Proteste in der Türkei: Boykottliste der Opposition soll Erdogan unter Druck setzen
Die Proteste in der Türkei nehmen kein Ende. Eine Boykottliste der Opposition soll die Regierung von Präsident Erdogan zusätzlich unter Druck setzen.
Istanbul – Die Anti-Erdogan-Proteste in der Türkei nehmen kein Ende. Trotz Demonstrations-Verbots versammeln sich die Menschen und fordern die Freilassung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu. CHP-Chef Özgür Özel fordert vorgezogene Wahlen im November 2025. „Wir werden diesen Kampf in einen vorgezogenen Wahlkampf verwandeln. Es gibt keine andere Wahl“, sagte Özel gegenüber der Zeitung Cumhuriyet.
Proteste in der Türkei: Opposition veröffentlicht Boykottliste
Die Proteste weiten sich jetzt auch auf die türkischen Unternehmen aus. Die CHP hat eine Liste von Unternehmen und Marken veröffentlicht, deren Boykott sie fordert. „Lasst uns von unserem Recht Gebrauch machen, dass uns der Konsum verleiht. Ignorieren wir diejenigen, die uns ignorieren“, lässt die Oppositionspartei auf X mitteilen. Vor allem aber die regierungsnahen Oligarchen, denen Medien gehören, haben die Opposition verärgert. „Entweder ihr werdet unparteiisch oder wir stellen uns euch gegenüber“, so Özel am Samstag vor der Presse. „Ich sage es denen, die die Demonstration nicht gesehen haben, was die Polizei mit 220.000 Teilnehmern beziffern hat, meine Augen 500.000 Teilnehmer gesehen haben und durch eine Drohne eine Million Teilnehmer aufzeichnete“.
Die Worte von Özel haben führen zu Kritik in der Regierung. „Marken ins Visier zu nehmen, die einen Mehrwert für das Wachstum unseres Landes darstellen, und zu einem Boykott aufzurufen, ist ein sehr gefährlicher und falscher Ansatz“, sagte Justizminister Yilmaz Tunc am Dienstag vor den Kameras. Dadurch werde die Wirtschaft in der Türkei ins Visier genommen.

Proteste in der Türkei: UN fordert Freilassung von Imamoglu
Inzwischen zeigt sich auch die UN besorgt über die Geschehnisse in der Türkei. „Wir sind sehr besorgt über die Inhaftierung von mindestens 92 Personen in der vergangenen Woche, darunter auch Istanbuls demokratisch gewählter Bürgermeister Ekrem İmamoglu. Alle Personen, die wegen der legitimen Ausübung ihrer Rechte inhaftiert sind, müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden“, fordert das UN-Menschenrechtskommissariat auf X.
Die Gegner des Präsidenten wollen sich bislang durch Verbote nicht einschüchtern lassen und bekommen immer mehr Zulauf durch Studenten. Sie marschieren in Richtung der Stadtverwaltung des Istanbuler Bezirks Şişli. Dort wurde der gewählte Bürgermeister Emrah Şahan von einem Zwangsverwalter ausgetauscht und ebenfalls festgenommen. Laut der Zeitung Birgün seien es zehntausende Studenten gewesen, die gegen die Regierung protestierten.
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Proteste in der Türkei: Erdogan greift Opposition an
Präsident Recep Tayyip Erdogan lässt sich jedoch von den Protesten bislang kaum beeindrucken und kritisiert seine Kritiker. „Wir werden nicht auf die billige Politik von Feiglingen hereinfallen, die sich hinter jungen Menschen verstecken, um ihren eigenen Dreck zu vertuschen“, schreibt Erdogan. Die türkische Justiz wirft Imamoglu Korruption und Terrorismusdelikte vor. Allerdings gilt Imamoglu auch als aussichtsreicher Gegenkandidat bei Präsidentschaftswahlen. Mit der Inhaftierung von Imamoglu hat Erdogan seinen gefährlichsten Gegner vorerst ausgeschaltet. (erpe)