Altersdepression ist oft vermeidbar – wie Sie erste Anzeichen erkennen

Am 5. November 2025 feiert Elke Sommer ihren 85. Geburtstag. Einen Grund zum Feiern sieht die Schauspiel-Ikone darin jedoch kaum, offenbart sie im Interview mit "Bunte": "Genug ist genug! Ich sehne den Tod herbei", sagt sie.

Eigentlich sei sie immer lebenslustig gewesen. Aber nachdem ihr Mann Wolf nach 40 Ehejahren an Krebs erkrankte und sie selbst gerade erst mit einem Infekt im Krankenhaus war, habe sich das geändert. "Ich habe zuletzt zu viel Schlechtes erlebt durch diese Krankheiten. Nun danke ich dem lieben Gott, dass er mich bis vor zwei Jahren so schön durch das Leben geführt hat".

Gegenüber "Welt am Sonntag" sagte sie ein paar Tage vor ihrem Geburtstag: "Ich sehe den Tod irgendwie als meinen Freund an. Einschlafen in Ruhe und schnell, einen schnellen, schönen Tod", das könne sie sich vorstellen. "Im Moment geht’s nicht", fügt sie hinzu. Sie habe ja ihren Mann, um den sie große Angst habe. Auch um die heranwachsende Generation mache Sie sich Sorgen.

Elke Sommer: Wegen gesundheitlicher Probleme kaum das Haus verlassen

Elke Sommer äußert sich auch positiv in den Interviews. So genieße sie beispielsweise ihr Leben in Kalifornien, das "wunderschönes Grundstück mit Pool, Tennisplatz und Blumen". Insgesamt sei sie mit ihrem Leben im Reinen. Es habe aber auch Phasen gegeben, in denen sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme kaum das Haus verlassen konnte.

Wenn durch solche Lebensumstände negative Gedanken kommen, suchen sich nur sehr wenige Menschen über 60 Jahren psychotherapeutische Hilfe. Ihr Anteil unter den Patienten beträgt gerade einmal sechs Prozent. Dabei können sie eine sogenannte Altersdepression auslösen, die sich in den meisten Fällen gut behandeln lässt.

Depressionen im Alter die am häufigsten auftretende psychische Erkrankung

"Depressionen stellen im Alter die am häufigsten auftretenden psychischen Erkrankungen dar", erklärt Neurologe Mimoun Azizi in seinem Gastbeitrag auf FOCUS online. Sie gehen "oft mit einer hohen Suizidalitätsrate einher". Azizi ist Chefarzt der Geriatrie/Neurogeriatrie am Allgemeinen Krankenhaus Celle und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Eine Depression betrifft ältere Menschen nicht häufiger als Menschen im jüngeren Erwachsenenalter. Das schreibt die Deutsche Depressionshilfe: "Laut einer Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland des Robert-Koch-Instituts (DEGS) erkranken 8,1 Prozent aller Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren im Laufe eines Jahres an einer Depression. Betrachtet man nur die 70- bis 79-Jährigen, so sind es 6,1 Prozent."

Jedoch seien leichtere Depressionen oder solche, bei denen nicht alle Symptome vorliegen, zwei bis drei Mal so häufig bei älteren Menschen zu finden.

Eine Altersdepression wird oft zu spät erkannt

Eine Altersdepression ist nicht immer leicht zu erkennen. Denn neben den klassischen Symptomen treten alterstypische Besonderheiten auf, wie die Depressionshilfe erklärt:

  • Bei älteren Menschen stünden häufig gesundheitsbezogene Probleme im Vordergrund und würden – bedingt durch die Depression – stärker und bedrohlicher wahrgenommen als sie tatsächlich seien. So werden beispielsweise:
  • bestehende Rückenschmerzen oder Ohrgeräusche im Rahmen einer Depression als zunehmend unerträglich empfunden,
  • die mit Depression einhergehenden Konzentrations- und Auffassungsstörungen nicht selten mit der Sorge verknüpft, möglicherweise an einer Alzheimer-Demenz erkrankt zu sein.
  • Wird durch den Arzt nicht nach den psychischen Symptomen einer Depression, wie Hoffnungslosigkeit, Suizidgedanken, Schuldgefühlen etc. gefragt, kann die Depression als eigentliche zugrundeliegende Erkrankung übersehen werden. Ohne die entsprechende Diagnose, kann auch die Erkrankung nur ungenügend behandelt werden.
  • Betroffene richten ihre Aufmerksamkeit und Sorgen häufig auf bestehende körperliche Beschwerden, zu denen auch Schmerzen unterschiedlichster Art oder Schlaf- und Verdauungsprobleme gehören. Zudem haben ältere Patienten oft Schwierigkeiten, psychische Erkrankungen als eigenständige Erkrankung wie andere (körperliche) Erkrankungen zu akzeptieren.

Aufgrund der unterschiedlichen Symptome werden Depressionen bei älteren Menschen häufig zu spät erkannt. "Eine verspätete Diagnose wirkt sich negativ auf die Behandlungsmöglichkeiten aus und kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen", warnt Azizi. 

"Wir brauchen bessere Diagnose und Behandlung"

"Trotz der wachsenden Bedeutung der Altersmedizin und der damit verbundenen Herausforderungen wird dieses Fachgebiet in der westlichen Medizin nach wie vor nur unzureichend behandelt. Es besteht daher ein dringender Bedarf an einer verbesserten Diagnose und Behandlung von Depressionen im Alter, um das Wohlbefinden und die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern."

Die Auslöser für eine Depression im Alter sind vielfältig. Sei es die schwere Erkrankung oder gar der Tod eines Partners, Schlafstörungen oder eigene körperliche Einschränkungen, etwa durch Krankheiten. Häufig werden depressive Symptome im Alter jedoch fälschlicherweise als unbehandelbare Reaktion auf unvermeidliche Lebensbelastungen interpretiert, kritisiert Azizi.

"Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, diese Symptome korrekt zu identifizieren, da sie durch medizinische und soziale Interventionen behandelbar sind und in der Regel eine günstige Prognose haben. Durch frühzeitige Erkennung und Behandlung kann das Risiko von Depressionen im Alter minimiert werden."

So lässt sich eine Altersdepression behandeln

Betroffene, die unter Altersdepressionen leiden, können insbesondere durch Psychotherapie und medikamentöse Therapie Hilfe bekommen.

Bei der Psychotherapie handelt es sich häufig um eine Verhaltenstherapie, die laut Deutscher Depressionshilfe auch im höheren Alter wirksam ist. "Es gibt leider nicht genügend psychotherapeutische Behandlungsangebote und entsprechend qualifizierte Therapeuten", beklagt Azizi.

Eine medikamentöse Behandlung hingegen erfolgt meist mit einem Antidepressivum. Hierbei ist eine sorgfältige Auswahl durch den Arzt wichtig, um Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden. 

Trotz der möglichen Herausforderungen bei einer Behandlung mit Antidepressiva ist diese insbesondere für betagte Menschen wichtig, betont die Deutsche Depressionshilfe: "Depression ist im Alter, mehr noch als bei jüngeren Menschen, eine lebensbedrohliche Erkrankung."

Bei depressiven Angehörigen: Sie können handeln!

  • Ziehen Sie einen Arzt zu Rate

Hoffnungslosigkeit gehört zur Depression. Viele Betroffene glauben daher, dass man ihnen nicht helfen kann. Das stimmt aber nicht! Unterstützen Sie Ihren Angehörigen beim Gang zum Arzt, wenn dies nicht bereits geschehen ist. Erinnern Sie ihn daran, dass die Depression eine Krankheit ist und dass er keine Schuld trägt. Erinnern aber auch Sie selbst sich an all diese Dinge: Sie tragen keine Schuld. Und: Auch Sie können und sollten sich Hilfe holen, wenn Sie verzweifelt sind.

  • Nehmen Sie Ablehnung nicht persönlich

  • Gerade in schlechten Phasen ziehen Betroffene sich oft zurück, wollen niemanden sehen, nichts unternehmen. Das hat nichts mit Ihnen zu tun. Machen Sie sich klar: Das ist die Krankheit, nicht die Person.

  • Tanken Sie Kraft

  • Tun Sie regelmäßig Dinge, die Ihnen guttun und bei denen Sie auftanken können. Pflegen Sie Kontakte. Gönnen Sie sich was: einen Stadtbummel, einen Kinobesuch. Fühlen Sie sich nicht egoistisch dabei. Nur wer hat, der kann auch geben.

  • Ziehen Sie Grenzen

  • Sagen Sie sich nicht: "Eine Liebe muss das aushalten". Machen Sie sich die Grenzen der eigenen Belastbarkeit bewusst. Und bringen Sie diese auch dem Partner gegenüber zum Ausdruck: "Ich brauche jetzt Abstand". "Mir wird es zu viel". "Ich diskutiere darüber jetzt nicht weiter."