„Das Wirtshaus im Spessart“: Ein Riesenspaß für alle Generationen
Das Freie Landestheater hat „Das Wirtshaus im Spessart“ mit Melodien von Franz Grothe auf die Bühne gebracht. Brillante Unterhaltung für Jung und Alt.
Miesbach – Was für ein Riesenspaß! Wer sich zur Premiere im Waitzinger Keller in Miesbach einen Platz im „Wirtshaus im Spessart“ des Freien Landestheaters (FLTB) sicherte, wurde belohnt – mit präzisem Spiel, hinreißendem Gesang, mitreißender Musik, bestechenden Kostümen und Bühnenbild. Kurzum: mit brillanter Unterhaltung, tatsächlich für Jung und Alt.
29-köpfiges Orchester untermalt modern-ironische Inszenierung
Den 16 Solisten, 14 Chormitgliedern und dem 29-köpfigen Orchester um Regisseurin Julia Dippel und Dirigent Rudolf Maier-Kleeblatt gelingt mit ihrer traditionellen und gleichzeitig modern-ironischen Inszenierung die Quadratur des Kreises im Operettenfach. Ein Wagnis, weil unweigerlich mit dem Original-„Wirtshaus im Spessart“, dem Filmklassiker, verglichen werden würde – egal aus welcher Richtung. Einerseits erfüllte das FLTB-Ensemble die Erwartungen der älteren Zuschauer, welche die „musikalische Räuberpistole“ von Kurt Hoffmann als Film mit Liselotte Pulver, Hans Clarin und Helmut Lohner seit seinem Erscheinen im Jahr 1958 zigfach gesehen, die Lieder von Komponist Franz Grothe und Liedtexter Willy Dehmel, die zu Hits wurden, hundertfach gehört und das Werk ins Herz geschlossen hatten. Gewonnen hat die neue Inszenierung diese Zuschauer mit ihrer „Technicolor-Farbigkeit“, die sich nicht nur in den grandiosen Kostümen von Anne Hebbeker, sondern auch in der Besetzung niederschlug. Zum Beispiel mit Carolin Ritter als Franziska, Comtesse von Sandau, deren spitzbübisches Lächeln und ihre burschikos-charmante Präsenz eine unglaubliche Ähnlichkeit, mit der von Liselotte Pulver hat. Spielerisch und gesanglich vereinnahmte Ritter freilich das gesamte Publikum mit ihrer Hosenrolle als Franziska und Franz im grandios gespielten Wechsel.
Bestechende Referenzen in die 50er-Jahre
Egal in welchem Jahrhundert oder welchem Genre: Das Publikum liebt unangepasste, widerborstige Frauen, die sich nicht gegen ihren Willen verheiraten lassen, sich stürmisch in den vermeintlich bösen Buben – hier der Räuberhauptmann, fulminant gespielt von Harald Wurmsdobler – verlieben, moralisch und zum Wohle aller handeln und dann nach Verkleidung- und Versteckspiel ihren Liebsten bekommen – hinter dem sich schließlich mehr verbirgt. Die Referenzen in die 50er-Jahre bestachen die „Wirtshaus im Spessart“-Fans gesanglich auch bei Stefan Kastner als Knoll mit lyrischem Rudolf-Schock-Tenor-Timbre und Philipp Gaiser als dessen Kompagnon Funzel mit Hermann-Prey-Bariton-Vibes.
Genau die richtige Dosis an Überzeichnung
Während also ein Teil des Publikums in Erinnerungen schwelgte, amüsierte sich der andere Teil über die leichte Ironie, den Tick an Überzeichnung in Mimik und Gestik, die die Operette modern, mitreißend frisch und gerade nicht süßlich kitschig geraten ließ. Zum Niederlegen lustig stachen dabei Tony Kainz als ungeliebter, manierierter Baron von Sperling und Verlobter, dem die obligatorische Betrunkenen-Rolle zufiel, und Christophe Vetter als Goldschmiedegeselle Felix heraus, der den mehrfachen Rollentausch mit der Comtesse inklusive Kostüm- und damit Geschlechterwechsel souverän bestand.
Die Inszenierung besticht mit modern ergänzter Sprache samt aktuellen Seitenhieben, etwa aufs Gendern oder Militarismus. Die Regie-Ideen finden ihre Höhepunkte nicht nur in Kampf-, Verfolgungs-, Kuss-Szenen und selbstverständlich im Happy End, sondern auch im kongenialen Zusammentreffen gleich dreier Liebesduette: der Comtesse und ihres Räuberhauptmanns, des Räuberliebchens Bettina (Melanie Renz) und des Räuber-Korporals (Andreas Agler) sowie der Zofe Barbara (Verena Eckertz) und ihres heldenhaften Felix.
Weitere Vorstellung am Muttertag
Der Chor präsentiert sich nicht minder flexibel wie das durchdachte Bühnenbild, ebenfalls von Anne Hebbeker: Er tritt mal als Bäume, mal als Räuber und Flintenweiber, dann wieder als Soldatinnen auf. Das Orchester trägt die Handlung mit seiner Musik, die dem bunten, actionreichen RomCom-Klamauk auf der Bühne an Vielfarbigkeit in nichts nachsteht und mitriss – von Duetten über Militärmärsche und Tangoklänge bis hin zum Walzer, bei dem das Publikum mitklatschte und schunkelte.
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Am Ende der zweieinhalbstündigen grandiosen Neuauflage von „Das Wirtshaus im Spessart“ erntete das FLTB in seinem Stammhaus glück-strahlende Gesichter, Jubel, Applaus und Bravorufe – minutenlang.
Weitere Vorstellung „Das Wirtshaus im Spessart“ ist auch am Sonntag, 12. Mai (Muttertag), ab 18 Uhr in Miesbach zu sehen. Tickets zwischen circa 28 und 50 Euro gibt es vorab im Waitzinger Keller (Rufnummer 0 80 25 / 7 00 00, ticket@waitzinger-keller. de), auf fltb-tickets.de und über Eventim (zuzüglich Gebühren).