„Absoluter Witz“: Lauterbach-Pläne zu Homöopathie stoßen auf Unverständnis
Gesundheitsminister Karl Lauterbach möchte die Kassenzulage für homöopathische Mittel abschaffen. Das können einige Ärzte und Apotheker im Landkreis Ebersberg nicht nachvollziehen.
Landkreis – Geht es nach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, sollen Patienten homöopathische Arzneimittel künftig aus eigener Tasche bezahlen. Die Argumentation: Aus wissenschaftlicher Sicht haben Globuli, Tropfen und Bonbons keine nachweisbare Wirkung, eine Kassenleistung macht daher keinen Sinn, schreibt der SPD-Politiker auf der Online-Plattform X.
Doch der geplante Finanzierungsstopp für natürliche Heilmittel trifft bei Ärzten und Apothekern vielerorts auf Unverständnis – so auch im Landkreis Ebersberg.
Grafinger Arzt kann Pläne zum geplanten Finanzierungsstopp von Homöopathie nicht nachvollziehen
„Das ist ein absoluter Witz“, wettert Stefan Eidam. Seit 1989 beschäftigt sich der Grafinger Allgemeinmediziner schon mit alternativen Behandlungsformen. Mit Erfolg. „Ich habe schon einigen Patienten mit homöopathischen Mitteln helfen können“, berichtet er. In seiner Praxis am Bahnhofsplatz setzt Eidam Naturheilkunde begleitend zur konventionellen Medizin ein. „Wenn mit der Schulmedizin alles klappen würde, bräuchte es die Homöopathie nicht“, ist sich der Grafinger sicher.
Ich verschreibe eben nicht sofort Antibiotika, wenn es nicht nötig ist
Die Basis für homöopathische Arzneimittel bilden dabei pflanzliche, mineralische oder tierische Substanzen. Gerade bei Kindern oder Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Neurodermitis könnten die verdünnten Stoffe Wunder bewirken, betont Eidam. „Ich verschreibe eben nicht sofort Antibiotika, wenn es nicht nötig ist“, berichtet er.
„Einige kommen explizit wegen Homöopathie“: Nachfrage nach alternativen Heilmitteln sei hoch
Gänzlich auf Homöopathie vertraut der erfahrene Arzt aber nicht. „Ich sehe es auch kritisch“, sagt er. „An erster Stelle steht immer eine medizinische Diagnose.“ Ob anschließend eine Therapie mittels Naturheilkunde in Frage komme, sei von vielen Faktoren abhängig: Persönlichkeit, Krankheitsbild, medizinische Vergangenheit. Dabei laute die Devise: Homöopathie beginnt dort, wo Schulmedizin am Ende ist.
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Dieses Vorgehen kommt bei Eidams Patienten gut an. „Einige kommen explizit wegen Homöopathie“, sagt er. Dass die Kassenzulage für alternative Behandlungen abgeschafft werden soll, kann der Mediziner daher nicht nachvollziehen. „Ich halte das für absurd.“
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Auch Apotheker sehen Lauterbachs Vorhaben zur Homöopathie kritisch
Eine ähnliche Position vertritt Bernd Grünberg, Kreis-Apothekensprecher und Inhaber der Eber-Apotheke in Ebersberg. „Ich bin nicht erfreut über diese Entscheidung“, sagt er. Wie Eidam ist auch Grünberg von einer positiven Wirkung homöopathischer Arzneien überzeugt. Als Apotheker möchte er seinen Kunden natürliche Alternativen daher nicht verschweigen. In seinen Auslagen präsentiert er offen homöopathische Präparate.
Wir haben hier eine sehr hohe Nachfrage nach Homöopathie
„Wir verstecken diese Arzneimittel nicht, sondern stellen sie unseren Kunden bewusst zur Auswahl“, sagt Grünberg. Das Gleiche gelte bei der Beratung. „Für mich gehört es dazu, bei Husten nicht nur den chemischen, sondern auch den pflanzlichen und homöopathischen Hustensaft anzubieten“, berichtet er. Der Großteil seiner Kunden nehme das Angebot dankend an. „Wir haben hier eine sehr hohe Nachfrage nach Homöopathie.“
Gespaltenes Meinungsbild: Finanzierungsstopp von Homöopathie ist „konsequent“
Doch nicht jeder sieht in der Naturheilkunde eine gute Alternative. Marc Block, Vorsitzender des ärztlichen Kreisverbandes und Hausarzt in Zorneding, begrüßt den gesetzlichen Finanzierungsstopp. „Die Entscheidung ist konsequent“, erklärt er und hält sich bei der anschließenden Begründung an Gesundheitsminister Lauterbach.
„Ich halte es für problematisch, wenn die Solidargemeinschaft der Versicherten hohe Millionenbeträge für wissenschaftlich nicht belegbare Therapien und Leistungen zahlen muss.“ Der Kostenaspekt ist für den Grafinger Arzt Eidam kein ausreichendes Argument. „Wirtschaftlich haben die Einsparungen keine Bedeutung.“
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