„Tatort“ heute aus Berlin: Dieser Krimi lässt einen den Kopf schütteln
„Vier Leben“, die neue Berliner Episode mit Corinna Harfouch und Mark Waschke wird von Minute zu Minute spannender, scheitert am Ende aber an ihrer politischen Korrektheit. Achtung Spoiler!
Ein Bundestagsabgeordneter fällt mitten in Berlin einem Attentat zum Opfer, es werden Namen real existierender Parteien genannt, auch von einem Untersuchungsausschuss ist die Rede. Das alles, begleitet von der Einblendung, dass dieser Film auf einer „wahren Begebenheit“ beruht, signalisiert von Anfang an, dass es sich hier um einen Politthriller handelt. Der ARD-„Tatort“ einmal wieder als Kommentar zum Zeitgeschehen – das setzt Maßstäbe für Buch und Regie.
Doch es dauert lange, sehr lange, bis „Vier Leben“ seinen Thrill entwickelt, man spürt die Mühe, die es Autor Thomas André Szabó bereitet hat, die etwas konstruierte Geschichte hinter der Geschichte zu erzählen. Oft, sehr oft in diesen ersten Minuten stehen die Ermittler Susanne Bonard und Robert Karow (immer besser harmonierend: Corinna Harfouch und Mark Waschke) vor einer Wand mit Fotos und Namen, erklären, was Bilder nicht transportieren können.
Informationen, ohne die sich tatsächlich nicht nachvollziehen lässt, wie und warum ein paar Lobbyisten durch ihren den Einheimischen implizit den Tod bringenden Egoismus im fernen Kabul dafür gesorgt haben, dass man nun hierzulande Jagd auf sie macht. Der überstürzte Abzug der USA und ihrer Verbündeten aus Afghanistan im August des Jahres 2021, das tragische Schicksal der sogenannten Ortskräfte sorgen für die historische Grundierung dieses Plots, Originalaufnahmen in Schwarz-Weiß vom Chaos auf dem Kabuler Flughafen sollen für Authentizität sorgen.
Mit jedem weiteren Toten erhöht Regisseur Mark Monheim das Tempo, das ist zweifellos gut gefilmt und gut gespielt, der Showdown gut getimt. Und doch lässt einen dieser Krimi den Kopf schütteln. Abgesehen davon, dass das Wort „Afghanistan“ in diesen Tagen in Deutschland keinen guten Klang hat (wofür die Verantwortlichen nichts können), unternimmt also nicht ein betroffener Afghane (oder eine Afghanin – Pegah Feridoni als Exilantin Soraya Barakzay), sondern ein Bundeswehrsoldat (Robin Sondermann als Mörder vom Dienst) diesen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“-Rachefeldzug. Aus Liebe! Echt jetzt?
Das klingt doch sehr nach politischer Korrektheit, die langen Erklärungen des Täters im erzwungenen Livestream tun ein Übriges, dem Publikum zu vermitteln, was zu vermitteln schwerfällt. Ein spannender Film, der allerdings die Mutlosigkeit seiner Macher nicht vergessen machen kann.