Su-57-Lieferung: Putins Luftwaffe bekommen brandneue Kampfjets

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Eine frische Charge des russischen Stealth-Jets wurde angekündigt. Dennoch hat die Su-57 noch nicht gezeigt, was Putins Prestige-Flieger erreichen kann.

Moskau – „Einen schweren Schlag“ sah Justin Bronk – „für ein ohnehin schon seit langem krisengeschütteltes Flugzeugprogramm, das ein Kernstück des russischen Militärstolzes ist“, wie der Luftfahrt-Analyst des Royal Services Institute for Defence and Security Studies (RUSI) geschrieben hat.

Bronk sprach von der wahrscheinlichen Beschädigung einer Suchoi Su-57 „Felon“ am Boden des 929. staatlichen Flugerprobungszentrums VP Chkalova in Achtubinsk durch einen Drohnenangriff der Ukraine im Juni. Jetzt soll Wladimir Putins Luftwaffe neue Kampfjets dieses Typs bekommen, wie das Military Watch Magazine berichtet. Deren Anzahl bleibt ungewiss; deren Nutzen ebenso.

Laut dem offiziellen Index der globalen Luftstreitkräfte verfügt Russland aktuell über 14 Maschinen des Typs Su-57. Das Flugzeug ist eines der fünften Generation – die zeichnet sich vor allem durch ihre Tarnkappentechnik aus und ist das Konkurrenzmodell zu den US-amerikanischen F-35 Lightning II und F-22 Raptor. Dem Index zufolge sind 62 weitere Maschinen geordert. Das Magazin Defense News berichtet davon, dass bis Ende 2027 ingesamt sogar 76 Stück produziert werden sollen. Die Planungen laufen vermeintlich bereits seit 2019.

„Ziele bleiben ehrgeizig“: Russlands Rüstung kommt eigenen Vorgaben kaum hinterher

Die russische Luftwaffe wolle die Bestände ihres vermeintlich am weitesten entwickelten Kampfflugzeugs so schnell wie möglich aufstocken, schreibt aktuell auch das Magazin Flugrevue. Dazu habe der Hersteller neue Produktionsanlagen in Betrieb genommen. „Dennoch bleiben die Ziele ehrgeizig“, wie Flugrevue-Autor Patrick Hoeveler schreibt.

„Geht es nach dem Willen ihrer Schöpfer, könnte die Su-57 bald auch als fliegende Startplattform fungieren – für Einweg-Drohnen, voll mit Sprengstoff, die autonom ihr Ziel finden.“ 

Die Produktion des Fliegers soll in diesem Jahr um 67 Prozent gesteigert werden gegenüber den in 2023 gelieferten zwölf Maschinen; das heißt, dass Ende dieses Jahres 20 Maschinen fronttauglich sein sollen, schreibt Military Watch und geht dann von einer Verdopplung des Bestands auf insgesamt 42 Maschinen aus; insofern kursieren unterschiedliche Zahlen über die tatsächliche Flottenstärke dieses Typs.

Ein russischer Su-57-Tarnkappenbomber während eines Demonstrationsfluges inmitten von Luftverwirbelungen.
Immer wieder als bahnbrechend angekündigt: Russlands Prestige-Flieger Suchoi Su-57 beeindruckt in der Papier-Form, bleibt aber den Beweis seiner Innovationen schuldig; jetzt wird eine neue Charge des modernsten Jets Russlands angekündigt (Archivfoto). © IMAGO/Leonid Faerberg

Die Su-57 ist das Trägersystem für russische Gleitbomben, die außerhalb der Reichweite der ukrainischen Luftabwehr ausgeklinkt werden. So können die Trägersysteme in sicherem Abstand zu den Luftabwehr-Raketen operieren. Allerdings sprechen aktuelle Verlautbarungen davon, dass Russland bereits hochfliegende Pläne mit dem Vogel verbindet: „Geht es nach dem Willen ihrer Schöpfer, könnte die Su-57 bald auch als fliegende Startplattform fungieren – für Einweg-Drohnen, voll mit Sprengstoff, die autonom ihr Ziel finden“, schrieb darüber im April die Flugrevue.

Putins Visionen: Der Su-57-Kampfjet ist geplant als Super-Drohnen-Mutterschiff

Nach deren Beschreibungen soll die Su-57 eine „strahlgetriebene Einweg-Kampfdrohne“ laden und bis auf sichere Distanz an ihr mögliches Ziel herantragen. Der Clou der neuen Waffe soll darin bestehen, dass diese Drohne anhand eigener Sensorik autonom nach Zielen suchen und diese aufgrund eigener Entscheidung selbständig angreifen soll, wie Flugrevue-Autor Patrick Zwerger schreibt. Auf jeden Fall könne das Trägerflugzeug weiterhin weit außerhalb der gegnerischen Luftabwehr operieren.

Allerdings scheint der Flieger bis heute seinen Vorschusslorbeeren durch Russland kaum gerecht zu werden. Der neueste Bericht des Fachblattes Flugrevue ist ernüchternd. Demnach soll die russische Luftwaffe kürzlich neue Suchoi Su-57 erhalten haben; möglicherweise sogar drei Stück gleichzeitig. „Ein großer Erfolg ist das für Russland trotzdem nicht, denn dem Superfighter fehlt immer noch das neue Triebwerk“, schreibt Autor Zwerger.

Technische Gegenoffensive gescheitert: Neue Maschinen fliegen weiter mit altem Triebwerk

Die ausgelieferten Maschinen soll noch ein altes Triebwerk bewegen. Revolutionär am neuen Flieger sollte der mit dem neuen Triebwerk mögliche „Supercruise“ sein, also der konstante Überschallflug ohne Nachbrenner; ohne diese Fähigkeit kommt die Su-57 recht konventionell daher; und auch die Reichweite bleibt wie gehabt. Bereits vor vier Jahren galt unter Beobachtern, dass Russland mit der Maschine mehr verspricht, als sie wird leisten können.

Das neue Triebwerk war zu der Zeit schon als der Kern des Jets angesehen worden. Die „zentrale Herausforderung“ wurde in der Entwicklung eines Triebwerks der zweiten Generation gesehen. Laut einem ehemaligen Flugzeugingenieur von Suchoi, der später unabhängiger Luftfahrtexperte geworden sein soll, „werden die 76 ,einsatzfähigen‘ Modelle, die die russische Luftwaffe in den 2020er Jahren erhalten werde, nicht mit dem vorgesehenen Triebwerk der zweiten Generation ausgestattet sein. Es bleibt unklar, wann das Triebwerk der zweiten Generation fertiggestellt sein wird“, schrieben Ryan Bauer und Peter A. Wilson vor vier Jahren.

Kampfjet als Dauer-Versprechen: Integration in Russlands Streitkräfte verläuft zäh

Die beiden Analysten des Thinktank RAND bemängeln weiter, dass auch die Sensorik der Maschine so aufgerüstet werden sollte, dass sie mit der US-amerikanischen F-35 hätte konkurrieren können – was vermutlich auch noch auf sich warten lässt, wohingegen die F-35 aktuell sukzessive in die Luftstreitkräfte verschiedener Nato-Partner integriert werden wird; beispielsweise auch in der Luftwaffe Deutschlands.

Die Luftfahrtindustrie der Russischen Föderation pflege eine lange Tradition erfolgloser Versuche, die Früchte der Revolution in der Informationstechnologie nach dem Kalten Krieg voll auszuschöpfen. Die Sanktionen des Westens und die Trennung der russischen und ukrainischen Luftfahrtindustrie hätten die Situation noch verschärft, schreiben Bauer und Wilson.

Die Ankündigungen Russlands bezüglich einer Steigerung der Produktion des Super-Vogels dürften also mit entsprechender Vorsicht zu genießen sein; wie auch Bauer und Wilson bereits vor vier Jahren geurteilt haben: „Das Flugzeug absolvierte seinen Erstflug vor etwa zehn Jahren, doch trotz gegenteiliger russischer Versprechungen wurde das großangelegte System bislang weder in die russische noch in andere ausländische Streitkräfte integriert.“ Was sich allerdings bereits langsam geändert hat – wobei die raren Auftritte des Fliegers über der Ukraine vermuten lassen, dass Russland schlechte Presse befürchtet.

Konkurrent der F-35: Keine Bedrohung der USA durch Su-57 zu befürchten

Das US-amerikanische Magazin The National Interest (NI) formuliert zurzeit schärfer: „Obwohl behauptet wird, die russische Su-57 sei der gefährlichste Kampfjet der fünften Generation der Welt, hinkt sie ihren amerikanischen Gegenstücken, der F-22 Raptor und der F-35 Lightning II, hinterher. Neben dem überholten Motor und der vermutlich noch zu verbessernden Sensorik kritisiert NI-Autorin Maya Carlin die unausgereiften Tarnkappenfähigkeiten.

Peter Suciu hatte ebenfalls im National Interest angedeutet, US-amerikanische Experten hielten die Su-57 eher für einen Jet der vierten Generation, weil der Radarquerschnitt vermeintlich schlechter sei als der der US-amerikanischen F-35. Maya Carlin stützt diese Behauptung damit, dass das Höhenleitwerk der Su-57 vor den Tragflächen angebracht sei, was den Radarquerschnitt vergrößere und mehr Angriffsfläche biete für die feindliche Luftaufklärung – sie sieht in dem Flieger künftig keine Bedrohung für die USA in einem möglichen Konflikt.

„Reines Gerede“: Putin verkauft Prestige-Flieger als leistungsstärker als der wirklich ist

Allein wegen der vermeintlichen Schwächen eines einzelnen Jets sowie der überschaubaren Zahl verfügbarer Maschinen dieses Typs. Sie vermutet auch, dass sich die Flotte der ersten Stealth-Maschine Russlands in absehbarer Zeit kaum signifikant verändern wird. Anders die Verlautbarungen aus Russland, wie Military Watch den Geschäftsführer der produzierenden United Aircraft Corporation zitiert: „Die Zahl der an die russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte gelieferten Kampfflugzeuge der fünften Generation steigt jedes Jahr.“

Seit August verfüge das Luftfahrtwerk Komsomolsk am Amur im russischen Fernen Osten über neue Anlagen, die speziell für die erweiterte Su-57-Produktion geschaffen wurden. Die bisherigen Produktionskapazitäten hatten sich als zu gering erwiesen für die ambitionierten Ziele der russischen Führung. Deshalb hatte bisher lediglich ein Drittel der vereinbarten Chargen die Streitkräfte erreicht. Defense Express zitiert den Luftfahrt-Experten Michael Jerdev, wonach die Komponenten für die angepeilte moderne Avionik sowie das neue Triebwerk aufgrund westlicher Sanktionen fehlten.

All das sind Hinweise darauf, warum im Westen die Berichte über die Su-57 als zuweilen als „reines Gerede“ kommentiert werden, wie NI urteilt. In Bezug auf Fertigungskapazitäten wie auf die tatsächliche Leistung in der Luft. National Interest-Autor Peter Suciu äußert sich abwartend: „Zumindest auf dem Papier ist die Su-57 ein beeindruckendes Flugzeug.“

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