Faeser plant massive Ausweitung der Einbürgerung in Deutschland – Fachleute schlagen Alarm

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Die Ampel will die Einbürgerung in Deutschland reformieren, stößt damit aber auf Kritik. Die Einbürgerung müsse am Ende der Integration stehen, nicht am Anfang.

Berlin – Schneller zur deutschen Staatsbürgerschaft: Das ist der Plan der Ampel-Koalition, die die Einbürgerung für Migranten erleichtern will. Statt wie bisher acht Jahre sollen Einwanderer schon nach fünf Jahren den deutschen Pass erhalten könne – bei besonderen Integrationsleistungen sogar schon nach drei Jahren. Und: Der alte Pass soll generell behalten werden dürfen. Doppelte Staatsbürgerschaft soll nach den Plänen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) also künftig auch für Nicht-EU-Bürger möglich sein.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser bekommt Gegenwind für eihre Pläne zur Einbürgerungsreform.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser bekommt Gegenwind für eihre Pläne zur Einbürgerungsreform. © Jürgen Heinrich/Imago

Ampel will Einbürgerung erleichtern – doch Fachleute warnen

Doch es gibt Kritik an den Plänen: In einer Anhörung des Bundestags zu der Staatsangehörigkeitsreform warnten einige Sachverständige vor möglichen Folgen. Eindringlich warnte Wilhelm Kanther vom CDU-geführten hessischen Innenministerium vor der Reform. In seiner Stellungnahme, einzusehen auf der Homepage des Bundestags, warnt er: „Die geplanten umfangreichen Absenkungen der Einbürgerungsvoraussetzungen werden zu einem erheblichen Anstieg der Einbürgerungsanträge führen.“

Wie hoch dieser Anstieg sei, sei derzeit nicht kalkulierbar – auch nicht von der Ampel-Regierung, die dies im Gesetzesentwurf sogar selbst ausdrücklich betone. Das Gesetz dennoch entsprechend zu ändern sei unverantwortlich, kritisiert Kanther: „Umso mehr bei einem gesellschaftlich so relevantem Thema wie Einbürgerungen.“

Dass die Ampel-Regierung im Gesetzesentwurf feststelle, dass die Einbürgerungszahlen in Deutschland „stagnieren“, sei außerdem nicht zutreffend. „Die Zahl der Einbürgerungsanträge und Einbürgerungen ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen“, hält er dagegen. Die Lage in den Einbürgerungsbehörden sie ohnehin schon angespannt, bemängelt der Experte.

Faeser-Plan: Ukraine-Flüchtlinge könnten schon 2025 eingebürgert werden

Zudem weist Kanther darauf hin, dass wegen der geplanten Fristverkürzung auch die vielen Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland „deutlich früher“ als nach bisherigem Recht einen Anspruch auf Einbürgerung in Deutschland – nämlich schon ab Frühjahr 2025. Zu erwarten sei dadurch ein Ansturm in den Behörden. Die jetzt schon langen Wartezeiten würden voraussichtlich noch erheblich verlängert, was das Ziel „erleichterter und schnellerer Einbürgerungen“ torpediere. Letztlich würden bei Migranten „Erwartungen geweckt, die in der Umsetzungswirklichkeit in Enttäuschung münden“.

Das Fazit des Fachmanns: „Es sollte bei dem Grundsatz bleiben, dass Einbürgerung Ausdruck einer bereits stattgefundenen gelungenen Integration (…) sein sollte“ – und nicht umgekehrt.

Landkreistag zweifelt an Mindeststandards zur Einbürgerung

Ähnlich klingen die Einwände von Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag, ebenfalls nachzulesen auf der Bundestags-Homepage. Er bezweifelt, dass mit dem neuen Gesetz die „Mindestvoraussetzungen einer Einbürgerung“ noch gewährleistet werden können. Fünf bzw. drei Jahre Aufenthalt in Deutschland seien zu wenig, um sicherzustellen, dass jemand sich erfolgreich in die deutsche Gesellschaft integriert habe.

Auch, dass es künftig möglich sein soll, seine alte Staatsbürgerschaft zu behalten, sieht er kritisch. Denn ein Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft sei Ausdruck der „notwendigen Identifikation mit dem deutschen Staatswesen“.

Benachteiligung von Frauen und Behinderten durch Einbürgerungs-Reform?

Kritik gibt es aber auch an einem ganz anderen Aspekt im Gesetzesentwurf. Und zwar sieht das Bundesinnenministerium Verschärfungen beim Lebensunterhalt vor: Grundsätzlich soll nur die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, wer den Lebensunterhalt für sich und unterhaltsberechtigte Familienangehörige aus eigenen Mitteln bestreiten kann.

Rechtsexpertin Sina Fontana von der Universität Augsburg sieht dies als mögliche Diskriminierung von Personen, die sich in prekären Lebenssituationen befänden – vor allem Frauen und Menschen mit Behinderung. Auch aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes dürfe eine mögliche Einbürgerung nicht „an das Einkommen oder die soziale Lage gebunden werden“. Abgesehen davon sei das Gesetz aber „ein Meilenstein auf dem Weg zu einer modernen Einwanderungsgesellschaft“.

Faeser erhofft sich Zuwanderung von Fachkräften durch schnellere Einbürgerung

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) will erreichen, dass mit der Reform des Einbürgerungsrechts mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland kommen. Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts sei für die Wettbewerbsfähigkeit „ein entscheidender Schlüssel“, sagte Faeser dem Handelsblatt. „Wir werden die besten Köpfe nur gewinnen, wenn sie in absehbarer Zeit voll und ganz Teil unserer Gesellschaft werden können, mit allen demokratischen Rechten.“

Stark umstritten ist derzeit in der deutschen Politik auch der Umgang mit der Haushaltskrise. Aus dem Hause von Wirtschaftsminister Robert Habeck kommt nun ein neuer Vorschlag. (smu)

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