Warum die bairische Sprache mehr Anerkennung erlangen sollte: Ein Interview mit Siegfried Bradl

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„Gebt’s Eich am Herz an Ruggara!“ Siegfried Bradl, hier als Hochzeitslader, hofft auf viele Interessierte beim Dialekt-Stammtisch am kommenden Freitag in Altomünster. © privat

Siegfried Bradl wirbt für neuen Stammtisch des Fördervereins der Bairischen Sprache, der am Freitag im Maierbräu in Altomünster stattfindet.

Landkreis – Siegfried Bradl ist ein begeisterter Anhänger der bairischen Sprache. Als Vorsitzender des Fördervereins der Bairischen Sprache und Dialekte (FBSD) setzt er sich leidenschaftlich für ihren Erhalt ein. Der Altomünsterer schätzt die Präzision und Ausdruckskraft, die ein einziger bairischer Ausdruck in bestimmten Situationen vermitteln kann. Oder wie die unterschiedliche Betonung eines Wortes seine Bedeutung verändern kann. Allerdings sprechen immer weniger Kinder die bairische Sprache. Um wieder mehr Menschen die bairische Sprache nahe zu bringen, gründete der Förderverein nun einen regionalen Dialektstammtisch. Im Interview erläutert Siegfried Bradl, was die bairische Sprache für ihn so besonders macht, warum immer weniger Kinder Dialekt sprechen und wie der FBSD dazu beitragen möchte, die Begeisterung junger Menschen für die bairische Sprache wieder zu wecken.

Herr Bradl, was macht für Sie den Reiz der bairischen Sprache aus?

Siegfried Bradl: An der bairischen Sprache fasziniert mich vor allem ihre Feinheit und Vielseitigkeit sowie ihr reicher Wortschatz. Es gibt viele Redewendungen und Ausdrücke, mit denen man bestimmte Situationen treffend beschreiben kann, wie zum Beispiel „griabig“ für eine Situation oder einen Ort, der gemütlich ist. Aber auch die Betonung bei der Aussprache kann die Bedeutung eines Wortes oder einer Redewendung völlig verändern. „A so a Sauhund“ kann positiv oder negativ gemeint sein.

Außerdem?

Die bairische Sprache neigt auch dazu, die Vokale zu verkürzen oder zu verlängern. Dadurch entsteht ein melodischer und rhythmischer Klang. Es sind diese kleinen sprachlichen Feinheiten, die das Bairische so lebendig, charmant und beliebt machen.

Welche bairischen Redewendungen verwenden Sie besonders oft?

Es gibt natürlich die klassischen bairischen Grußformeln wie „Griaß God“, „Habe d‘Ehre“ und „Servus“, die für mich etwas Freundliches und Wohlwollendes haben. Ich begegne dem anderen mit Toleranz, Akzeptanz und Wertschätzung. Und kann man sich schöner von einem Menschen verabschieden als mit „Pfia God“, „Gott sei mit Dir auf Deinen Wegen“?

Haben Sie ein Wort, das eine Situation mit nur einem Wort perfekt beschreibt?

Wenn heute in den Medien von Essen die Rede ist, hört man oft nur den Ausdruck „lecker“. Ich finde aber „des schmeckt fei sauguad“ eigentlich viel treffender.

Sprechen Sie immer im Dialekt?

Ja, ich spreche eigentlich immer Bairisch. Aber ich mache es immer vom Gesprächspartner abhängig, wie sehr ich meinen bairischen Dialekt durchscheinen lasse. Das reicht vom Altomünsterer Dialekt, den ich mit meinem Vater gesprochen habe, bis zum südbairischen Hochdeutsch, das ich in Hamburg verwendet habe.

Wie hat sich die Verwendung von Bairisch im Laufe der Zeit verändert?

Der bairische Dialekt lebt eigentlich von seiner Kleinräumigkeit. Wenn man früher auf dem Land drei, vier Kilometer gefahren ist, haben die Leute schon einen ganz anderen Dialekt gesprochen, haben bestimmte Wörter anders betont oder ganz andere Begriffe verwendet. Die regionalen Unterschiede sind teilweise enorm. Aber diese Kleinräumigkeit geht durch den Strukturwandel und die heutige Mobilität immer mehr verloren.

Würden Sie sagen, der bairische Dialekt stirbt aus?

Nein, das würde ich jetzt nicht unbedingt sagen. Allerdings gibt es schon deutliche Unterschiede zwischen dem ländlichen und dem städtischen Raum. In der Stadt gibt es immer weniger Menschen, die im Dialekt sprechen. Auf dem Land hingegen ist der Dialekt oft noch fester Bestandteil des Alltags und der Identität der Menschen. Hier wird die bairische Sprache nicht nur von der älteren Generation gepflegt, sondern auch an die Jugend weitergegeben.

Aber es wird doch merklich weniger Dialekt gesprochen als früher?

Dieser Rückgang hat verschiedene Ursachen, bei denen das Schulsystem eine entscheidende Rolle spielt. Bereits in den 1960er Jahren wurde der Dialekt in der Schule verboten und das Sprechen des Dialekts von den Lehrern als unerwünscht angesehen und sogar aktiv bekämpft, um den Kindern den Dialekt abzugewöhnen. Obwohl diese Einstellung lange Zeit Bestand hatte, hat sich in den letzten zehn Jahren viel zum Positiven verändert.

Haben Sie Tipps für Menschen, die Bairisch lernen oder verbessern wollen?

Einfach vorbeischauen bei unserem regionalen Dialektstammtisch, den der Förderverein Bairische Sprache und Dialekte nun gründet. Aus verschiedenen Gesprächen wissen wir, dass ein großes Interesse an einem solchen Stammtisch besteht. Es ist deutlich zu spüren, dass das Thema Dialekt hier vor Ort wieder an Bedeutung gewinnt. Deshalb findet am kommenden Freitag um 19 Uhr im Brauereigasthof Maierbräu der erste regionale Dialektstammtisch statt.

Was erhoffen Sie sich davon?

Das Hauptziel ist: Wir wollen für unsere Mitglieder und Interessierte hier im Raum etwas tun, sie zusammenbringen, dass sie sich persönlich kennenlernen und den Austausch untereinander ermöglichen. Mit allen zusammen wollen wir schauen, was wir für die bairische Sprache ausrichten können, die Interessen und die Kreativität der Leute einfangen und daraus gemeinsame Aktivitäten entwickeln. Insgesamt möchten wir ein Umfeld schaffen, in dem sich alle wohl und akzeptiert fühlen, unabhängig von ihrem Sprachniveau oder ihrer Erfahrung mit dem Dialekt. Jeder, der Interesse an der bairischen Sprache hat, ist herzlich willkommen.

Wie wollen Sie die Jüngeren ins Boot holen?

Die Jugend ist für uns ein wichtiges Thema. Wir wollen gezielt auf sie zugehen und ihnen die Möglichkeit geben, ihre Ideen und Vorstellungen einzubringen. Außerdem wollen wir das Wissen der jungen Generation nutzen, um neue Wege im Hinblick auf Dialekt zu gehen und auch in den sozialen Medien wie Instagram und YouTube präsent zu sein.

Interview: Frederic Rist

Der erste Dialekt-Stammtisch

findet am Freitag, 19. April, im Brauereigasthof Maierbräu in Altomünster statt. Siegfried Bradl bittet um Anmeldungen an siegfried.bradl@web.de oder unter 0 82 54/86 65. Kurzentschlossene könne auch ohne Anmeldung dazukommen.

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