Großbritannien plant größte nukleare Aufrüstung seit Jahrzehnten - das sind die Gründe
Großbritannien plant die größte nukleare Aufrüstung seit Jahrzehnten, berichtet „Reuters“. Die Regierung will zwölf neue F-35A-Kampfjets vom US-Hersteller Lockheed Martin kaufen, die mit taktischen Atomwaffen ausgerüstet werden können. Damit sollen erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges wieder Nuklearwaffen in der britischen Luftwaffe zum Einsatz kommen.
Premierminister Keir Starmer sagte, man könne sich „in einer Zeit zunehmender Unsicherheit“ auf Frieden nicht mehr verlassen. Der Kauf der Jets sei eine Investition in die nationale Sicherheit.
Probleme bei bisheriger Atomstrategie
Ein Grund für die neue Ausrichtung liegt offenbar in den Problemen mit dem Trident-System. Dieses U-Boot-gestützte Abschreckungssystem war bisher das Rückgrat der britischen Atomstrategie. Doch bei Tests 2016 und 2023 kam es laut „Reuters“ immer wieder zu Fehlschlägen. Die neue Luft-Komponente soll das System ergänzen und für mehr Flexibilität sorgen.
Taktische Atomwaffen haben eine geringere Reichweite und Sprengkraft. Sie sind für den Einsatz auf dem Schlachtfeld vorgesehen, zum Beispiel gegen militärische Ziele im begrenzten Raum. Sie gelten als flexiblere Ergänzung zur strategischen Langstreckenabschreckung.
US-Rückzug zwingt Briten zum Handeln
Auch geopolitische Entwicklungen spielen eine Rolle. Die USA hatten ihre letzten Atomwaffen bereits 2008 aus Großbritannien abgezogen. Damals galt das als Signal der Entspannung nach dem Kalten Krieg, doch inzwischen hat sich die Lage verändert. Die Bedrohung durch Russland wächst und die USA ziehen sich zunehmend aus ihrer Rolle als Europas militärische Schutzmacht zurück. Großbritannien sieht sich daher in der Verantwortung, selbst stärker aufzurüsten, so der Bericht von „Reuters“.
Die neuen F-35A-Jets sollen auch innerhalb der Nato eingesetzt werden können. Sie gelten als sogenannte „dual-capable aircraft“, also Maschinen, die sowohl konventionell als auch nuklear bestückt werden können. Im Ernstfall könnten sie laut „Reuters“ Nuklearwaffen im Rahmen von Nato-Missionen tragen. Generalsekretär Mark Rutte zeigte sich erfreut darüber.

Militär und Wirtschaft profitieren
Der Kampfjet-Kauf hat nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche Folgen. „Reuters“ berichtet, dass dadurch rund 20.000 Arbeitsplätze in Großbritannien entstehen oder gesichert werden könnten.
Teil des größeren Plans ist auch ein Anstieg der Verteidigungsausgaben. Die Regierung hat angekündigt, diese bis 2035 auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Ziel sei es, die Streitkräfte auf mögliche künftige Konflikte vorzubereiten und Großbritannien als verlässlichen Partner im Bündnis zu positionieren.
Deutschland und Norwegen kaufen Marschflugkörper für F-35
Parallel zu den britischen Plänen unterzeichneten Deutschland und Norwegen eine Vereinbarung zur gemeinsamen Beschaffung von Marschflugkörpern für F-35-Jets. Der Vertrag im Wert von über 677 Millionen Euro wurde am Rande des Nato-Gipfels in Den Haag abgeschlossen.
Laut Verteidigungsminister Boris Pistorius soll Deutschland das System namens Joint Strike Missile (JSM) noch vor Ende 2027 erhalten. Dabei wird ein präzisionsgelenkter Marschflugkörper die neuen Jets ausstatten. Er kann flexibel gegen Ziele zu Land und zu Wasser eingesetzt werden.