Kein Wort zum Hamas-Terror: China legt Positionspapier zum Nahostkonflikt vor
Fünf Punkte zur Lösung des Nahostkonflikts: China hat seine Position zum Krieg in Israel ausformuliert. Diese erinnert nicht zufällig an Pekings Haltung im Ukraine-Krieg.
Chinas Regierung hat erstmals ein ausführliches Positionspapier zum Krieg in Israel und im Gazastreifen vorgelegt. Darin fordert Peking „eine umfassende Waffenruhe und ein Ende der Kämpfe“, einen „effektiven Schutz von Zivilisten“ und humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza. Zudem spricht sich China in dem fünf Punkte umfassenden Dokument für eine stärkere Rolle des UN-Sicherheitsrats aus und fordert zudem eine politische Lösung im Nahostkonflikt.
Dazu heißt es in dem Positionspapier: „Die grundlegende Lösung der Palästina-Frage besteht in der Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung, der Wiederherstellung der legitimen nationalen Rechte Palästinas und der Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina, der auf der Grundlage der Grenzen von 1967 volle Souveränität genießt und dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist.“ Neu ist keine dieser Positionen, China vertritt etwa die Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung bereits seit vielen Jahren.
Präsentiert wurde das Papier am Donnerstag und damit einen Tag nach einer Rede von Chinas Außenminister Wang Yi vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, dessen Vorsitz China in diesem Monat innehat. Für China stelle der Konflikt das derzeit „dringlichste Problem“ dar, hatte Wang dort betont. „Die derzeitige Runde des israelisch-palästinensischen Konflikts“ habe „eine noch nie dagewesene humanitäre Katastrophe ausgelöst“.

China und der Krieg in Israel: Kein Mitgefühl mit den Opfern der Hamas
Weder in Wangs Rede noch in dem Fünf-Punkte-Papier aber wird der Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober erwähnt, bei dem rund 1200 Menschen ermordet und mehr als 200 entführt wurden. Auch Staats- und Parteichef Xi Jinping verschwieg den Terrorangriff in einer Grußbotschaft, die er am Mittwoch anlässlich des Internationalen Tags der Solidarität mit dem palästinensischen Volk an die Vereinten Nationen schickte. Während er anprangerte, „dass das palästinensische Volk sein legitimes nationales Recht auf einen unabhängigen Staat nicht verwirklicht hat“, ging er auf das Existenzrecht Israels nicht ein.
In Chinas staatlich kontrollierter Medienberichterstattung nimmt das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen eine prominente Rolle ein, das Schicksal der von der Hamas entführten israelischen Geiseln wird hingegen kaum erwähnt. Trotz dieser offensichtlich pro-palästinensischen Haltung Pekings könnte dem Land eine wichtige Rolle in dem Konflikt zukommen, da China ein enger Verbündeter des Iran ist, der die Hisbollah-Miliz unterstützt. Beobachter hoffen deswegen, dass Peking auf Teheran einwirkt, um ein Eingreifen der Hisbollah in den Konflikt zu verhindern.
Krieg in Israel und Ukraine-Krieg: Chinas Positionen ähneln sich
Chinas Haltung ähnelt der Position des Landes im Ukraine-Krieg: Offiziell gibt sich Peking in beiden Konflikten neutral, ergreift gleichzeitig aber Partei für eine Seite – Russland, beziehungsweise die Palästinenser. In beiden Fällen geht es Xi Jinping auch um den Großmächtekonflikt mit den USA: China macht vor allem Washington für die Eskalation zwischen Israel und den Palästinensern verantwortlich – ebenso wie bereits vor eineinhalb Jahren für die Ausweitung des Ukraine-Kriegs. Eine Schwächung der USA passt zu Chinas Plänen, zur geopolitischen Großmacht aufzusteigen. Sich selbst sieht Peking auf der Seite der „Unterdrückten“ – wobei diese Zuschreibung offenbar nur für die Palästinenser gilt, nicht aber für die von Russland bedrängten Ukrainer.
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Im Nahostkonflikt geht es Peking Experten zufolge auch um gute Beziehungen zu den arabischen Staaten, die wichtiger Energielieferant für China sind und Peking zudem oftmals bei Abstimmungen in den Vereinten Nationen folgen. Auch will sich Peking die Unterstützung der arabischen und muslimischen Welt für sein hartes Vorgehen gegen die Uiguren sichern, eine muslimische Minderheit in der Provinz Xinjiang. Peking versucht deshalb, sich in dem Konflikt als vermittelnde Kraft zu positionieren. Chinas Sondergesandter Zhai Jun reiste zuletzt zweimal durch die Region, in der vergangenen Woche empfing Außenminister Wang Yi zudem die Außenminister mehrerer islamischer Staaten in Peking.