Lena Kirschenhofer aus Thanning wurde als bundesweit beste Zupfinstrumentenmacherin ausgezeichnet. Ihr Weg dorthin war geprägt von vielen Zufällen - und einer ordentlichen Portion Glück.
Thanning/München – Eine Mischung aus leichtem Lack- und Öl-Geruch liegt an diesem Vormittag in der Luft. In der Werkstatt des Münchner Musikgeschäfts „Munich Guitar Company“ steht Lena Kirschenhofer, ganz konzentriert über eine braune Konzertgitarre gebeugt. Vorsichtig streicht sie mit den Fingern über die Seiten des Instruments. Die Thanningerin wurde als bundesweit beste Zupfinstrumentenmacherin ausgezeichnet.
Lena Kirschenhofer aus Thanning als beste Zupfinstrumentenmacherin ausgezeichnet
Ihr Weg dorthin war geprägt von vielen Zufällen – und einer ordentlichen Portion Glück, erzählt die 21-Jährige beim Besuch unserer Zeitung. Ihren Lauf nahm die Geschichte im Jahr 2016, beim sogenannten „Girl’s Day“. An diesem Aktionstag wird versucht, Mädchen für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu begeistern.
Die Thanningerin bekam am „Girl’s Day“ einen Einblick in die Werkstatt des renommierten Gitarrenbauer Joe Striebel in Wolfratshausen-Weidach. „Das war mein großes Glück“, ist sich Kirschenhofer sicher. „Joe hat mir so viel gezeigt. Und mir gefiel die Arbeit wahnsinnig gut.“ Vor allem die genauen und feingliedrigen Aufgaben, mit denen sich ein Instrumentenmacher täglich auseinandersetzt.
(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)
Fortan schaute die damalige Schülerin des Geretsrieder Gymnasiums immer mal wieder in der Werkstatt vorbei. Trotzdem haderte die junge Frau lange mit sich, bevor sie sich zu einer Ausbildung zur Zupfinstrumentenmacherin, Fachrichtung Gitarrenbau, entschied. „Bei dem Beruf handelt sich um eine kleine Nische, dementsprechend wenig Ausbildungsmöglichkeiten gibt es“, erklärt die 21-Jährige. Wenig verlockend sind zudem die finanziellen Aussichten. Dementsprechend skeptisch zeigten sich zunächst auch ihre Eltern.
Ich wurde Joes erster Lehrling. Für mich stellte das einen großen Vertrauensbeweis dar.
Lena Kirschenhofer besuchte in ihren Ferien weiterhin die Gitarrenwerkstatt in Weidach. Schließlich fasste sie den Entschluss: „Wenn ich die Möglichkeit habe, werde ich Zupfinstrumentenmacherin.“ 2019 nahm die Thanningerin ihren ganzen Mut zusammen und fragte Joe Striebel, ob er sie ausbilden würde. Der Handwerker überlegte kurz, bevor er antwortete: „Mit Dir würde ich das machen.“ Striebel hatte bis dato noch nie jemanden ausgebildet. „Ich wurde Joes erster Lehrling. Für mich stellte das einen großen Vertrauensbeweis dar.“
Meine news
Ausbildung zur Zupfinstrumentenmacherin: Mit Gesellenstück qualifizierte sie sich für Deutsche Meisterschaft
In den folgenden drei Jahren lernte Kirschenhofer alles rund ums Thema Gitarre: vom Neubau eines Instruments aus einem Stück Holz, bis hin zu verschiedenen Reparaturmöglichkeiten. Zum Blockunterricht fuhr sie nach Mittenwald in die staatliche Berufsschule für Instrumentenbau. Die restliche Zeit verbrachte die Thanningerin in Striebels Werkstatt. „Von Anfang an durfte ich alles selbst ausprobieren und umsetzen“, schwärmt die 21-Jährige noch heute.
Mit ihrem Gesellenstück – einer Konzertgitarre aus Fichte, Zwetschge und Erle – qualifizierte sie sich für die Deutsche Meisterschaft im Handwerk. „Eigene Entwicklungen sind immer etwas riskant“, betont Kirschenhofer. Daher fertigte die Auszubildende zuerst ein sogenanntes Vorgesellenstück an. An einer Stelle musste die junge Frau zwar noch etwas nacharbeiten, „ansonsten hat alles reibungslos geklappt“.
Am bundesweiten Wettbewerbstag im vergangenen November im sächsischen Klingenthal sollte Kirschenhofer unter anderem aus einem Brett einen Gitarrenkopf herstellen. „Ich war total nervös“, erinnert sie sich und lacht. Doch ihre Mühen in sieben Stunden hoch konzentrierter Arbeit wurden belohnt: Sie holte sich den ersten Preis. Zur Bundesverleihung in Berlin reiste sie gemeinsam mit ihren stolzen Eltern.
Langfristiges Ziel der 21-Jährigen: Wieder selbst Gitarren herstellen
Wenige Monate zuvor, im September, hatte sie ihre Anstellung in München begonnen. Im selben Geschäft, im dem Joe Striebel sein Handwerk einst gelernt hatte. „So schließt sich der Kreis“, sagt Kirschenhofer augenzwinkernd. Während in seiner Werkstatt in Weidach vor allem Neubau und kleinere Reparaturen auf der Tagesordnung standen, widmet sich die 21-Jährigen nun „fast ausschließlich“ Reparaturen.
In der Regel arbeitet sie parallel an mehreren Instrumenten. „Am meisten Spaß habe ich nach wie vor an Holzarbeiten, zum Beispiel beim Verleimen.“ In München möchte die Thanningerin Erfahrung sammeln. „Langfristig will ich aber Gitarren bauen. Vielleicht mache ich mich ja mal selbstständig.“
Dann wendet sie sich wieder der Gitarre auf ihrer Werkbank zu. Schließlich warten dort noch einige Instrumente auf die Zupfinstrumentenmacherin aus Thanning. kof
Aktuelle Nachrichten aus der Region Wolfratshausen/Geretsried lesen Sie hier.