Milliardär Bezos greift in Meinungsseite seiner Zeitung ein – Ressortchef zieht Konsequenzen und kündigt
Jeff Bezos ist Eigentümer der Washington Post. Auf Linie mit Donald Trump und Elon Musk will er in dem Traditionsblatt libertäre Meinungen verbreiten.
Washington D.C. – „Ich schreibe Ihnen, um Sie über eine bevorstehende Änderung unserer Meinungsseiten zu informieren“: So beginnt die Nachricht von Milliardär und Amazon-Gründer Jeff Bezos an die Mitarbeiter seiner Zeitung „Washington Post“. Er veröffentlichte die Meldung im Kurznachrichtendienst X. Bereits als er die „Post“ 2013 kaufte, gab es dabei Warnungen vor Interessenkonflikten. Bezos winkte damals alle Bedenken ab. Er gab ein Bekenntnis zur redaktionellen Unabhängigkeit der Zeitung ab.
Doch nun mischt sich der Amazon-Gründer auffällig oft ein, nimmt mehr Einfluss auf die redaktionelle Arbeit seiner Zeitung und macht jetzt sogar Vorgaben für das Meinungsseitenressort. Für Chefredakteur David Shipley ist mit Bezos aktueller Machtgeste offenbar die Schmerzgrenze des freien Journalismus überschritten worden. Er zieht persönliche Konsequenzen und kündigt seinen Job bei der Washington Post.
„Persönliche Freiheit und freie Märkte“ – Jeff Bezos lenkt Redaktion ins Libertäre
In dem Schreiben von Bezos auf X heißt es weiter: „Wir werden jeden Tag schreiben, um zwei Säulen zu unterstützen und zu verteidigen: Persönliche Freiheiten und freie Märkte. Natürlich werden wir auch andere Themen behandeln, aber gegensätzliche Standpunkte überlassen wir der Veröffentlichung durch andere.“ Der bisherige Ressortleiter verlasse die Zeitung, bestätigte Bezos.
Das Traditionsblatt Washington Post gehört seit 2013 dem Multimilliardär Bezos. Vor der US-Wahl im November hatte er sich gegen eine bereits verfasste Wahlempfehlung für Donald Trumps Kontrahentin Kamala Harris entschieden und damit Kritik innerhalb der Redaktion und bei der Leserschaft ausgelöst.
Jeff Bezos kontrolliert Redaktion – mehrere Journalisten verlassen Washington Post
Anfang des Jahres verließ die US-Karikaturistin und Pulitzer-Preisträgerin Ann Telnaes das Blatt im Streit über eine ihrer Zeichnungen. Auch andere Journalistinnen und Journalisten verließen die Zeitung. Im Januar forderten mehr als 400 Washington Post-Mitarbeiter in einem Brief ein gemeinsames Treffen mit Bezos, um über die Führung der Zeitung zu sprechen. Bezos war einer der Gäste bei der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump.
„Ich bin überzeugt, dass freie Märkte und persönliche Freiheiten das Richtige für Amerika sind. Ich glaube auch, dass diese Gesichtspunkte auf dem derzeitigen Markt der Ideen und Nachrichtenmeinungen nicht ausreichend berücksichtigt werden“, hieß es weiter in Bezos aktueller Nachricht an seine Mitarbeiter. „Ich freue mich darauf, dass wir gemeinsam diese Lücke füllen können.“
Meine News
Auch die Zeitung selbst berichtete über die Entwicklungen und schrieb, dass Bezos das Meinungsseitenressort in eine „libertäre Richtung“ lenke. (lm/dpa)