Schneller zum deutschen Pass: Staatsangehörigkeitsgesetz der Ampel gilt – erste Stimmen warnen

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Schnellere Einbürgerung und Doppelpass: Das neue Staatsangehörigkeitsrecht ist in Kraft. Welche Regeln ab sofort gelten.

Berlin – Seit Donnerstag (27. Juni) gilt in Deutschland das neue Staatsangehörigkeitsgesetz. Damit hat die Ampel-Koalition ihr zentrales Schlüsselprojekt in der Migrationspolitik umgesetzt. Die ab sofort geltenden Regeln verkürzen Fristen zur Einbürgerung von Ausländern und Ausländerinnen und erlauben die doppelte Staatsbürgerschaft für alle.

Neues Staatsangehörigkeitsgesetz in Deutschland: Diese Änderungen gibt es

Das von der Ampel-Koalition verabschiedete Gesetz sieht einige zentrale Änderungen vor:

  • Anspruch auf Einbürgerung nun bereits nach fünf statt bisher acht Jahren.
  • Bei besonderen Integrationsleistungen ist Einbürgerung bereits nach drei Jahren möglich. Voraussetzungen sind gute Leistungen in Schule oder Beruf, ausgezeichnete Sprachkenntnisse oder ehrenamtliches Engagement.
  • Mehrere Staatsangehörigkeiten werden generell akzeptiert.
  • Alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern erhalten sofort die deutsche Staatsangehörigkeit und können die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern beibehalten. Voraussetzung: mindestens ein Elternteil lebt seit mehr als fünf – statt bisher acht – Jahren rechtmäßig in Deutschland und hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht.
  • Um die Leistungen der DDR-Vertragsarbeiter und sogenannten Gastarbeiter zu würdigen, wurden die Anforderungen für die Einbürgerung gesenkt: Sie müssen keinen schriftlichen Sprachnachweis erbringen, aber über ausreichende mündliche Sprachkenntnisse verfügen.
Wer sich künftig in Deutschland einbürgern lassen will, darf seine bisherige Staatsbürgerschaft behalten. Das neue Gesetz zum Staatsangehörigkeitsrecht der Ampel-Koalition ist in Kraft.
Wer sich künftig in Deutschland einbürgern lassen will, darf seine bisherige Staatsbürgerschaft behalten. Das neue Gesetz zum Staatsangehörigkeitsrecht der Ampel-Koalition ist in Kraft. © Jens Kalaene/dpa

Ampel sieht neues Gesetz zur Staatsangehörigkeit als Erfolg

Die Ampel-Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz sieht die Reform in der Migrationspolitik als großen Erfolg. „Darauf haben viele seit Jahrzehnten gewartet“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD). Deutschland habe „endlich ein Staatsangehörigkeitsrecht auf der Höhe der Zeit“.

Den deutschen Pass zu bekommen, geht künftig schneller, wird aber schwerer.

Die FDP wies darauf hin, dass die Hürden für die Einbürgerung trotz der kürzeren Fristen insgesamt nicht gesenkt würden. „Den deutschen Pass zu bekommen, geht künftig schneller, wird aber schwerer, denn die Voraussetzungen für die Einbürgerung wurden deutlich verschärft“, betonte der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae.

Mehr Anträge auf Einbürgerungen durch neues Gesetz? Kritik an Migrationsreform

Doch es gibt Kritik an den Plänen: In einer Anhörung des Bundestags zu der Staatsangehörigkeitsreform warnten einige Sachverständige vor möglichen Folgen. Eindringlich kritisierte Wilhelm Kanther vom CDU-geführten hessischen Innenministerium vor der Reform. In seiner Stellungnahme schrieb er: „Die geplanten umfangreichen Absenkungen der Einbürgerungsvoraussetzungen werden zu einem erheblichen Anstieg der Einbürgerungsanträge führen.“

Wie hoch dieser Anstieg sei, sei derzeit nicht kalkulierbar – auch nicht von der Ampel-Regierung, die dies im Gesetzesentwurf sogar selbst ausdrücklich betone. Das Gesetz dennoch entsprechend zu ändern sei unverantwortlich, kritisiert Kanther: „Umso mehr bei einem gesellschaftlich so relevantem Thema wie Einbürgerungen.“

FDP verweist auf strengere Regeln zur finanziellen Unabhängigkeit bei Einbürgerung

Auch der Deutsche Landkreistag rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Einbürgerungen. „Wir schätzen, dass sich die Zahl der Einbürgerungsanträge verdoppeln, teilweise verdreifachen wird“, sagte Präsident Reinhard Sager am Donnerstag (27. Juni) der Bild-Zeitung.

Mehr Anträge auf Einbürgerungen bedeuteten jedoch nicht zwangsläufig, dass es langfristig zu deutlich mehr Einbürgerungen kommen wird, entgegnete jetzt FDP-Politiker Thomae diesen Einwänden. Denn wer Deutscher werden wolle, müsse anders als bisher finanziell unabhängig sein, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete. „Zudem verschärfen wir Prüfungen, damit Antisemiten und Menschen, die unsere Werte nicht teilen, nicht eingebürgert werden“, fügte er hinzu.

Ampel-Regierung will „Lippenbekenntnisse“ bei Einbürgerungen verhindern

Um eine einheitliche Anwendung des neuen Gesetzes im ganzen Land zu gewährleisten, hat das Bundesinnenministerium kurz vor dem Inkrafttreten Anwendungshinweise an die Länder versandt.

Laut Innenministerium enthalten diese unter anderem Hinweise darauf, was Anzeichen für ein unwirksames „Lippenbekenntnis“ zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und zur „besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen“ sein könnten. Dazu gehören zum Beispiel „Aufrufe zur Vernichtung des Staates Israel“ und entsprechende Sympathiebekundungen in den sozialen Medien, ebenso „Kriegshetze“ und homophobe Handlungen.

Geht es nach dem Willen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD), sollen Ausländer, die Terrortaten verherrlichen, künftig nicht mehr in Deutschland leben dürfen. Schon ein Hass-Post bei TikTok und Co. reicht, dann müssten sie das Land verlassen.

Neues Staatsangehörrigkeitsgesetz in Deutschland kennt auch Härtefall-Regelung

Hinweise an die Länder gibt es auch für die nun eingeschränkte Möglichkeit einer „Ermessenseinbürgerung“. Diese kommt in Betracht, jemand zum Beispiel eine schwere Krankheit hat oder wegen der Pflege von Angehörigen seinen Lebensunterhalt nicht vollständig selbst bestreiten kann.

Voraussetzung für eine Einbürgerung aufgrund der Härtefallregelung sei es, dass Betroffene „alles objektiv Mögliche und subjektiv zumutbare“ getan hätten, um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern und dennoch ganz oder teilweise auf öffentliche Leistungen angewiesen sei. (dpa/smu)

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