Die Su-57 soll noch unsichtbarer werden. Darum setzt Russland auf eine Düsentechnologie, vor der die USA bereits vor fast 40 Jahren kapituliert haben.
Moskau – „Wir verlieren unseren Vorsprung im Antriebsbereich an China, weil Peking massiv in die Entwicklung und Produktion effektiver Antriebstechnologien investiert“, sagt John R. Sneden. Für den Antriebsdirektor des Life Cycle Management Center der US-Air Force gilt China als das Maß der Dinge für eigene Anstrengungen in der Antriebstechnik für Kampfjets, wie das Air- & Spaceforces-Magazin schreibt. Jetzt aber hat Russland offenbar die Nase vorn und einsatzbereit, was in den USA schon lange zur Debatte stand. Das Magazin Defense Express berichtet aktuell, dass Wladimir Putins Luftwaffe jetzt die Flachdüse für den Su-57-Motor wiederentdeckt hätte. Dieser Antrieb kann unsichtbar machen.
Außerdem soll die Su-57 aufgemotzt werden durch ein Zielsystem, das am Helm befestigt wird, wie das Magazin Military Watch berichtet. Die Suchoi Su-57 gilt als Arbeitspferd in Wladimir Putins völkerrechtswidrigem Angriff auf die Ukraine. Die Su-57 ist das Trägersystem für russische Gleitbomben, die außerhalb der Reichweite der ukrainischen Luftabwehr ausgeklinkt werden. So können die Trägersysteme in sicherem Abstand zu den Luftabwehr-Raketen operieren.
Su-57: Russland rüstet auf – was der Nato Kopfzerbrechen bereiten könnte
14 Stück soll Wladimir Putins Luftflotte davon besitzen, wie das von Flight Global herausgegebene aktuelle Weltluftwaffenverzeichnis ausweist. 62 neue Flieger seien demnach bestellt. Russland rüstet auf – was der Nato Kopfzerbrechen bereiten könnte. Allerdings sehen Analysten den Tarnkappenbomber auch im Ukraine-Krieg immer noch in der Testphase seiner Tauglichkeit. Laut Defense Express testet Russland eine Su-57-Variante mit Flachdüsen beziehungsweise einer Schubvektorsteuerung – erste Bilder davon sind schon in sozialen Medien verfügbar.
„Das radikal aussehende Auspuffdesign soll die kaum wahrnehmbaren Merkmale des Felon verbessern, obwohl die Zukunft der neuen Düse alles andere als sicher ist.“
Furcht vor Chinas Entwicklungsschub in der Triebwerkstechnik scheint allerdings gerechtfertigt. Die chinesische Global Times veröffentlichte Ende November 2022 einen Bericht über die damalige Luftfahrtausstellung in der südchinesischen Provinz Guangdong, wo zum ersten Mal ein Turbofan-Triebwerk mit einer 2D-Schubvektorsteuerungsdüse ausgestellt worden war. Die Vorteile eines solchen Triebwerks sollen gleichermaßen in einer erhöhten Manövrierfähigkeit liegen als auch in einer verminderten Radarsignatur. Diese Triebwerke würden die Stealth-Fähigkeiten von Kampfjets der neuesten, also der fünften Generation, noch verbessern.
China habe seine Probleme mit Kampfflugzeugtriebwerken überwunden, indem es neue Anlagen mit Einkristallstruktur in seinen Materialien erwarb, sagte der US-Triebwerksentwickler Sneden gegenüber Air- & Spaceforces. Ihm zufolge kämen in China das Budget, die Ernsthaftigkeit und auch die Zusammenarbeit mit Russland begünstigend zusammen. Sneden sieht China zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten heranreifen. Pekings Investitionen „sind aus Antriebsperspektive deutlich größer als unsere, sodass sie die Lücke schließen konnten“, erläuterte er. China habe „in den letzten rund acht Jahren große Fortschritte gemacht“, bemerkte Sneden und fügte hinzu, dass „unser Fokus darauf liegt, sie nicht die Lücke schließen zu lassen“, wie Air- & Spaceforces-Autor John A. Tirpak schreibt.
Meine news
Putins Prestige-Flieger: „alles andere als sicher, dass es in naher Zukunft zu Fortschritten kommen wird“
Wie tauglich die neue Technik generell und an der Su-57 mit dem Nato-Codenamen Felon (“Verbrecher) ist, stellt aktuell das Magazin The War Zone (TWZ) infrage: „Das radikal aussehende Auspuffdesign soll die kaum wahrnehmbaren Merkmale des Felon verbessern, obwohl die Zukunft der neuen Düse alles andere als sicher ist“, wie Autor Thomas Newdick schreibt. Ihm zufolge soll die Düse gebaut sein „aus vier unabhängig voneinander gesteuerten Klappen, die den Querschnitt des Luftauslasses und den Schubvektor verändern“, so Newdick – zwei seien demnach für Unterschallflüge gedacht, zwei für Überschall. Gegenüber einem runden Triebwerksauslass würde das flache Design die Infrarotsignatur besser verschleiern.
TWZ-Autor Newdick sieht die Zukunft des Antriebs generell mit der Zukunft der Su-57M verwoben. Ihm zufolge seien die Arbeiten an einer zur Ursprungsversion verbesserten Variante bereits „in vollem Gange“ gewesen, als die Su-57 für den Einsatz in die Produktion ging. „Da jedoch lediglich 76 Exemplare des Originalmodells unter Vertrag stehen, ist es alles andere als sicher, dass es zumindest in naher Zukunft zu weiteren Fortschritten kommen wird“, schreibt TWZ. Im Jahr 2022 sollte eigentlich die Produktion eines modernisierten Su-57M-Prototyps beginnen und die Serienproduktion in diesem Jahr starten.
Die neue Düse: Technik, mit der bereits Mitte der 1980er-Jahre in den USA experimentiert worden war
Das Schubvektor-Triebwerk könnte vermutlich also erst dann realisiert werden, wenn Russland oder ein Exportkunde mehr Felons bestellen würde. Das scheint aufgrund des Ukraine-Krieges aktuell hintangestellt zu sein. Auch Defense Express urteilt: „Vor diesem Hintergrund sollte der Darstellung einer weiteren russischen Entwicklung mit einer angemessenen Skepsis begegnet werden, bis sie einem Realitätscheck unterzogen wird.“
Grundsätzlich fußt der russische Vorstoß auf eine Technik, mit der bereits Mitte der 1980er-Jahre in den USA experimentiert worden war: einer flachen Triebwerksdüse und Schubvektormanipulation. „Der Erstflug des F119-Triebwerks erfolgte 1988, eingebaut in ein Testflugzeug des Typs F-15; bereits 1990 hob es ein YF-22-Demonstrationsflugzeug vom Boden ab – die zukünftige F-22“, schreibt das Magazin. Allerdings seien diese Pläne wieder verworfen worden, weil solch eine Art von Triebwerk nicht nur die verbesserten Tarn- und Manövrierfähigkeiten mit einem Minus an Schub erkauft – sondern auch besondere Anforderungen an Design und vor allem Material stelle.
Konkurrenz am Himmel: Russland hat „massiv in die schrittweise Modernisierung der Su-57 investiert“
Auch die jetzt weit verbreitete US-amerikanische F-35 verzichtet auf diese Technik, bleibt aber trotz dessen das Maß für Kampfjets der aktuellen Generation. Allerdings will Russland jetzt auch mit einem weiteren Coup die Dominanz dieser Maschine sowie der chinesischen J-20 egalisieren. Wie das Military Watch-Magazin aktuell berichtet, will Russland punkten mit einem am Helm montierten Zielsystem für den Su-57-Kampfjet. Laut dem Magazin soll der Helm analog zu den Systemen der beiden Konkurrenz-Jets wichtige Informationen direkt auf das Visier des Piloten senden, darunter Flug- und Zieldaten. Der sei dadurch besser mit den Sensoren seiner Maschine vernetzt und erhalte eine umfassendere Sicht auf seine Einsatzumgebung.
Laut der Einschätzung des Magazins behielten aber sowohl die Optiken als auch die Sensoren der Chinesen und US-Amerikaner ihren Vorteil gegenüber den in der Su-57 verbauten russischen; obwohl die russische Industrie, laut Military Watch, „massiv in die schrittweise Modernisierung der Su-57 investiert“ habe. Das Magazin macht das daran fest, dass der Helm lediglich 48 Stunden nach der neuen Triebwerksdüse vorgestellt worden sei. Allerdings sieht Military Watch Schwächen im Helm auch darin, dass die darin verbauten Sensoren der chinesischen und US-amerikanischen Piloten besser mit ihren Raketen gekoppelt wären – das Magazin schreibt, die entsprechenden Raketen würde Russland erst noch einsatzreif entwickeln müssen.
USA behäbig: „Wir brauchen etwa 10 bis 15 Jahre, um ein neues Antriebssystem auf den Markt zu bringen.“
Den Schub der Su-57-Modernisierung sehen Experten darin begründet, dass Russland kaum Kapazitäten hätte, dem Entwicklungsvorsprung Chinas und der USA für einen Kampfjet der sechsten Generation Paroli zu bieten. Military Watch rechnet daher mit einer Intensivierung der Produktion der Su-57. Deren Vorteil würde sein, dass die SU-57 zehren könne von Erfahrungen in echten Gefechtssituationen im Ukraine-Krieg, beispielsweise gegen Luftabwehr oder gegnerische Flugzeuge sowie generell in Operationen in massiv verteidigtem Luftraum.
Auf die Ergebnisse dieser Laborsituation werden sich auch die USA sowie alle anderen westlichen Industrieländer einstellen müssen; gerade weil Russland, China sowie Nordkorea sich offenbar in der Rüstungsindustrie in einen Galopp hineinbegeben haben; und die Ukraine zu zügiger Entwicklung gezwungen wird. Wie John R. Sneden Ende vergangenen Jahres das Air- & Spaceforces-Magazin zitiert hat, laufe die westliche Rüstungsentwicklung dagegen eher behäbig.
„Obwohl die US-amerikanische Triebwerksindustrie für Kampfflugzeuge ,sehr leistungsfähig‘ sei, bewege sie sich ,nicht in einem bedrohungsrelevanten Rhythmus‘, bemerkte Sneden“, wie das Magazin schrieb. „Wir brauchen etwa 10 bis 15 Jahre, um ein neues Antriebssystem auf den Markt zu bringen.“