Direkt neben deutschem Kohle-Revier: Vorbereitungen für weltweit größtes Windrad
Der Mast der Anlage ist allein 300 Meter hoch, mit Rotorenblättern kommt das Windrad in Schipkau in der brandenburgischen Lausitz auf eine Gesamthöhe von etwa 363 Metern. Rekordhalter war bis jetzt ein Windrad nahe Yangjiang in Südchina mit einer Gesamthöhe von rund 320 Metern, auf dem zweiten Platz lag bislang Dänemark mit einer SiemensGamesa-Anlage.
Die Rotorblätter in Schipkau sollen im Sommer 2026 laufen – der Start war ursprünglich bereits in diesem Jahr geplant. "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir Genauigkeit vor Schnelligkeit setzen", sagt der Sprecher des Betreiberunternehmens Gicon, Jan Claus.
Zwei Jahre Windverhältnisse in großer Höhe gemessen
Der Generator des Windrades liefert 3,8 Megawatt, was im Vergleich zu heutigen Windanlagen eher dem Durchschnitt entspricht. Dennoch soll die Leistung des Riesen-Windrades deutlich größer sein, sagt das Unternehmen. Grund ist die Windstärke in größerer Höhe.
Bevor der Bau jetzt startete, waren zwei Jahre lang die Höhenwindverhältnisse mit einem 300 Meter hohen Windmessmast ermittelt worden, der ebenfalls als höchster der Welt gilt.
Der Betreiber wollte klären, ob es in der Höhe stärkeren und kontinuierlichen Wind gibt als in tieferen Lagen. Herkömmliche Windräder sind im Durchschnitt 140 Meter hoch und liegen damit weit unter der Anlage in der Oberspreewald-Lausitz.
Nach Angaben von Gicon zeigten die Messungen, dass der Wind in 300 Metern Höhe stärker weht und sich breiter verteilt. Ein besonderer Vorteil des Höhenwindrades: Den Messungen zufolge kommt es selten zu Flauten und schwachen Winden. Ein Problem vieler kleinerer Windräder, bei denen die Rotorblätter dann still stehen.
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Höherer Ertrag bei starken Winden
Einen höheren Ertrag liefere das Schipkauer Riesen-Windrad vor allem bei starken Winden, die vor allem in den Wintermonaten auftreten. Laut Betreiber Gicon bringt das Höhenwindrad so über das ganze Jahr konstante Leistungen. Dadurch ergebe sich im Vergleich zu normalen Anlagen mehr als der doppelte Ertrag. Daneben können die neuen Anlagen, so Gicon, auch zwischen bereits bestehende Windräder aufgestellt werden und benötigen dadurch keine zusätzliche Fläche.
Das Windrad sei wichtig für die regionale Wertschöpfung
Das Projekt wird in der Region weitestgehend positiv gesehen: Kommunen profitieren von Gewerbesteuern, lokalem grünen Strom und Jobs. Der Bürgermeister der Gemeinde, Klaus Prietzel, ist ein großer Befürworter der Projekts: Es sei wichtig für die regionale Wertschöpfung.
Gicon kündigte an, die Bevölkerung an den finanziellen Einnahmen des Projekts zu beteiligen. Das Unternehmen setzte in den vergangenen Jahren laut Informationen von rbb24 bereits andere Wind- und Solarprojekte in der Region um, an denen die Einwohner beteiligt wurden; seit 2015 zahlte das Unternehmen durch das sogenannte "Bürgerstrom-Modell" rund drei Millionen Euro aus.

Proteste von Hobby-Fliegern gegen das Projekt
Ganz unumstritten ist die Riesenwindanlage zwischen den Windparks Klettwitz-Nord und – Süd indes nicht: Der Luftsportverein Aero-Club Schwarzheide legte einen Eilantrag gegen den Bau ein. Die Hobby-Flieger befürchteten Beeinträchtigungen durch die Anlage, die rund zwei Kilometer von ihrem Flugplatz entfernt liegt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) lehnte den Antrag im Mai 2025 ab.
Der Flugbetrieb auf dem Sonderlandeplatz war schon im November 2024 eingestellt worden, nachdem die Gemeinden Schipkau und Schwarzheide im November 2023 beschlossen hatten, den Pachtvertrag zwischen dem Verein und der Flugplatzbetriebsgesellschaft zu kündigen. Daraufhin wurde dem Verein die Betriebsgenehmigung entzogen und der Flugplatz wurde zurückgebaut. Der Eilantrag hatte laut Gicon keine Auswirkungen auf das Projekt und den Zeitplan.
"Wir hätten noch höher bauen können"
Der Betreiber will erneuerbare Energien parallel auf drei Ebenen produzieren: Photovoltaik-Anlagen am Boden, herkömmliche Windräder in der Mitte und hohe Anlagen darüber. Nach Fertigstellung des ersten 300-Meter-Windrades in Schipkau will das Unternehmen bis 2030 bundesweit bis zu 1.000 weitere Anlagen aufstellen.
Gicon hätte sogar noch höher bauen können, sagt Gicon-Chef Jochen Großmann gegenüber dem MDR: „Wir könnten nochmal 50 Meter mehr mit der jetzigen Technologie, aber wir wollten nicht das höchste Bauwerk Deutschlands errichten.“
Der Bau wird jetzt schon zu einem technischen Kunststück: Da kein Kran die Höhe erreichen kann, wird die Motorhaube des Windrades per verschiebbarem Innenraum montiert.
mit Material von rbb24