Kinderhaus Polling: Zukunft gesichert

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Handschlag zwischen (v.l.) Jürgen Vavrovec, Anja Erndtmann, Barbara Scherdi und Martin Pape. © Jepsen

Die Zukunft des Pollinger Kinderhauses ist gesichert. Nach den öffentlich ausgetragenen Streitigkeiten hat sich die Gemeinde mit der Kinderhilfe Oberland als Träger der integrativen Einrichtung geeinigt. Beide Seiten streben nun eine „langfristige, gemeinsame Kooperation“ an.

„Bangen um das Kinderhaus in Polling“: Mit ihrer Pressemitteilung vom 17. April hatte die Diakonie München und Oberbayern für ordentlich Wirbel gesorgt (wir berichteten). Die Diakonie ist quasi der Mutterkonzern der Kinderhilfe Oberland, die in der Region 15 Kindertagesstätten betreibt. Der Standort in Polling ist mit rund 100 betreuten Kindern eine der größeren Einrichtungen im Kinderhilfe-Portfolio.

Aber nicht nur deshalb ist das Kinderhaus eine ganz besondere Kita. Barbara Scherdi, die gemeinsam mit Anja Erndtmann die Geschäfte der Kinderhilfe führt, spricht von einem „Traditionshaus“. Das im ehemaligen „Jagdschlössl“ untergebrachte Kinderhaus wurde vor 50 Jahren eröffnet. Die Kinderhilfe, die 2008 von der Diakonie übernommen wurde, hat dort ihre Wurzeln.

Doch mit der oben erwähnten Pressemitteilung stand das Kinderhaus auf der Kippe. Die Kinderhilfe kritisierte die angeblichen „Sparpläne“ der Gemeinde und drohte mit Rückzug. Das wiederum sorgte im Pollinger Rathaus für Unmut. „Die Fronten waren verhärtet“, bestätigt Jürgen Vavrovec, der Rathaus-Geschäftsleiter. Der Gesprächsfaden sei zwar nie ganz abgerissen, aber die Kommunikation mit der Kinderhilfe habe nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung „reservierter stattgefunden“.

Wie die beiden Parteien wieder zueinandergefunden haben? Auf Initiative des Elterneirats, der eine Rolle als Mediator übernahm, traf man sich zu gemeinsamen Verhandlungen – und dabei konnten laut Anja Erndtmann „alle Missverständnisse ausgeräumt werden“. Inhaltlich hat man sich darauf verständigt, dass die Gemeinde für das vergangene Kindergartenjahr ebenso wie für die laufende Periode und die kommenden Jahre einen Defizitausgleich leisten wird.

Komplette Übernahme würde nicht genehmigt

Zudem wurde eine Verbesserung des Personalschlüssels vereinbart und die vollständige Übernahme der Mietkosten. Auch die verbleibenden ungedeckten Kosten sollen zum Großteil von der Kommune getragen werden. „Das Grundgerüst ist ausgehandelt. Die Rahmenparameter stehen“, erklärt Bürgermeister Martin Pape. Genaue Zahlen geben weder die Kinderhilfe noch der Rathauschef preis – nur so viel: „Der Defizitausgleich ist gedeckelt. Es sind keine 100 Prozent“, betont Pape. Eine komplette Übernahme würde die kommunale Rechtsaufsicht auch gar nicht genehmigen.

Pape ist „absolut froh“ über die Einigung mit der Kinderhilfe. „Es wäre das Schlechteste gewesen, wenn wir einen anderen Träger hätten finden müssen. Das wäre ein Desaster geworden.“ Zum einen würden auch andere Träger finanzielle Forderungen aufstellen. Zum anderen hätte sich in der Kürze der Zeit bis zum Beginn des neuen Kindergartenjahrs keine Alternativlösung realisieren lassen. „Ich hatte wirklich ein paar schlaflose Nächte“, gesteht Pape.

Mit dieser geplanten Vereinbarung können wir unsere gute pädagogische Arbeit im Kinderhaus fortsetzen. Von der besseren Personalausstattung profitieren die Kinder und die Mitarbeitenden gleichermaßen. Wir sind den politischen Verantwortlichen der Gemeinde Polling dankbar, dass sie das Wohl der Kinder und der Familien zur Priorität machen.

Doch auch die Kinderhilfe stand unter Druck – nicht nur, weil es sich um das „Traditionshaus“ handelte: „Natürlich spüren wir die Verantwortung gegenüber den Kindern, den Eltern und den Mitarbeitern“, erklärt Anja Erndtmann. Beide Seiten – Kommune und Kinderhilfe – mussten also irgendwie wieder zueinanderfinden.

Worüber man sich im Pollinger Rathaus massiv ärgert, ist der Umstand, dass offenbar Interna aus nichtöffentlichen Gemeinderatssitzungen an die Kinderhilfe weitergegeben wurden – und zwar in „unqualifizierter Weise“, wie Martin Pape kritisiert. Von Seiten der Kinderhilfe wird das dementiert. Man habe die Pressemitteilung lanciert, um die seit 2020 laufenden Verhandlungen mit der Gemeinde „zusammenzufassen“.

Aber auch Jürgen Vavrovec vermutet „Undichtigkeiten im Gemeinderat“: „Da ist böses Blut geschürt worden, um uns bei der Kinderhilfe zu diskreditieren und umgekehrt.“ Pape beteuert, dass die Gemeinde nie vorhatte, am Kinderhaus zu sparen: „Es ging uns nur um die Form der Defizitübernahme.“

Der finanziellen Zwänge der Kommunen bewusst

Bekanntlich bemühte sich die Kinderhilfe schon seit längerem um den Abschluss einer Betriebsträgervereinbarung. Doch die wollte und konnte die Gemeinde aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht gewähren. Auch in anderen Kommunen gab es dem Vernehmen nach mit der Kinderhilfe durchaus Kontroversen – unter anderem in Peißenberg in Bezug auf die Kostenverteilung hinsichtlich der Sanierung der Kita an der Bergstraße.

Laut Erndtmann hatte die Kinderhilfe generell „Nachholbedarf“ in den Verhandlungen mit den Gemeinden. Nur so habe der Fortbestand der Institution gesichert werden können. Die finanziellen Zwänge der Kommunen seien der Kinderhilfe durchaus bewusst. „Wir werden über die Diakonie auch politisch aktiv, damit die staatliche Förderung ausreichender gestaltet wird“, so Erndtmann.

Dass die Probleme der Finanzausstattung für die Kinderbetreuung vom Staat nach unten auf die Kommunen verlagert werden, zeigt sich gut an einem Beispiel: So hat die Gemeinde Polling in ihrem Haushalt für die Kindergartenbetreuung Kosten in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro ansetzen müssen – nach Abzug der Förderung wohlgemerkt.

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