende Gebäude als Unterkunft zur Verfügung stellen würde. Dass dies keine Ideallösung darstellt, ist den Verantwortlichen im Landratsamt bewusst. Aber immerhin, meint ein Sprecher des Landratsamts, handle es sich bei der Halle um einen Neubau mit Fußbodenheizung und WLAN. Und immer wieder rollten neue Busse voller Flüchtlinge an, die der Landkreis im Auftrag der Regierung von Oberbayern unterzubringen habe.
Konflikte in Unterkunft befürchtet
„Aber was soll das in der Halle denn für ein Leben sein?“, hält Anwohnerin Hoffmann entgegen. Unterm Blechdach, im Winter von Schnee und Eis umgeben, abseits jeder Infrastruktur. 150 Männer so unterzubringen, müsse zu Konflikten führen, unabhängig von der Nationalität. Auch für die Bewohner der viel kleineren und gut ausgestatteten Unterkunft im ehemaligen Verwaltungsgebäude gegenüber könne sich dies negativ auswirken: „Da kommt doch Neid auf, wenn die einen schön wohnen und die anderen in der Halle leben müssen.“
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Kerkel hofft, bei der Bürgerversammlung in der Turnhalle mit Alternativ-Lösungen aufwarten zu können. Sie findet nach einer Bürgermeisterdienstbesprechung am 11. November statt, bei der das Thema eine große Rolle spielt. Den genauen Termin werde er mit der Initiative festlegen, meint Kerkel. Hoffmann wertet es als „gutes Zeichen“, dass die Bitte Gehör gefunden hat. Die Leute verlangten nach Information, wollten wissen, dass die Gemeinde für sie kämpfe: „Aber es wird wohl auch hitzig werden.“