„Lebensabend“ ist ein schönes Wort. Aktuell allerdings wird’s finstere Nacht bei dem Thema. Jeder Vierte in Deutschland ist Rentner: 22 Millionen Menschen, 22 Millionen Wähler. 51 Prozent der Menschen in Deutschland machen sich „sehr große“ oder „große Sorgen“ wegen Geldproblemen im Alter.
„Wird die Rente unbezahlbar?“, ist die Frage, die „Hart aber fair“ stellt. Tatsächlich wird der ARD-Montagstalk zu einer Dauerwerbesendung für die SPD. Mit ihr muss sich kein Mensch Sorgen um die Rente machen. Das versichert zumindest Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Für den SPD-Politiker ist die sowas von sicher.
Angst vor dem Alter? Für die Älteren ist die Zukunft ziemlich nahe
„Ich bin Rentnerin“, sagt Patricia Riekel gleich zu Beginn. Die langjährige Chefredakteurin des Magazins „Bunte“ tut das, um eine Brücke von Generation zu Generation zu bauen. Denn sie fügt hinzu: „Ich habe mit Ihnen als Jüngstem in der Runde Mitleid.“
Der Jüngste ist gerade volljährig. Er heißt Quentin Gärtner. Er ist Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Er ist einer von denen, die zahlen müssen, um die Rente zu finanzieren. Er wird zu späterer Stunde der Hoffnungsträger sein, nicht nur für diesen Abend.
Die Rente ist sicher. Ganz sicher. Sagt die SPD
Für die SPD erzählt Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte, dass „alle Menschen eine ausreichende Alterssicherung bekommen sollen“. Und er fügt es noch einmal deutlich hinzu: „Wir wollen eine Alterssicherung haben, die allen Menschen ein Leben in Würde auch im Alter ermöglicht.“
Das klingt fürsorglich. Das tut gut. Das sind aber nur warme Worte, die nichts an den Problemen ändern. Was der Zuschauer nicht vergessen sollte: 23 Jahre hat die SPD im Bund mitregiert, 23 Jahre lang hat sie jedes Mal das Arbeitsministerium besetzt. 23 Jahre lang hat sie offensichtlich zu wenig getan, um vielen Menschen die Angst vor dem Alter zu nehmen. Das gibt Bovenschultes Wort von der sicheren Rente einen schrillen Unterton.
Mit Durchschnittsrente ist der Mensch armutsgefährdet
„Mit der Durchschnittsrente kann man nicht existieren“, widerspricht Patricia Riekel den Beschwichtigern. Sie belegt das mit einer Zahl. In ihrer Heimatstadt München gelte man mit einem Einkommen unter 1800 Euro als armutsgefährdet. Ein Fakt dazu: Die durchschnittliche Bruttorente in Deutschland liegt 2025 bei 1620 Euro.
Das Thema greift Johannes Volkmann auf, um den Talk für ein wenig Parteipolitik zu nutzen, diesmal zugunsten der Union. „In Bayern ist nur jeder zehnte Rentner von Altersarmut bedroht – in Bremen ist es jeder vierte“, attackiert der CDU-Bundestagsabgeordnete den Bremer Bürgermeister Bovenschulte, „das ist der schlechteste Wert in ganz Deutschland.“
Und die Lösungen? Besser geht es Rentnern in Österreich, wo der Absturz nach dem Arbeitsleben deutlich geringer ausfällt. Gelobt wird auch das Schweizer Modell. Und in Deutschland? Da findet auch dieser Abend nicht zu Antworten.
Jeder vierte Euro-Steuer fließt in die Rente
116,2 Milliarden Euro betrug der Steuerzuschuss zu den Renten im Jahr 2024. Der junge Unionspolitiker Volkmann rechnet das noch einmal vor: „Jeder vierte Euro – mehr als für Forschung, als für die Infrastruktur, als für die Familie.“
Klare Zahlen. Für den SPD-Politiker Bovenschulte ist das „Propaganda“. Er kommt zu einer ganz anderen Rechnung: „In den letzten 20 Jahren ist der Anteil des Bundeszuschusses am Bundeshaushalt gesunken. In den letzten 20 Jahren ist der Anteil des Bundeszuschusses an unserer Wirtschaftsleistung gesunken. In den letzten 20 Jahren ist der Anteil des Bundeszuschusses an den Steuereinnahmen gesunken. Das heißt, die Belastung relativ hat in den letzten 20 Jahren abgenommen.“
Da reibt sich der Zuschauer dann doch die Augen. Es gibt überhaupt kein Problem bei der Rente? Zumindest nicht für die SPD. Tatsächlich beharrt der Bremer Bürgermeister, dass man ihm doch auch vor zehn, vor zwanzig Jahren schon vom Eisberg erzählt habe, auf den Deutschland zusteuert.
„Ist Herr Bovenschulte der Kapitän auf der Titanic und sieht den Eisberg nicht?“, will Louis Klamroth da von Marcel Fratzscher wissen. „Ein Stück weit leider ja“, empfiehlt der Präsident des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung dann doch eher den Griff zur Rettungsweste.
Hoffnung? Macht vielleicht doch die junge Generation
Nach diesen 75 Minuten „Hart aber fair“ ist nur eines sicher. Es ist leider nicht die Rente. Es ist: Der Anteil der Menschen, die sich Sorgen ums Geld im Alter machen – er wird eher gestiegen sein an diesem Abend.
Was Hoffnung macht? Es ist der Schlussappell des 18 Jahre jungen Quentin Gärtner. „Ich werde alle diese Themen gerne lösen“, sagt er, „wir sind eine Geber-Generation. Wir werden die Schaffer-Generation sein, die all diese Probleme aufräumt. Machen Sie sich keine Sorgen – wir werden das regeln. Ich möchte leisten. Ich bin nicht Generation Nörgeln. Ich bin nicht Generation Waschlappen.“
Bei diesen Bekenntnissen ist Teilzeit-Rentnerin Patricia Riekel nicht nur bereit, eine Brücke zur jungen Generation zu bauen. Sie würde den Hoffnungsträger des Abends glatt als Enkel adoptieren.