Die Gemeinde Gmund ist um ein weiteres Gebäude mit Denkmalschutz-Status reicher: Die sogenannte Pfannenberg-Villa nahe der Mangfall ist in die Liste des Landesamts für Denkmalpflege aufgenommen worden. Der Gmunder Heimatforscher Gerhard Seidl hat nicht nur dazu Bemerkenswertes zu berichten.
Gmund – Vor Kurzem erst hatte Bürgermeister Alfons Besel den Gemeinderat darüber informiert: Die sogenannte Pfannenberg-Villa, hoch oben auf dem Mangfall-Hochufer und südöstlich der Büttenpapierfabrik gelegen, steht nun unter Denkmalschutz. Die Liste bedeutsamer Gebäude ist damit wieder um ein Objekt reicher. Dabei stand eigentlich ein anderes Gebäude im Vordergrund, das der Gmunder Heimatforscher und Archivar Gerhard Seidl zuletzt im Blick hatte: ein unterhalb der Villa gelegenes Gumpwerk, erbaut im Jahr 1744.
Die Geschichte der Villa und des Gumpwerks sind verbunden mit dem Namen Pfannenberg. Carl Pfannenberg sen. (1879-1963), der die Maschinen- und Büttenpapierfabrik Gmund zusammen mit dem Kaufmann Ludwig Alois Kohler (1874-1921) leitete und bis zu seinem Tod Miteigentümer war, ließ die Villa 1925 erbauen. Sein Nachkomme Carl Pfannenberg (83) bewohnt das Haus heute noch, auch er war bis 1995 Miteigentümer der Papierfabrik, die inzwischen von Florian Kohler und Torsten Dreke geleitet wird. Auf Veranlassung von Carl Pfannenberg vertiefte sich Gerhard Seidl also in den Pfannenberg-Besitz. „Allerdings nicht in die Villa, sondern in das Gumpwerk“, berichtet Seidl, der Beachtliches zutage förderte.
Jede Menge Geschichte im Inneren
Dass der äußerlich unscheinbare Bau gut dasteht, ist Carl Pfannenberg zu verdanken. Er ließ das Gebäude, das sein Vater 1939 der katholischen Kirche abgekauft hatte, 1999 mit viel Aufwand von Fachleuten restaurieren. In seinem Inneren steckt jede Menge Historie. „Es handelt sich um ein 280 Jahre altes Wasserhebewerk“, weiß Seidl und geht ins Detail. „Quellwasser sammelt sich in einer Gumpe, wird gefasst und mit einem großen Wasserrad, das zwei Pumpzylinder antreibt, hochgepumpt. Damit“, so Seidl, „wurden der 600 Meter entfernte ehemalige Gmunder Pfarrhof und die Kirche bis vor etwa 100 Jahren mit Wasser versorgt.“ Was Seidl auch herausfand: Dem Gumpwerk liegen in vier Punkten die Patente des aus Gmund stammenden Hanns Reiffenstuel (1548-1620) und seines Sohnes Simon Reiffenstuel (1574-1620) zugrunde.
Erste Pipeline der Welt
„Hanns Reiffenstuel war der herzogliche Hofbaumeister, der für die Triftanlagen und alle Brücken im oberbayerischen Raum zuständig war“, berichtet Seidl. „Zusammen mit seinem Sohn ließ er bekanntlich zwischen 1617 und 1619 eine 31,5 Kilometer lange Soleleitung, die erste Pipeline der Welt, von Bad Reichenhall nach Traunstein mit sieben solcher Hebewerke erbauen.“ Beim Reiffenstuel-Brunnen vor dem Gmunder Rathaus ließ Seidl bereits Schautafeln dazu errichten, im Salinenpark von Traunstein gibt es zudem einen originalgetreuen Nachbau des Reiffenstuelschen Hebewerks.
Angesichts der Bedeutung des Gumpwerks war die Überraschung bei Heimatforscher Seidl groß, als er erfuhr, dass nicht das Gumpwerk, sondern die Villa darüber vom Landesamt für Denkmalpflege nach einer Besichtigung im Sommer 2023 als schützenswert eingestuft wurde. „Eigentlich kurios“, meint Seidl.
Zentrum der Büttenpapierherstellung
Doch das Landesamt für Denkmalpflege sieht die Einstufung der Villa in Zusammenhang mit der Büttenpapierfabrik Gmund Papier. „Die Gemeinde Gmund ist ein bedeutendes Zentrum für die Büttenpapierherstellung, in dessen Kontext das Landhaus errichtet wurde“, so eine Sprecherin des Landesamts.
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Die Fabrik, deren Geschäftsführer Carl Pfannenberg gewesen sei, sei deutschlandweit wesentlich an der Tradition der Papierherstellung beteiligt gewesen. „Das durch Pfannenberg errichtete Landhaus ist Ausdruck für den Repräsentationsanspruch des Erbauers und Zeugnis seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten als Geschäftsführer“, so das Landesamt weiter, das auch auf den Baustil des im Jahr 1925 nach den Plänen des Büros Hans Rauch errichteten Hauses eingeht. So lasse sich die kompakte Gebäudekubatur mit spärlich historisierenden Elementen dem damaligen Heimatstil zuschreiben. „Der Heimatstil ist ein Teilbereich der Reformarchitektur, welcher den Jugendstil überwindet und den Weg zur Moderne bereitet“, heißt es in der Beschreibung. „Somit dient das Landhaus auch als klassisches Beispiel für die Entwicklung der Reformarchitektur auf dem Land.“ Besonders der Innenausbau sei ein gut erhaltenes Beispiel für eine Innenarchitektur im Stil des Art déco.
Für Gerhard Seidl ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Er kann sich durchaus vorstellen, dass auch das Gumpwerk von den Denkmalschützern noch berücksichtigt wird. Eine genaue Beschreibung hat er bereits an das Landesamt geschickt.
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