JU-Chef droht mit Nein zum Koalitionsvertrag: „CDU kein Kanzlerwahlverein“
Sonntag, 06. April, 18.00 Uhr: Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel (CDU), droht mit einem Nein zum Koalitionsvertrag. Winkel sagte in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“, „der Politikwechsel, für den die ganze Union, vor allem wir als Junge Union so sehr gekämpft haben und den die Menschen erwarten“, der müsse jetzt auch kommen. „Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt.“
Die Beschlüsse zum Sonderschuldenprogramm und der Lockerung der Schuldenbremse hätten nicht dem entsprochen, wofür die CDU im Wahlkampf eingetreten sei. Wenn die Union bei den anderen wichtigen Themen in den Koalitionsverhandlungen den Politikwechsel nicht schaffe, dann habe man ein Problem. „Um in einem Bild zu bleiben, dass Friedrich Merz 2021 verwendet hat: Dann ist die CDU insolvenzgefährdet.“
Winkel sagte: „Wir haben als Union in den vergangenen drei Jahren eine knallharte Opposition und einen knallharten Wahlkampf geführt.“ Angesichts der Probleme des Landes und dem Auftreten der Ampel sei das auch richtig gewesen. „Aber wenn man das so macht, dann muss auch klar sein, wie die Erwartungshaltung der Parteibasis und vor allem der Wähler ist: Es darf kein ‚Weiter So‘ geben.“ Das gelte „insbesondere bei den Themen, die den Wahlkampf geprägt haben: Migration, Wirtschaft, Bürokratieabbau“.
Auf die Frage, ob er gegen eine Koalition mit der SPD stimmen würde, wenn es hier keinen Politikwechsel gebe, antwortete der JU-Vorsitzende: „Alles andere entspräche ja dem Motto ‚Macht als Selbstzweck‘.“ Wenn die Union eine Koalition eingehe, „ohne dass der überfällige und versprochene Politikwechsel kommt, dann nimmt das Land massiven Schaden. Darum muss es doch gehen.“ Aber auch, wenn man es nur parteitaktisch sehen wolle: „Eine Regierung mit CDU-Kanzler, aber SPD-Inhalten wäre doch erst recht ein Konjunkturprogramm für die AfD.“ Die CDU sei kein Kanzlerwahlverein mehr".
Anders als die SPD lässt die Union ihre Mitglieder nicht direkt über den Koalitionsvertrag abstimmen. Die Entscheidung wird stattdessen in den Vorständen von CDU und CSU getroffen, wo die Junge Union ebenfalls vertreten ist. Ein Nein der JU würde den Koalitionsvertrag also nicht automatisch torpedieren, hätte aber politische Signalwirkung.
Immer stärkere AfD macht Union und SPD Sorgen
13.40 Uhr: Das historisch schlechte Abschneiden der CDU/CSU in der aktuellen Insa-Umfrage sorgt für Alarmstimmung bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD. Das berichtet das "Handelsblatt". Erstmals liegt die Union auf dem Niveau der AfD – ein Tiefschlag, wie es ihn in der Zeit zwischen Bundestagswahl und Regierungsbildung so noch nicht gegeben hat. Der Vertrauensverlust bei den Wählerinnen und Wählern ist spürbar – und wird parteiintern zunehmend als direkte Folge einer unklaren und zähen Verhandlungsführung gewertet.
CDU-Mann Jens Spahn sagte beim Betreten des Konrad-Adenauer-Hauses am Samstagmorgen, es gehe jetzt darum, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. "Es muss dem Land wieder besser gehen. Das ist das, was uns hier alle beschäftigt und wo wir versuchen, gute Kompromisse zu finden“, erklärt er gegenüber dem "Handelsblatt". SPD-Chefin Saskia Esken sieht in einer stabilen schwarz-roten Regierung eine Chance, dem Rechtsruck etwas entgegenzusetzen: „Wir müssen jetzt liefern.“ Auch SPD-Chef Lars Klingbeil fordert mehr Tempo, insbesondere bei der Entbürokratisierung und Planungsbeschleunigung – Trippelschritte könne sich das Land nicht mehr leisten.
Der Ton in den Gesprächen wird unterdessen sachlicher, aber auch ernster. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht von viel Einigungsbereitschaft – gerade bei den dicken Brocken, die jetzt auf dem Tisch liegen: Migration, Steuerpolitik, Haushaltsfragen. Er betont, es gehe nun darum, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur parteipolitisch, sondern mit Blick auf das ganze Land.
Die Zeit drängt. Nach Einschätzung der Unterhändler könnte die kommende Woche bereits entscheidend sein. Bis spätestens Ende der Woche soll der Koalitionsvertrag stehen.
Absturz setzt sich fort! Union erstmals gleichauf mit der AfD
Samstag, 05. April, 07.16 Uhr: Laut dem aktuellen Insa-Sonntagstrend der "Bild" fällt die CDU/CSU auf 24 Prozent und liegt damit erstmals gleichauf mit der AfD – ein historisches Tief. Seit März hat die Union sechs Prozentpunkte eingebüßt. Insa-Chef Hermann Binkert nennt das einen „Zustimmungsverlust wie nie zuvor in der Zeit zwischen Bundestagswahl und Regierungsbildung“. Viele Wähler seien enttäuscht über die bisherige Verhandlungsführung der Union. Die AfD hingegen legt weiter zu.
Umfrageergebnisse im Überblick:
- CDU/CSU: 24 Prozent (−2)
- AfD: 24 Prozent (+1)
- SPD: 16 Prozent (±0)
- Grüne: 11 Prozent (−1)
- Linke: 11 Prozent (+1)
- BSW: 4 Prozent (±0)
- FDP: 4 Prozent (±0)
Koalitionen wären derzeit nur in Dreierbündnissen mehrheitsfähig. Eine Zusammenarbeit mit der AfD lehnt Friedrich Merz weiter strikt ab.
Sitzungswoche des Bundestags abgesagt – Linke und Grüne üben Kritik
Freitag, 04. April, 10.43 Uhr: Die Sitzungswoche des Bundestags in der kommenden Woche ist nach Informationen von t-online auf Wunsch von Union und SPD abgesagt. AfD und Linke protestieren gegen den Schritt, auch die Grünen üben Kritik.
"Es ist ein Affront, dass der neue Bundestag nächste Woche nicht wie geplant einberufen wird", sagte Christian Görke, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Fraktion, dem Nachrichtenportal t-online. "Während der Koalitionsverhandlungen soll politisch Grabesruhe herrschen, die Opposition soll nur nicht stören – das ist ein Unding." Dabei sieht Görke dringenden Gesprächsbedarf. "Die Zollpolitik des US-Präsidenten, die unter der Schuldenlast ächzenden Gemeinden und die unbezahlbaren Mieten dulden keinen Aufschub."
Auch die Grünen sehen die Aussetzung der Sitzungswoche kritisch. "Uns geht es nicht darum, dass wir unmittelbaren Bedarf für Plenarsitzungen nächste Woche haben", sagte Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, zu t-online. "Aber wir sagen ganz klar, dass es eine Hängepartie gerade in diesen Zeiten nicht geben darf." Die Grünen hätten noch zum Ende der letzten Wahlperiode mit dafür gesorgt, dass es die finanziellen Handlungsspielräume gebe, um den aktuellen Herausforderungen angemessen zu begegnen. "Nun sind Union und SPD gefragt, das entsprechend umzusetzen."
Laut Sitzungskalender war eigentlich vorgesehen, dass der Bundestag vom 7. bis 11. April zusammenkommt. Im Ältestenrat am Freitagmorgen fiel dann die Entscheidung, das Parlament doch nicht einzuberufen. CDU/CSU und SPD haben im neuen Bundestag eine Mehrheit, zurzeit befinden sie sich in Koalitionsverhandlungen.
Union stürzt in neuer Umfrage drei Punkte nach unten – AfD holt kräftig auf
18.00 Uhr: Mitten in den Koalitionsverhandlungen verliert die Union laut einer Umfrage deutlich an Zustimmung unter den Wahlberechtigten – die AfD legt kräftig zu. Wenn schon am Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, kämen CDU und CSU gemeinsam auf 26 Prozent (-3), wie aus dem ARD-"Deutschlandtrend" hervorgeht. Sie fällt damit auf den tiefsten Wert in der Umfragereihe seit Oktober 2022. Die AfD erreicht hingegen mit 24 Prozent (+3) einen Höchststand. Auch eine Forsa-Umfrage hatte die AfD zuletzt nur noch einen Punkt hinter der Union gesehen.
- CDU/CSU 26 Prozent (-3)
- AfD 24 Prozent (+3)
- SPD 16 Prozent (unverändert)
- Grüne 11 Prozent (-1)
- Linke 10 Prozent (+1)
- BSW 4 Prozent (-1)
- FDP 4 Prozent (+1)
- Sonstige 5 Prozent (unverändert)
Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen erwartet eine deutliche Mehrheit der Befragten (79 Prozent) an das Zustandekommen des Bündnisses zwischen Union und SPD, nur 14 Prozent glauben das eher nicht. Gleichzeitig machen sich 20 Prozent sehr große und 53 Prozent große Sorgen darüber, dass die Parteien auf drängende politische Fragen keine gemeinsame Antwort finden; 19 Prozent machen sich darüber wenig und 4 Prozent gar keine Sorgen.
Für die Umfrage befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Auftrag des ARD-«Deutschlandtrends» zwischen 31. März und 2. April 1.334 in Deutschland Wahlberechtigte ab 18 Jahren. Die Schwankungsbreite liegt bei 2 bis 3 Prozentpunkten.
CDU-Bundesvize Prien optimistisch bei schwarz-roten Koalitionsgesprächen
Donnerstag, 3. April, 10.43 Uhr: Die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD gehen weiter: Am Vormittag kamen Spitzenverhandler der drei Parteien in der SPD-Zentrale in Berlin, dem Willy-Brandt-Haus, an. Nach getrennten Vorbesprechungen sollten die gemeinsamen Verhandlungen dem Vernehmen nach den Tag über in wechselnden Runden und Konstellationen weitergehen.
CDU-Bundesvize Karin Prien sagte vor der Fortsetzung der Gespräche, man komme Schritt für Schritt und gut voran. "Es ist mühsam im Detail, aber insgesamt gibt es den gemeinsamen Willen, jetzt wirklich in allen Politikbereichen zu guten Ergebnissen zu kommen."
Prien äußerte sich auch optimistisch zum weiteren Zeitplan: "Ich denke, das werden wir Richtung Ende der Woche auch weitgehend zum Abschluss bringen können", sagte Prien. Als entscheidender Knackpunkt galten zuletzt nach wie vor die Finanzen.
Bamf-Chef sorgt mit Vorschlag für Empörung bei den Grünen
14.00 Uhr: Der Vorschlag des Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, individuelle Asylprüfungen durch humanitäre Aufnahmen über Kontingente zu ersetzen, sorgt für nachhaltige Empörung bei den Grünen. "Wir gehen davon aus, dass das bewusste Infragestellen von tragenden Grundsätzen unserer Verfassung auch Dienstaufsichtsbeschwerden zur Folge haben wird", sagte der Innenpolitiker Konstantin von Notz der Deutschen Presse-Agentur.
Hier stehe auch der Verdacht im Raum, dass sich Sommer mit seinen öffentlichen Äußerungen zum Asylrecht "vorsätzlich und unzulässig in die aktuellen Koalitionsgespräche einmischt". Auch dies könne das Bundesinnenministerium, dass die Fach- und Rechtsaufsicht über das Bamf ausübt, nicht ignorieren.
"Ohne Not unsere Seele verkaufen": Schwache Umfragewerte sorgen für Unruhe in CDU
12.59 Uhr: In der CDU sorgt die aktuelle Schwäche in den Umfragen für Unruhe. Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, äußerte sich im "Handelsblatt" besorgt darüber, dass der Abstand der Unionsparteien zur AfD in Umfragen immer kleiner wird. "Die aktuelle Entwicklung ist mindestens hoch problematisch und gefährlich", sagte Radtke. Als Konsequenz fordert der Europaabgeordnete eine "ehrliche Analyse" des Bundestagswahlergebnisses und der Wahlkampfstrategie.
"Wir müssen selbstbewusst erklären, warum wir tun, was wir tun", forderte Radtke - etwa, dass in die Verteidigung des Landes investieren werden müsse, auch um zu "verhindern, dass unsere Kinder einmal russisch lernen müssen".
Radtke rief dazu auf, dem Parteivorsitzenden und möglichen nächsten Kanzler Friedrich Merz den Rücken zu stärken. Dabei müssten auch Kompromisse in den Koalitionsverhandlungen erklärt werden. Die Partei dürfe "nicht den Eindruck erwecken, als hätte die CDU eine absolute Mehrheit errungen und wir würden gerade ohne Not unsere Seele verkaufen".
Auch die Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann (CDU), rief zu Geschlossenheit auf. "Die Unkenrufe schon vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen bringen niemanden weiter am wenigsten das Land", sagte die CDU-Politikerin dem "Handelsblatt". Die Union stehe für einen Politikwechsel, könne sich aber erst in der Regierung beweisen.
In einer am Dienstag von RTL und ntv veröffentlichten Forsa-Umfrage war die AfD fast an die Union herangerückt: CDU/CSU kamen auf 25 Prozent, die AfD auf 24 Prozent.
"Tägliches Wechselbad" nennt Esken Verhandlungen mit CDU - und erwartet keine rasche Einigung
Mittwoch, 2. April, 09.26 Uhr: SPD-Chefin Saskia Esken äußert sich optimistisch über die Koalitionsverhandlungen mit der Union - erwartet aber keine rasche Einigung.
"Ich bin überzeugt, dass wir in die nächste Woche gehen werden, da ist noch viel zu tun", sagte Esken vor einer weiteren Gesprächsrunde in Berlin. Die Gespräche kämen voran. "Ja, es ist, wie soll ich sagen, ein tägliches Wechselbad, weil immer noch sehr, sehr unterschiedliche Parteien verhandeln", sagte die Sozialdemokratin. "Und gleichzeitig spüren wir eine große Verantwortung."
SPD und Union kämen sich in allen Punkten deutlich näher. "Das stimmt wirklich hoffnungsfroh, nicht für uns, sondern für das Land, für die Menschen."
Dobrindt: "Wir stellen da Bewegung fest"
Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu den Verhandlungen über Finanzfragen. "Wir stellen da Bewegung fest", sagte Dobrindt. "Für uns ist entscheidend, dass Einsparpotenziale realisiert werden. Vorschläge dazu, die liegen dann auf dem Tisch und müssen diskutiert werden." Es gehe nicht darum, Zeitdruck aufzubauen, sondern die Punkte sauber abzuarbeiten. "Wir wollen da auch keinen Dissens entstehen lassen, der ungelöst ist und später Schwierigkeiten bereitet." Es brauche Zeit, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.
Gespräche in der großen Runde Zuvor hatte es Mutmaßungen gegeben, dass noch diese Woche eine Einigung der möglichen Koalitionspartner in zentralen Punkten gelingen könnte. Heute soll in der Hauptverhandlungsgruppe gesprochen werden. Ihr gehören 19 führende Vertreter der drei Parteien an, neben Dobrindt, Esken und dem SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil sind das auch CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder.
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