Unternehmer und Stifter Harald Christ: „Mit Medienvielfalt gegen Fake News und Populismus“
Er beobachte „mit großer Sorge, wie faktenbasierte Inhalte im öffentlichen Diskurs immer stärker von Fake News zurückgedrängt werden“, sagt Harald Christ. Dagegen will der Unternehmer etwas tun – unter anderem mit einem Stipendium für angehende Journalisten an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München.
Harald Christ ist ein Multitalent. Der gelernte Industriekaufmann aus dem rheinland-pfälzischen Worms war schon Chef diverser Banken und Kapitalanlagegesellschaften und saß im Aufsichtsrat unter anderem von Galeria Karstadt Kaufhof. Daneben war der 53-Jährige, der inzwischen Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Christ & Company ist, schon seit seiner Jugend parteipolitisch aktiv, zunächst in der SPD, dann – bis zur „D-Day“-Affäre – in der FDP. Im Jahr 2020 gründete Christ die Stiftung für Demokratie und Vielfalt. Im Rahmen dieses Engagements vergibt die Stiftung ab sofort ein Stipendium für Schülerinnen und Schüler der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München. Ein Gespräch über sein Engagement für Qualitätsjournalismus und die Zukunft von Print.
Was hat Sie motiviert, die Stiftung zu gründen?
Die Stiftung verfolgt vielfältige Ziele, ein Ziel ist es, damit unter anderem gute Politik und gutes politisches Personal der demokratischen Mitte zu unterstützen. Ich fühle mich dazu verpflichtet, unsere Parteiendemokratie zu stärken, in einer Zeit, in der populistische Parteien rechts wie links immer mehr die Themen bestimmen, ohne seriöse Lösungen zu bieten. Deshalb habe ich die Parteien der demokratischen Mitte die letzten beiden Jahre auch mit rund 500 000 Euro unterstützt. Zur Stärkung von Demokratie und Vielfalt gehört aber auch die Stärkung von unabhängigem Qualitätsjournalismus. Und da ist es, wie in anderen Wirtschaftsbereichen auch, nicht überall zum Besten bestellt. Es herrscht Fachkräftemangel, immer weniger junge Menschen ergreifen diesen Beruf. Ich will einen Beitrag dazu leisten, journalistischen Nachwuchs zu fördern.
Da ist die DJS sicher keine schlechte Wahl. Deren Chef Volker Herres möchte „Profis ausbilden, die ihr Handwerk beherrschen“. In Teilen der Bevölkerung ist man der Meinung, der Journalismus in Deutschland sei „links-grün“. Beherrschen wir also unser Handwerk nicht?
Ich teile diese Meinung nicht so pauschal. Ich glaube, dass wir in Deutschland nach wie vor eine ausgewogene Medienlandschaft haben. Bestes Beispiel dafür ist ja der Münchner Merkur, der mit seiner Auflage von 150 000 Exemplaren ein Champion in der Region ist und auch darüber hinaus gelesen wird.
Auch die Öffentlich-Rechtlichen werden als politisch einseitig kritisiert.
Diese Auffassung teile ich genauso wenig. Die ARD beispielsweise ist ja ein Verbund aus Sendern in Bundesländern mit ganz unterschiedlichen Regierungen, auch die Rundfunkräte sind sehr divers besetzt. Dass manche die politische Berichterstattung als einseitig empfinden, hat eher damit zu tun, dass Themen wie Umwelt und Klima in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen haben, und das sind nun einmal eher links-grün konnotierte Themen. Der Vorwurf der Einseitigkeit wird immer gerne erhoben, um auf ARD und ZDF Druck auszuüben. Ich oute mich hier gerne als Fan der Öffentlich-Rechtlichen. In einer Zeit, in der es immer weniger selbstständige Medienhäuser gibt, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine wichtige Aufgabe. Aber natürlich müssen ARD und ZDF ihre Hausaufgaben machen und noch mehr die Interessen der Zuschauer im Blick haben, das sind ja auch ihre Gebühren. Für die Medienvielfalt sind aber auch starke private Medienunternehmen unverzichtbar.
Dann geht der Vorwurf an uns Printmedienmacher als „Systempresse“ ebenfalls ins Leere?
Dieser Vorwurf kommt meistens von Personen oder Personengruppen, die sich in bestimmten Artikeln oder in einer bestimmten Meinung nicht abgebildet sehen. Ich lese ein Dutzend Zeitungen am Tag, auf Papier und online, natürlich nicht von der ersten bis zur letzten Seite. Wer sich umfassend informieren will, weiß, dass es dazu mehr als nur ein Medium braucht. Hier müssen wir mehr aufklären, vor allem in den jungen Zielgruppen.
Meine News
Immer mehr Menschen schenken News im Netz Glauben, von denen sie nicht wissen können oder wollen, ob sie das Ergebnis seriöser Recherche sind oder frei erfunden.

Das liegt auch daran, dass sich hier Antworten auf komplexe Fragen besser transportieren lassen als mit einem inhaltsstarken Beitrag zum Beispiel im Münchner Merkur, in der „SZ“ der „FAZ“ oder der „Zeit“. Dafür muss mehr Zeit investiert werden, und dazu sind viele leider nicht mehr bereit. Die Gefahr besteht, dass diejenigen, die einfache Antworten suchen, von den Meinungsmachern im Netz instrumentalisiert werden. Deswegen ist es ja so wichtig, den Qualitätsjournalismus zu fördern und auch die junge Generation für ihn zu begeistern. Wir brauchen Medienvielfalt, um ein Gegengewicht zu dem zu schaffen, was sich in den Sozialen Netzwerken abspielt. Das sollte im Interesse von uns allen sein, damit nicht Populismus und Falschinformationen bei Wahlen zu Ergebnissen führen, die das Land immer unregierbarer werden lassen. Deshalb werde ich meine Aktivitäten im Bereich der Journalismusförderung auch in Zukunft weiter ausbauen. Das Stipendium an der DJS ist erst der Anfang.
Sie fördern den journalistischen Nachwuchs, aber die Verleger sagen: „Gutes Personal ist teuer, das können wir uns in Zeiten kleiner werdender Auflagen nicht mehr leisten.“
Daher mein Appell an die Wirtschaft, bei der Verteilung ihrer Werbeetats auch an die seriösen Zeitungen und Zeitschriften zu denken. Ohne damit zugleich Einfluss nehmen zu wollen auf redaktionelle Inhalte. Wenn es den deutschen Unternehmen wichtig ist, dass unser Land eine starke, wehrhafte Demokratie bleibt, in der eine sachliche Debatte möglich ist, müssen sie auch diejenigen unterstützen, die mit einer faktenbasierten Berichterstattung dem Populismus entgegenwirken. Und da stehen die Qualitätsmedien an vorderster Stelle. Je besser die Verlage wirtschaftlich dastehen, desto mehr können sie in Qualitätsjournalismus investieren und attraktive Gehälter zahlen.
Ihre Prognose für den Wahlausgang?
Ich wünsche mir ein Ergebnis, das eine stabile Regierung ermöglicht. Bestenfalls in einer Zweierkoalition. Schenkt man den Prognosen Glauben, wird wohl Friedrich Merz Bundeskanzler und idealerweise hat er die Möglichkeit, sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen eine Regierung zu bilden. So oder so: Wir brauchen eine Koalition, die sehr zügig die Arbeit aufnimmt und sich die nächsten vier Jahre darauf konzentriert, die drängenden Herausforderungen mutig anzupacken. Die Menschen müssen wahrnehmen, dass die Politik nicht nur redet, sondern auch handelt – gerade nach den schlimmen Anschlägen in den vergangenen Wochen und dem Bruch der Ampel. Andernfalls mache ich mir Sorgen um den Wahlausgang 2029.
Über das Stipendium:
Mit dem Stipendium für Schülerinnen und Schüler der DJS will die Harald Christ Stiftung nach eigenen Angaben ihre Aktivitäten im Bereich der journalistischen Nachwuchsförderung weiter ausbauen. „Im Fokus“, so heißt es in einer Pressemitteilung weiter, „steht dabei die Förderung junger Menschen, deren Perspektive in der deutschen Medienlandschaft bisher zu wenig repräsentiert ist – sei es aufgrund ihrer Herkunft, Identität oder ihres Bildungshintergrunds“. Konkret können sich junge Menschen bewerben, „die eine Einladung zur Aufnahmeprüfung an der DJS erhalten haben und eine im Journalismus bisher wenig vertretene Perspektive und Erfahrung mitbringen, beispielsweise aufgrund ihres sozioökonomischen Hintergrundes oder Diskriminierungserfahrungen“.