Krise der Autobauer schlägt durch: Bosch-Entwickler müssen Arbeitszeit reduzieren

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Holzkirchen
  4. Holzkirchen

Kommentare

Krisenmanagement ist gefragt auf dem Bosch-Campus bei Föching. Weil sich die Autobauer mit Entwicklungsaufträgen sehr zurückhalten, reduzierten die zwei Bosch-Töchter die Arbeitszeiten – und entsprechend die Gehälter. © THOMAS PLETTENBERG

Die Krise der Automobil-Industrie ist in Holzkirchen angekommen: Die beiden Bosch-Töchter Bosch Engineering und ITK Engineering, die an ihrem Campus im Gewerbegebiet Föching maßgeschneiderte Mobilitätslösungen vor allem für die Autobranche entwickeln, reduzieren im neuen Jahr noch einmal die Arbeitszeit ihrer 500 Mitarbeiter – und damit auch die Gehälter.  

Holzkirchen/Föching – Zu lange setzten deutsche Autobauer auf den Verbrenner, zu zögerlich wurden günstige Elektro-Modelle entwickelt, zu wenig hatte der Standort Deutschland der aggressiven Konkurrenz aus Übersee und Fernost entgegenzusetzen: Die Branche, einst ein Zugpferd der Industrie im Land, ist in eine schwere Krise geschlittert. Der Markt ist so tief erschüttert, dass es auch die Entwickler trifft, die ja eigentlich die Antriebe der Zukunft erfinden sollen. Die lange erfolgsverwöhnten, aber jetzt verunsicherten Autohersteller suchen Einsparpotenziale und halten sich mit Aufträgen zurück.

Schon 2024 schlug die Krise auf den Bosch-Standort in Holzkirchen durch – dort, wo der Technologie-Riese Ingenieure und Software-Entwickler beschäftigt, um die Mobilität von Fahrzeugen ein Stück weit neu zu erfinden. Getüftelt wird an eigenen Projekten und im Auftrag der Hersteller. Und diese Aufträge werden weniger. „Auch wir spüren die angespannte Marktlage in der Automobilbranche“, erklärt Uli Kreutzer, Pressesprecher des Holzkirchner Bosch-Standorts, auf Anfrage.

Als sich die ersten Einbrüche abzeichneten, hatten beide Bosch-Töchter mit einer Verkürzung der Arbeitszeit an allen deutschen Standorten reagiert. Bosch-Engineering sparte sich Personalkosten durch eine Reduzierung ab Oktober um drei auf 37 Wochenstunden; die ITK senkte ab August um zwei auf 38 Wochenstunden. Für die Mitarbeiter heißt das: weniger Arbeit, aber auch weniger Geld. Zunächst waren es 7,5 Prozent Abschlag bei Bosch-Engineering und fünf Prozent bei ITK.

Doch das reichte nicht, wie Kreutzer bestätigt. „Wir befinden uns in einer anspruchsvollen Übergangszeit zur nachhaltigen Mobilität“, betont der Sprecher, „der Wettbewerbsdruck in unseren Märkten hat sich stark erhöht.“ Die Autohersteller sitzen auf Überkapazitäten, die Absätze stagnieren. Besonders trifft die Entwickler in Föching, dass sich laut Kreutzer „der Markt für Zukunftstechnologien wie Elektromobilität oder automatisiertes Fahren anders entwickelt als ursprünglich erwartet.“ Nämlich deutlich langsamer.

Die Bosch-Schwestern mussten zum Jahreswechsel nachsteuern und Arbeitszeiten weiter senken. Laut Kreutzer zahlt Bosch Engineering bis auf Weiteres zehn Prozent weniger als regulär (entspricht 36 Wochenstunden), bei den ITK-Kollegen blieben nur noch 35 Wochenstunden. „Eine Reaktion auf Überkapazitäten und hohen Kostendruck“, sagt Kreutzer.

Betriebsbedingte Kündigungen oder Kurzarbeit seien nicht geplant, betont der Unternehmenssprecher. Allerdings verzichten beide Firmen vorläufig auf Neueinstellungen. „Und wo jemand geht, wird die Stelle nicht nachbesetzt“, sagt Kreutzer. Der Einstellungsstopp wird 2025 also dazu führen, dass die Mitarbeiterzahl in Föching (derzeit 500) wieder sinkt. Und das, obwohl Bosch noch 2023 davon ausging, den Campus auf bis zu 1000 Arbeitsplätze auszubauen. „Der Standort Holzkirchen steht grundsätzlich aber nicht infrage“, versichert Kreutzer.

Wie dramatisch der Auto-Zulieferer Bosch aber getroffen ist, zeigt sich in Leonberg bei Stuttgart, wo ein Technologie-Campus für automatisiertes und vernetztes Fahren (Assistenzsysteme) geplant war. 2500 Mitarbeiter waren angedacht, jetzt wurde die Baugrube wieder zugeschüttet. Es fehlen die Aufträge, während die Konkurrenz besonders aus China bei der Software-Entwicklung für das Auto der Zukunft ihren Vorsprung vergrößert.

Der Standort in Holzkirchen könnte sich als krisenfester erweisen, weil man hier nicht nur von der Autobranche abhängt. Ingenieure und IT-Spezialisten arbeiten in Föching auch für die Industrie und die Medizintechnik, sie konzipieren Eisenbahn-Lösungen und entwerfen Komponenten für E-Bikes und Baumaschinen. „Gerade jetzt profitieren wir von unserer diversifizierten Geschäftsaufstellung“, sagt Kreutzer. Zudem sind einige Büros und Labore an Fremdfirmen vermietet.

Trotz der Gehaltseinbußen habe es „keine Fluchtbewegungen gegeben“, sagt Kreutzer. Wie der Sprecher betont, sind die Arbeitszeit-Reduzierungen ausdrücklich temporär angelegt. „Ich glaube, dass wir damit gut durchs Jahr kommen. Sobald sich die Situation in der Autobranche entspannt, werden wir das wieder auflösen.“

(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen Holzkirchen-Newsletter.)

Auch interessant

Kommentare