Mit dem größten Windrad der Welt macht Siemens Kampfansage an China
Die Ankündigung las sich wie ein Kampf der Großen: Siemens Energy plant die größte Windturbine, die es jemals gab. Sie soll 40 Prozent leistungsfähiger als ihr Vorgänger sein und mit imposanten Rotorblättern aufwarten, die jeweils 279 Meter lang sind.
Der Plan richtete sich auch indirekt als Kampfansage aus Deutschland gegen China, die auf dem Markt führend sind und bislang den Rekord für das größte Windrad hielten. Nun ist die Wind-Monstrosität fertig - und bereit, 70.000 Haushalte mit Strom zu versorgen.
Siemens und das Rekord-Windrad
Die Anlage wurde von der deutsch-spanischen Siemens-Tochterfirma Siemens-Gamesa gebaut und steht im dänischen Test-Windpark Østerild. Eine offizielle Bestätigung von Siemens gibt es zwar noch nicht, auf eine Anfrage von FOCUS online Earth hat das Unternehmen bislang nicht reagiert. Dänische Regionalmedien veröffentlichten jedoch bereits erste Fotos des fertiggestellten Riesen-Windrads.
Die Anlage soll insgesamt eine Kapazität von 21,5 Megawatt aufweisen. Mit 279 Metern entspricht der Rotor-Durchmesser der Höhe des Wiener Stephansdoms. Zum Vergleich: Das Vorgängermodell maß im Durchmesser nur 230 Meter.
Der bisherige Rekordhalter stammt vom chinesischen Hersteller Mingyang Smart Energy und konnte mit einer Kapazität von 20 Megawatt aufwarten, die knapp 30.000 Haushalte versorgen konnte.
Erfolgsrezept für einen Wackelkandidaten
Für Siemens dürfte Einiges auf dem Spiel gestanden haben. Denn die Tochter Siemens-Gamesa kämpfte bis vor kurzem mit Lieferengpässen, steigenden Kosten und Qualitätsmängeln. Obwohl das Unternehmen zumindest außerhalb Chinas führend bei sogenannten Offshore-Windkraftanlagen auf hoher See ist, waren 2023 Staatshilfen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro notwendig. Von der EU erhielt der Konzern ebenfalls eine Förderung.
Der Schritt, das Windrad-Wettrüsten erneut zu starten, könnte auch bei der europäischen Konkurrenz für Unmut gesorgt haben: Erst im vergangenen Jahr wurden Forderungen vom dänischen Hersteller Vestas laut, dass man das bestehende Geschäft zunächst konsolidieren sollte, ehe man neue Rekorde wagt. Denn technologische Innovationen wie das Riesen-Windrad treiben die Kosten nach oben: Der Transport wird teurer und beschwerlicher, Produktionshallen müssen mit der wachsenden Länge der Rotorblätter Schritt halten und der Lagerplatz für die Bauteile geht zur Neige.
Lange wird Siemens nicht auf dem Rekord sitzen bleiben können: Die China-Konkurrenz steht bereits in den Startlöchern, um das Wettrennen weiterzutreiben. Geplant ist unter anderem eine Turbine, die 26 Megawatt Leistung erbringen kann.
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