„Sonst kommt die katastrophale Niederlage“: US-Experte fordert Nato-Soldaten in der Ukraine

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Der Ukraine fehlen laut Generalstab 500.000 Soldaten. Neue Mobilisierungsgesetze sind unterzeichnet. Ein US-Politikwissenschaftler ist der Meinung, das reicht nicht aus.

Kiew – Erst am Dienstag hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj neue sogenannte Kriegsgesetze unterschrieben, um die Mobilmachung für den Ukraine-Krieg zu erweitern. Wehrpflichtig sollen demzufolge Ukrainer nicht mehr ab dem Alter von 27, sondern ab 25 Jahren sein. 500.000 Soldaten, hat der ukrainische Generalstab bekannt gegeben, würden der Ukraine fehlen, um sich gegen den russischen Aggressor zur Wehr zu setzen. Doch wie sich die Ukraine in Zukunft verteidigen soll, darüber wird innerhalb der Nato kontrovers diskutiert.

In einem Beitrag auf der britischen Nachrichten- und Meinungswebsite UnHerd hat der rumänisch-US-amerikanische Militärstratege, Politikwissenschaftler und Historiker Edward Luttwak seine Sicht auf die Lage in der Ukraine beschrieben – und dabei erklärt, dass die „Nato-Länder bald Soldaten in die Ukraine entsenden müssen“. Er halte das für „unausweichlich“, schreibt Luttwak, sonst werden die Nato Staaten „eine katastrophale Niederlage hinnehmen müssen“.

9.03.2024, Litauen, Vilnius: Litauische Soldaten stehen während der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der NATO-Mitgliedschaft Litauens zum Hissen der Flagge bereit. Vor 20 Jahren wurde Litauen ein vollwertiges Mitglied der Nato. Foto: Mindaugas Kulbis/AP
Litauische Soldaten stehen während der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der NATO-Mitgliedschaft Litauens zum Hissen der Flagge bereit (Archivbild) © Mindaugas Kulbis/AP

Die Truppenstärke der Ukraine schätzt der Politikwissenschaftler trotz des Herabsetzens des Wehrpflichtalters für zu gering, schreibt er und prognostiziert, die ukrainischen Truppen würden „immer wieder zurückgedrängt und dabei Soldaten verlieren“. Die russische Armee sei der ukrainischen nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers „unabhängig von der Qualität bereits zahlenmäßig überlegen“.

Nato-Truppen könnten in der Ukraine helfen, ohne im Krieg zum Einsatz zu kommen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zuerst im Februar mit seiner Äußerung bei einem Treffen mit Unterstützerstaaten für Aufsehen gesorgt. Bei dem Treffen sagte Macron, er schließe die Entsendung von Truppen in die Ukraine nicht aus. Der Élysée hat mittlerweile klargestellt, dass es nicht um eine bevorstehende Entsendung von Kampftruppen gehe. Von Seiten seiner Verbündeten wurde Macron, für seinen Vorstoß scharf kritisiert und das entschiedene „Nein“ des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz zur Entsendung von Truppen in die Ukraine bleibt bestehen.

Auch Luttwak fordert nicht den Einsatz von Nato-Truppen an der Front, wie er in seinem Beitrag erklärte. Vielmehr ginge es darum, dass Nato-Einheiten die Ukrainerinnen und Ukrainer bei der Bergung und Reparatur beschädigter Ausrüstung entlasten und technische Ausbildungsprogramme für Rekruten übernehmen. „Diese Nato-Soldaten werden vielleicht nie zum Einsatz kommen - aber das müssen sie auch nicht, um der Ukraine zu helfen, das Beste aus ihren eigenen knappen Arbeitskräften zu machen“, erklärt der Politikwissenschaftler in seinem Beitrag in UnHerd.

US-Präsident Biden gegen die Entsendung von Truppen in die Ukraine

In den USA wurde der Vorschlag, Truppen in die Ukraine zu entsenden, bisher negativ bewertet. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, sagte gegenüber Berichten der US-Zeitung Politico zufolge nach Macrons Vorstoß im Februar: „Präsident Biden hat deutlich gemacht, dass die USA keine Truppen zum Kampf in die Ukraine entsenden wird.“

Seit über zwei Jahren kämpfen die Menschen in der Ukraine. Mindestens 70.000 ukrainische Soldaten sollen im Ukraine-Krieg ums Leben gekommen, wie US-Beamte im August 2023 gegenüber der New York Times erklärten. Im Dezember 2023 demonstrierten in der Ukraine Ehefrauen ukrainischer Soldaten und forderten die Demobilisierung. Aber der Ukraine fehlen Soldaten.

Die Kriegsgesetze, die Selenskyj am Dienstag erlassen hat, sollen die Mobilisierung ausweiten. Enthalten ist darin auch ein zentrales elektronisches Register für Wehrpflichtige sowie die erneute ärztliche Einschätzung über den körperlichen Zustand von Männern, die zuvor ausgemustert wurden. Berichten der taz zufolge, seien die Gesetze nur der Auftakt zur Verabschiedung umfassenderer Gesetze zur Ausweitung der Mobilisierung für den Ukraine-Krieg. (pav)

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