Nach Giftalarm in Penzberg und Murnau: Weitere Details zum Großeinsatz bekannt

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Ein Großaufgebot an Rettungskräften war am Donnerstag nach Penzberg geeilt. © Anna Steibli

Nach dem Suizid eines Penzbergers in einer Berufsfachschule sind nähere Details zum Großeinsatz bekannt. Der Zustand der Personen, die in Krankenhäusern behandelt werden mussten, scheint gut zu sein.

Penzberg - Am frühen Donnerstagnachmittag war ein 47-jähriger Penzberger in den Räumen der Berufsfachschule an der Seeshaupter Straße in Penzberg zusammengebrochen und unter laufender Reanimation ins Unfallklinikum nach Murnau geflogen worden, wo er noch am selben Tag verstarb.

Da er eine Flasche mit zunächst unbekannter Substanz mit sich führte, kam es in Penzberg und Murnau zu einem Großeinsatz von Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr und anderen Sicherheitsbehörden. Erst am späteren Abend konnte die Substanz von der Taskforce der Münchner Feuerwehr als Natriumazid identifiziert werden – ein Stoff, der bei oraler Einnahme von geringen Mengen zum Tod führt. Es liegt nahe, dass sich der Penzberger damit vergiftet hat, doch das müssen die Ermittlungen noch bestätigen.

Natriumazid

Laut Wikipedia ist Natriumazid ein stark toxischer Stoff. Bei Berührung mit den Schleimhäuten oder mit der Haut besteht Lebensgefahr. Vielfältigen Einsatz findet Natriumazid in allen Bereichen als Biozid, in denen das Wachstum von Mikroorganismen verhindert werden soll. So können mit Natriumazid Gebrauchsmaterialien in Laboren länger keimfrei gehalten werden. Bis Mitte der 1990er-Jahre wurde Natriumazid in den Airbags für Autos verwendet. Im Internet gibt es Webseiten, auf denen man Natriumazid bestellen kann.

Areal um Alten- und Pflegeheim in Penzberg stundenlang für den Verkehr gesperrt

Nachdem der 47-Jährige ins Krankenhaus abtransportiert worden war, wurde in Penzberg die Seeshaupter Straße zwischen dem Kreisverkehr und dem Areal des Alten- und Pflegeheims „Steigenberger Hof“, auf dessen Gelände sich die Berufsfachschule für Pflege und Altenpflegehilfe befindet, über Stunden für den Verkehr gesperrt; und zwar etwa von 15.30 bis 21 Uhr.

Während Daniel Katz, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim, diese Maßnahme damit begründet, dass man über Stunden nicht gewusst habe, um welche Substanz es sich gehandelt habe, erklärt Simone Abt, die Kommandantin der Feuerwehr Penzberg, die Vollsperrung der Straße und das Abriegeln des Schulgeländes auch damit, dass man Platz für die vielen angerückten Fahrzeuge der Rettungsorganisationen und die angeforderten Rettungsmittel gebraucht habe; darunter auch viele Rettungswagen, mit denen laut Polizei mehr als ein Dutzend Personen in umliegende Krankenhäuser gebracht wurden. Bei ihnen handelte es sich laut Katz um Schüler und Lehrer der Schule, die über Symptome wie Atemwegsbeschwerden und Kopfschmerzen geklagte hatten.

Ein Großaufgebot an Rettungskräften in Penzberg, Suizid mit Natriumazid.
Die Berufsfachschule für Pflege und das Alten- und Pflegeheim wurden weiträumig abgesperrt. © Anna Steibli

Auch das Altenheim sei wegen seiner räumlichen Nähe zur Pflegeschule abgeriegelt gewesen, so Abt. Einerseits, um die vielen dementen Bewohner abzuschirmen. Andererseits, um auf dem Vorplatz Raum für die Einsatzkräfte zu schaffen. Es seien auch ein Zelt sowie mehrere Duschen aufgebaut worden. „Es bestand aber nie eine Gefahr für jemanden“, betont Abt.

Sofort-Dekontamination für Rettungskräfte und Betroffene der Schule

Sie sei bei dem Einsatz zwar selbst nicht dabei gewesen, habe aber via Telefon in ständigem Kontakt zu ihrer Truppe gestanden, die bei diesem Einsatz aus 40 Personen bestanden habe. Unter anderem sei die Feuerwehr Penzberg mit ihrem Gefahrgutzug vor Ort gewesen, in dem sich ihr zufolge Spezialausrüstung wie Schutzanzüge gegen biologische oder chemische Substanzen befinden.

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Zusammen mit der Feuerwehr Weilheim, die mit ihrem Dekontaminations-Zug angerückt war, habe man die Räume der Altenpflegeschule gereinigt. Anschließend mussten sich die Rettungskräfte in einer Dusche zur „Sofort-Dekontamination“ reinigen. Auch Betroffene der Schule seien – soweit sie wisse – abgeduscht worden, so Abt.

Die eingesetzten Rettungskräfte mussten dekontaminiert werden

Ziel dieser Maßnahme sei es, gewesen, eventuell vorhandenes Giftpulver auf der Haut abzuwaschen und so auch eine Verschleppung giftiger Stoffe zu verhindern. „Das ist ein ganz normaler Prozess bei einem Gefahrgut-Einsatz“, betont die Kommandantin. Bis etwa Mitternacht habe der Einsatz mit dem Reinigen der Räume für ihre Truppe gedauert.

Auch die Werksfeuerwehr der Firma Roche war im Einsatz, und zwar im Unfallklinikum Murnau. Denn der Bereich der Notaufnahme, in dem der 47-Jährige behandelt worden war, wurde komplett gesperrt und musste professionell gereinigt werden, wobei die Werksfeuerwehr half

Ein Großaufgebot an Rettungskräften in Penzberg, Suizid mit Natriumazid.
Auch zwei Rettungshubschrauber standen auf der Wiese neben der Seeshaupter Straße bereit, um Patienten notfalls in Krankenhäuser abzutransportieren.. © Wolfgang Schörner

Erst Freitagvormittag war Einsatz vorbei

Am Freitagvormittag waren alle polizeilichen Maßnahmen auf dem Gelände der Penzberger Pflegeschule abgeschlossen, so Polizeisprecher Katz. In Absprache mit dem Gesundheitsamt Weilheim seien alle Räume der Schule wieder freigegeben worden. Dort wollte sich am Freitag niemand zu dem Vorfall äußern. Kommandantin Abt geht nicht davon aus, dass man an der Schule gleich zum Alltag zurückkehren wird. Dort werde man Zeit brauchen, um die Geschehnisse aufzuarbeiten.

Laut Gesundheitsamt waren am Freitagvormittag bei den in den Krankenhäusern behandelten Personen „noch vereinzelt leichtere gesundheitliche Beschwerden vorhanden“. Allerdings habe man nicht alle Kliniken erreichen können.

Der Mann war Schüler der Altenpflegeschule in Penzberg

Dass dem Suizid des Penzbergers ein Beziehungsdrama zugrunde liegt, sei zum jetzigen Zeitpunkt nichts weiter als ein Gerücht, betont Katz. Aber: „Man kann darüber spekulieren“, räumte der Polizeisprecher ein. Näheres zu den Todesumständen herauszufinden, sei nun Bestandteil der polizeilichen Ermittlungen.

Sicher sei bisher, dass es sich bei dem Mann um einen Schüler der Altenpflegeschule gehandelt habe, der erst Donnerstagfrüh der Schule verwiesen worden sei. Trotz Hausverbots sei er später aber zurückgekommen. Die Kriminalpolizei Weilheim werde sich auch mit der Frage befassen, wie die Flasche Natriumazid in den Besitz des Penzbergers gekommen ist.

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