„Bittere Zeiten“: Stadt erhöht Gewerbesteuer deutlich - Warnung für Zwangsverwaltung

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Für das Gewerbe in Penzberg, ob großes Unternehmen oder kleiner Betrieb, steigt die Gewerbesteuer deutlich an, hier das Gewerbegebiet Im Thal. Der seit 1980 unveränderte Hebesatz wird um rund 15 Prozent auf 380 Punkte erhöht. © Wolfgang Schörner

Die Gewerbesteuer steigt in Penzberg deutlich an. Mehr als 40 Jahre hatte die Stadt Penzberg nicht an dieser Steuerschraube gedreht. Die niedrige Gewerbesteuer galt allgemein als Standortvorteil. Nun sah sich der Penzberger Stadtrat zu einer Erhöhung um 15 Prozent gezwungen – sie hätte aber auch noch stärker ausfallen können.

Seit 1980 liegt in Penzberg der Gewerbesteuer-Hebesatz bei 330. Er gilt als wirtschaftlicher Standortvorteil. Am Mittwochabend erhöhte der Stadtrat den Hebesatz deutlich. Er steigt auf 380 Punkte und gilt bereits für dieses Jahr. Umgerechnet ist es eine Erhöhung um 15 Prozent. Die Entscheidung fiel gegen die Stimme von Kerstin Engel (Grüne). Zuvor stand eine noch stärkere Erhöhung zur Debatte. Für 420 Punkte, wie von der Stadtverwaltung vorgeschlagen, stimmten aber nur Martin Janner (PM), Kerstin Engel und John-Christian Eilert (Grüne). Auch für 400 Punkte fand sich keine Mehrheit. Für diese Variante votierten die Grünen, PM, Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) und Thomas Keller (SPD). Zum Vergleich hieß es, dass die Hebsätze in Peißenberg, Peiting und Weilheim bei 380 liegen, in Antdorf und Habach bei 340 und in Iffeldorf bei 320.

Im Januar ließ der Stadtrat noch die Finger davon

Der Stadtrat sollte eigentlich bereits im Januar über eine Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grundsteuern diskutieren. Er ließ dann aber doch erst einmal die Finger davon. Er wollte zunächst schauen, wo er im Rahmen der Haushaltsberatungen sparen kann. Aus Sicht des Stadtrats ist dies offenbar weitgehend ausgereizt. Nach einer Berechnung der Finanzverwaltung steht der Verwaltungshaushalt 2024 allerdings immer noch mit 7 Millionen Euro im Minus.

Minus von 7 Millionen Euro muss ausgeglichen werden

Am Mittwochabend skizzierte Bürgermeister Korpan vor dem Beschluss die Situation. Jeder Punkt, über den in der Vergangenheit beraten wurde, sei schmerzhaft, sagt er. Ebenso wolle keiner eine Erhöhung der Gewerbesteuer. Auf der anderen Seite steht laut Korpan aber das Minus von 7 Millionen Euro, das noch ausgeglichen werden muss. Eine Erhöhung der Hebesätze wäre ihm zufolge eine schnelle Möglichkeit.

Korpan rechnete vor, dass bei einer Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf 420 Punkte die Mehreinnahme 6,2 Millionen Euro betragen würde, das Minus also fast ausgeglichen wäre (ohne Berücksichtigung der Grundsteuer-Erhöhung). Bei 400 Punkten würde die Mehreinnahme 4,8 Millionen Euro betragen, bei 380 Punkten 3,4 Millionen Euro. In diesem Fall, warnte Korpan, müsste die Differenz an anderer Stelle eingespart werden. „Dann drehen wir uns wieder im Kreis.“ Bewusst sein müsse man sich, dass es dann womöglich auch um Personalkonsequenzen geht, also um Einsparungen beim Personal der Stadtverwaltung.

Droht Penzberg eine Zwangsverwaltung?

In der rund einstündigen Diskussion taten sich die Stadtratsmitglieder sichtlich schwer, sich auf einen neuen Hebesatz zu einigen. Gewarnt wurde einerseits, dass bei einer zu massiven Erhöhung Gewerbebetriebe vergrault werden könnten und sie in die günstigere Nachbarschaft abwandern oder gar nicht erst nach Penzberg kommen. Auf der anderen Seite hieß es, dass der Stadt Penzberg die Zwangsverwaltung drohen könnte, wenn sie ihre Finanzen nicht in den Griff bekommt.

Von „bitteren Zeiten“ sprach Kerstin Engel von den Grünen. Es blieben nun nur eine Steuererhöhung oder Konsequenzen beim Personal. „Uns laufen die Mitarbeiter derzeit ohnehin schon weg“, sagt sie. Engel erklärte, sie könne bei einer Erhöhung auf 420 Punkte mitgehen, wobei sie feststellte, dass die fehlende Million „immer noch ein dickes Brett“ wäre. Ihm fehle die Phantasie, attestierte John-Christian Eilert (Grüne), wie andernfalls noch über drei Millionen Euro im Verwaltungshaushalt eingespart werden könnten.

Warnung vor Abwanderung von Betrieben

CSU-Fraktionschefin Maria Probst erklärte, dass der niedrige Gewerbesteuer-Hebesatz eine Strategie gewesen sei, um Firmen nach Penzberg zu holen und ihnen Planungssicherheit zu geben. „Penzberg ist damit gut gefahren.“ Sie sehe aber, dass man jetzt „beim letzten Hebel“ angekommen sei. Sie werde einer Erhöhung zustimmen, maximal aber nur auf 380 Punkte. „Wir befürchten, dass Unternehmen ins Umland abwandern und wir weniger Gewerbe gewinnen“, sagte Probst. Außerdem warnte sie, dass Betriebe die höheren Steuern auf ihre Kunden umlegen.

BfP-Fraktionschef Armin Jabs sagte, dass 380 Punkte eine starke Erhöhung sei, aber vertretbar, zumal man damit nicht zu weit weg von den anderen Kommunen wäre. Er empfahl, „als Signal“ in die Steuer-Satzung einen Passus einzufügen, dass spätestens 2027 der Hebesatz wieder gesenkt wird. Frohwein-Sendl (PM) schlug zusätzlich eine gestaffelte Steigerung vor. Beides fand jedoch kaum Fürsprecher.

„Der Schuss kann nach hinten losgehen“

Hardi Lenk (SPD) sagte, dass seine Fraktion bei 420 Punkten nicht mitgehen könne. Eigentlich wolle man auf alle Fälle unter 400 bleiben, mittlerweile sei man aber so weit, auch 400 zu akzeptieren. Lenk warnte, dass es in Penzberg Unternehmen gebe, die in Nachbarkommunen Zweigstellen haben, gemeint war Iffeldorf, wo der Hebesatz deutlich niedriger ist. Die Betriebe könnten mit der Steuerzahlung „jonglieren“. Mit Sicherheit gebe es auch den einen oder anderen Betrieb, der woanders hingeht. „Meine Bedenken sind, dass der Schuss nach hinten losgeht“, sagte Lenk. Eine Befürchtung, die auch Ferdinand Disl (FLP) und Rüdiger Kammel (BfP) äußerten.

Kerstin Engel entgegnete, man mute der Bevölkerung ebenfalls etliches zu. Sie müsse überall kräftig mehr zahlen. Deshalb dürfe man auch dem Gewerbe eine Steigerung zumuten. Zumal Penzberg einen genehmigungsfähigen Haushalt hinkriegen müsse. „Wenn wir unter Zwangsverwaltung gestellt werden, wird alles noch viel schlimmer“, fügte Engel an. Aleksandar Trifunovic (CSU) bezeichnete 420 Punkte wiederum als utopisch. Daran, warnte er, würden auch Arbeitsplätze hängen.

Grundsteuer steigt in Penzberg

Der Penzberger Stadtrat hat am Mittwoch auch die Hebesätze für die Grundsteuern A und B deutlich erhöht. Die Grundsteuer A muss für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gezahlt werden, die Grundsteuer B für bebaute und unbebaute gewerbliche und private Grundstücke. Bislang liegt der Hebesatz in Penzberg jeweils bei 350 Punkten.

Für die Grundsteuer A gilt rückwirkend ab 1. Januar 2024 ein Hebesatz von 400 Punkten. Ein noch höheren Hebesatz von 420 Punkten hatten Grüne, PM, SPD und Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) favorisiert. Bei der Abstimmung entstand jedoch ein Patt von 9:9 Stimmen. Die 420 Punkte waren damit abgelehnt. Für die 400 Punkte gab es danach eine 11:8-Mehrheit mit den Ja-Stimmen von SPD, PM, Grünen, Korpan und einem Teil der CSU-Fraktion.

Auf 420 Punkte steigt die Grundsteuer B. Dafür stimmte eine 12:7-Mehrheit von SPD, Grünen, PM, Korpan und Teilen der CSU .

Insgesamt erzielt die Stadt dadurch ein Einnahme-Plus von rund 560 000 Euro. Laut Rathaus steigt die Einnahme bei der Grundsteuer A von 14 000 Euro im Jahr auf 16 000 Euro. Bei der Grundsteuer B steigt die jährliche Einnahme von 2,8 Millionen auf 3,36 Millionen Euro. Zum Vergleich hieß es, dass in Weilheim die Hebesätze für die Grundsteuer A und B bei 380 ud 400 Punkten liegen und in Schongau bei jeweils 380 Punkten.

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