"Berichten zufolge haben US-amerikanische und russische Beamte einen 28-Punkte-Friedensplan entworfen, der einer vollständigen Kapitulation der Ukraine gleichkommt und die Voraussetzungen für eine erneute russische Aggression gegen die Ukraine schaffen würde."
Mit diesem Satz beginnen die Experten des US-amerikanischen Thinktanks "Institute for the Study of War" (ISW) ihren aktuellen Bericht zur Lage im Ukraine-Krieg. Insgesamt wird darin deutlich, wie mies der Friedensdeal für die Ukraine wäre.
Gebiete weg, Militär kleiner, Russen-Diktat
Der neue Friedensplan soll laut Medienberichten Folgendes enthalten:
- die Ukraine zieht sich aus den noch nicht besetzten Gebieten in den Regionen Donezk und Luhansk zurück. Die Regionen in Donezk würden in eine "demilitarisierte Zone" umgewandelt
- die Ukraine verkleinert ihre Armee um 50 Prozent (auf etwa 400.000 Soldaten)
- die Ukraine gibt "wichtige Waffenkategorien" auf
- die Ukraine erhält Sicherheitsgarantien durch die USA, die aber noch nicht näher genannt werden
- ausländische Truppen dürfen nicht in der Ukraine stationiert werden
- der Ukraine wird verboten, Langstreckenwaffen einzukaufen, die tief in russisches Territorium eindringen können
- die Ukraine wird gezwungen, Russisch zur offiziellen Staatssprache zu machen
- die Ukraine muss der russisch-orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) offiziellen Status gewähren
- die aktuelle Frontlinie in der Südukraine wird eingefroren und Russland zieht sich aus bisher ungenannten Gebieten zurück, die "Gegenstand von Verhandlungen" wären
- die Ukraine tritt nicht der Nato bei
Ein Raub an der Ukraine - ohne jede Gegenleistung
Die "ISW"-Experten machen klar: Der kolportierte Friedensplan, der bisher von keiner Seite offiziell bestätigt wurde, "würde die Ukraine wichtiger Verteidigungspositionen und -fähigkeiten berauben, die zur Abwehr künftiger russischer Aggressionen notwendig sind." Als Gegenleistung bekämen die Ukrainer: "Nichts."
So würde beispielsweise die Abtretung der nicht besetzten Gebiete in der Region Donezk Russland deutlich bevorteilen. Im Donezk kontrolliert die Ukraine beispielsweise noch immer den "Festungsgürtel", der das Land seit 2014 vor einem weiten Vorrücken der Russen schützt. Die Ukraine verteidigt hier wichtige Städte, Nachschublinien und Industrieanlagen.
Die Russen versuchen seit über zehn Jahren, diesen Festungsgürtel zu knacken. Und laut "ISW"-Experten würde dies auch noch viele weitere Jahre dauern. Nun soll dieses Land einfach an Russland gehen - so wie es Putin schon lange verlangt.
"Die Lage hat sich verändert. Die russischen Forderungen nicht"
Überhaupt, so die Militärexperten des "ISW", sei der aktuelle Plan eine Beínahe-Kopie dessen, was Putins Russland schon 2022 bei den ersten Verhandlungen in Istanbul forderte. Zur Erinnerung: Das war nach zwei Monaten Krieg, als die Russen noch deutliche Vorteile auf dem Schlachtfeld hatten. "Die Lage hat sich verändert. Die russischen Forderungen nicht", so das "ISW".
In den vergangenen Wochen hatte beispielsweise Putins Außenminister Sergej Lawrow immer wieder betont, Russland rücke von den ursprünglichen Kriegszielen nicht ab. Während Donald Trump dies pikiert zur Kenntnis nahm, bedient sein neuer 28-Punkte-Plan aber genau diese russische Sturheit.
"Russlands Forderungen beruhen auf falscher Annahme"
Die "ISW"-Experten schreiben dazu: "Russlands langjährige Forderungen beruhen auf der falschen Annahme, dass ein russischer Sieg auf dem Schlachtfeld unvermeidlich sei." Diese Annahme basiert wiederum auf der Annahme, dass der Westen irgendwann müde würde und die Unterstützung für die Ukraine einstelle.
Auch nach fast vier Jahren Krieg ist das aber noch nicht passiert. So macht Russland aktuell auf dem Schlachtfeld fortschritte, aber diese sind weiterhin sehr klein und kosten sehr vielen russischen Soldaten das Leben.
Russland könnte zukünftig leichter die Ukraine überfallen
Ein Fakt, der sich mit dem neuen Friedensplan ändern könnte. Denn auch das Einfrieren der Front in der Südukraine und die Verkleinerung der ukrainischen Armee hätten verheerende Folgen für die Ukraine, so die Experten. Zusammen mit einer neuen Position in Donezk könnte die russische Armee zukünftig sehr viel leichter in weitere Gebiete einfallen.
Nur US-Sicherheitsgarantien könnten das verhindern. Doch die sind laut neuem Friedensplan noch nicht mal ausformuliert.