Skepsis und Resignation bei der Bahn-Sprechstunde zum Brennerzulauf in Aßling und Grafing
Die Bahn tourt zu Bürgergesprächen für das Brenner-Nordzulauf Projekt. Während einige Positives sehen, bleiben viele skeptisch. Ein Stimmungsbild aus Grafing.
Grafing/Aßling – Fundamentalgegner, Skeptiker, Betroffene und Resignierte: Diejenigen, die diesem Mammutprojekt quer durch den Landkreis Ebersberg etwas Positives abgewinnen können, waren in der absoluten Minderheit bei diesem Termin, aber es gab sie auch. Das Team des Bahnprojekts Brenner-Nordzulauf hatte Bürgerinnen und Bürger aus Grafing am Dienstag im katholischen Pfarrheim zur Sprechstunde mit angeschlossener Planausstellung eingeladen. Am Mittwoch gab es die gleiche Veranstaltung in Aßling, insgesamt in elf Gemeinden entlang der künftigen Bautrasse.

In individuellen Gesprächsrunden erläutern die Ingenieure den Streckenverlauf im jeweiligen Gemeindegebiet und Bauwerke wie Tunnel und Brücken anhand von Höhen- und Lageplänen. Die Anlieger nahmen die Möglichkeit gerne wahr. Bei den ersten fünf Terminen vor der Grafinger Veranstaltung waren es bereits 770 Besucher, so eine Bahnsprecherin. Gesprächsbedarf gibt es also genügend. Die Repräsentanten der Bahn, angeführt vom Planungsleiter Dieter Müller, der für den Grafinger Abschnitt zuständig ist, blieben stoisch. Ihre Kernaussage: „Wir planen das, wofür wir vom Bund den Auftrag bekommen.“
Schallschutz für Grafing-Bahnhof
Aber immerhin sind Lärmschutzwände dazugekommen. „Alles, was durch die Neubaustrecke beschallt wird, hat einen Anspruch auf Lärmschutz“, informierte die Bahn. „Ganz Grafing-Bahnhof wird abgeschirmt.“ Etwa auf Höhe des Schammacher Kreisels schwenken die geplanten zusätzlichen Gleise in Fahrtrichtung Rosenheim nach rechts ab, führen dann in den 3,7 Kilometer langen Salachtunnel und kommen bei Lorenzenberg wieder an die Oberfläche. Die erweiterte Wasserschutzzone des Elkofener Brunnens wird bergmännisch durchquert, also mit einer Tunnelbohrmaschine. „Technisch ist die Planung so weit fertig“, informierte Müller.
An den Wänden im Pfarrheim hingen die bisherigen Pläne im Maßstab 1:100. Davor die Bürger, die nach ihren Häusern suchten und sich ausmalten, was da wohl auf sie zukommen wird. Die Sorge war greifbar. „Die Wohnqualität wird schlechter“, fürchtete ein Betroffener, und sein Nachbar stimmte ihm zu: „Ich möchte mich wohnmäßig auch nicht verschlechtern!“
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„Wahnsinn, Wahnsinn, ein Bild der Verwüstung“, machte ein Grafinger Naturschützer seiner Sorge Luft. Ihm werden für das Projekt zu viele Bäume gefällt. „Die Bahn ist so beweglich wie eine Eisenbahnschiene“, sagte ein Elkofener und diskutierte mit den Vertretern der DB die gängige Entschädigungspraxis. Er kritisierte, dass während der Bauphase landwirtschaftliche Flächen großzügig als Lagerplätze für Aushub und Material in Anspruch genommen werden, was Betriebe in seiner Nachbarschaft in ihrer Existenz gefährde.
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Zu diesem brisanten Thema lag ein Flyer aus, in dem den Betroffenen erklärt wurde, was ihnen blühen könnte: „Die Deutsche Bahn strebt mit allen betroffenen Grundstückseigentümern und Pächtern einvernehmliche vertragliche Regelungen an. Gelingt dies in Einzelfällen nicht, so sieht das Allgemeine Eisenbahngesetz eine Enteignung gegen Entschädigung vor.“ Und weiter: Werde keine Einigung über die Höhe der Entschädigung erzielt, könne diese von der Enteigungsbehörde festgesetzt werden. „Das sind Steuergelder“, gab ein Bahnvertreter zu bedenken.
Enteignung als letztes Mittel
Deshalb würden extra Wertgutachten erstellt. „In einem dicht besiedelten Gebiet erzeugt das immer Betroffenheiten“, bekennt die Bahn. Der hiesige Bund Naturschutz ist der Ansicht, dass bei einer technisch besseren und dichteren Bewirtschaftung der vorhandenen Gleise ein Neubau überflüssig wäre. Da berichtete eine Grafinger Pendlerin aber davon, „dass sich dann nur noch mehr Züge stauen würden“. „Das wird dann noch schlimmer“, befürchtet sie.
Ein älterer Mann trauerte im Gespräch mit der Ebersberger Zeitung um seinen Garten in Pierstling. Ein anderer wiederum hatte noch Hoffnung der ganz anderen Art: Bis das Projekt schließlich verwirklicht werde, könnten noch zehn Jahre vergehen. „Vielleicht lebe ich dann schon nicht mehr“, meinte er lakonisch.
Auf dem Öxinger Platz, gegenüber des Pfarrheims, hatten sich Vertreter der Bürgerinitiative Brennernordzulauf postiert, zu denen auch der Bahnkritiker Andreas Brandmaier gehört. Sie verteilten Flyer, forderten ein klares Nein zur Trasse Limone und baten um Spenden.