Telekom legt Glasfaserausbau in Peiting auf Eis: Bürgermeister reagiert sauer – „spürbare Arroganz“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schongau
  4. Peiting

Kommentare

In Peiting wird es noch dauern, bis im Hauptort die Baggerarbeiten für den Glasfaserausbau starten. Die Telekom hat ihre Ausbaupläne auf Eis gelegt (Symbolfoto). © dpa

Bis 2028 wollte die Deutsche Telekom die Marktgemeinde Peiting quasi flächendeckend mit Glasfaseranschlüssen versorgen. Doch nach der werbewirksamen Ankündigung vor zwei Jahren hat das Unternehmen nun die Ausbaupläne auf Eis gelegt. Der Ärger im Rathaus ist groß.

Peiting – Es war im November 2022, als Peitings Bürgermeister Peter Ostenrieder zu einem Pressetermin ins Rathaus geladen hatte. Am Tisch in seinem Büro saßen der Telekom-Regionalmanager Klaus Strauß und Josef Scherl, seines Zeichens Konzernbevollmächtigter Süd des Unternehmens. Hinter den drei Männern hatte man ein magentafarbenes Werbebanner aufgestellt. „Jetzt schnelles Internet. Wir investieren und bauen für Sie das Netz der Zukunft“, stand dort zu lesen.

Die Stimmung war gelöst, schließlich war der Anlass für den hohen Besuch aus Sicht der Gemeinde ein erfreulicher. Wenige Wochen zuvor war im Gemeinderat bekannt geworden, dass der Telekommunikationsriese im Rahmen der Markterkundung seinen Hut für den Gigabitausbau der Gemeinde in den Ring geworfen hatte. Knapp 3000 Adressen, die bislang nur per Kupferleitung oder TV-Kabel ans Internet angeschlossen waren, wollte das Unternehmen auf eigene Kosten bis 2028 mit einem Glasfaseranschluss ausstatten.

Daran ließ Scherl bei seiner Stippvisite keinen Zweifel. In den vergangenen Jahren habe man den „Volkswagen für alle gebaut, jetzt kommt der Sportwagen“, verglich er und schwärmte vom „Netz der Ewigkeit“, das die Gemeinde ab 2025 binnen drei Jahren bekomme. Schließlich zückten er und der Rathauschef die Stifte, lächelten fürs gemeinsame Foto, ehe sie die entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten.

Das Lachen ist dem Bürgermeister allerdings längst vergangen. Vor einem Jahr teilte die Telekom mit, dass der Startschuss für den Ausbau nun erst 2027 fallen solle, am Abschluss der Arbeiten bis 2028 halte man aber fest, hieß es. Vielleicht hätte man da schon hellhörig werden können, doch bei der Gemeinde verließ man sich darauf, dass die Telekom ihre Zusage einhalten würde.

Peiting ist kein Einzelfall

Als man im Frühjahr dieses Jahres zufällig über eine Veröffentlichung der Telekom stolperte, in der die eigenwirtschaftlichen Ausbaugebiete in der Region verzeichnet waren, wurde man im Rathaus jedoch stutzig. Denn der Markt Peiting fehlte auf dieser Liste. „Wir haben daraufhin bei der Telekom nachgefragt“, sagt Ostenrieder. Erst dadurch habe man erfahren, dass der Ausbau zwar weiter geplant sei, aber man keinen Zeitraum und keinen Umfang mehr nennen könne.

In mehreren Gesprächen auf verschiedenen Ebenen versuchte der Rathauschef in den vergangenen Monaten, auf die Einhaltung der schriftlichen Vereinbarung zu pochen. Ohne Erfolg. Auch wenn der sogenannte „Letter of Intent“ keine Rechtskraft habe: „Von einem immer noch zu einem Viertel in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen und seinen Mitarbeitern muss ich erwarten können, dass ich mich auf Zusagen verlassen kann“, ärgert sich Ostenrieder.

Peiting sei hier kein Einzelfall, derzeit ergehe es vielen weiteren Kommunen in Bayern so, weiß Ostenrieder. Ein Beispiel aus der Region ist Schwabsoien. Dort hatte die Telekom Mitte vergangenen Jahres ebenfalls eine Absichtserklärung für die Erweiterung des Glasfasernetzes ab 2027 abgegeben, wollte zuletzt aber keine Garantien für Art und Umfang des Eigenausbaus mehr geben (wir berichteten).

Kritik am Förderprogramm

Nachdem die Telekom ihren eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau in Peiting auf unbestimmte Zeit verschoben hat, bleibt der Gemeinde noch der Weg über die Förderprogramme von Bund und Land, um die Breitbandlücken zu schließen. Das hatte man in der Vergangenheit bereits mehrfach erfolgreich praktiziert. Doch was gut klingt, erwies sich in der Praxis zuletzt als Sisyphos-Arbeit. 2022 und 2023 ging die Gemeinde nach aufwendigen Markterkundungsverfahren leer aus. Das erste Mal war der Geldtopf bereits leer, bevor die Frist abgelaufen war, beim zweiten Anlauf scheiterte eine Förderung am hohen eigenwirtschaftlichen Ausbaupotenzial und der Tatsache, dass man in Peiting bereits gut mit schnellem Internet versorgt ist. „Wir werden jetzt dafür bestraft, dass wir immer vorn aktiv dabei waren“, ärgert sich Bürgermeister Peter Ostenrieder. „Die Frage muss schon erlaubt sein, ob das dem Ansinnen entspricht, das in München und Berlin mit der Notwendigkeit von flächendeckendem Glasfaserausbau gepredigt wird?“ Wann also auch die letzte Kupferleitung im Ort durch Glasfaser ersetzt sein wird, steht derzeit in den Sternen. Aufgeben will man die Bemühungen im Rathaus trotz der Rückschläge nicht. Eine moderne digitale Infrastruktur werde für die künftige Entwicklung eines Orts und seiner Bürger immer wichtiger, betont Ostenrieder. „Deshalb wird der Markt Peiting auch künftig gemeinsam mit seinen beratenden Ingenieuren immer ausloten, ob es neue Möglichkeiten und Ansätze gibt.“

In den Gesprächen habe die Telekom ihr Vorgehen unter anderem damit verteidigt, dass man gezwungen sei, nur noch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten auszubauen. „Interessant ist dabei, dass die Telekom dort sehr lebendig baut, wo andere Anbieter ein Glasfasernetz bereits verlegt haben und anbieten können“, stellt Ostenrieder fest. Das sei im Umfeld von Peiting so, aber zum Beispiel auch im Bereich München, wo Gebiete von M-Net durch die Telekom ein weiteres Mal überbaut werden. Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation kritisierte jüngst den strategischen Doppelausbau der Telekom als „ein zentrales Problem im Glasfaserausbau“.

Pikant in diesem Zusammenhang: In Peiting hatte sich 2022 mit „Unsere Grüne Glasfaser“ ein weiteres Unternehmen gemeldet, welches Interesse am Bau eines Glasfasernetzes bekundete. Das Angebot zog die Firma später zurück, nachdem die Telekom ihre Absichten für einen Ausbau bekräftigt hatte.

Telekom weist Vorwurf zurück

Den Vorwurf, dass man sich so der Konkurrenz entledigt habe, weist diese freilich entschieden zurück. Es stehe jedem Telekommunikationsanbieter frei, zu jeder Zeit ein Netz aufzubauen, verweist Telekom-Sprecherin Lena Raschke auf die Gesetzeslage. Man selbst baue, „was der Bagger hergibt“, sowohl in städtischen Gebieten als auch in ländlichen Regionen. „Zwei von drei Glasfaserleitungen werden von und mit der Telekom gebaut.“

Dass man in Peiting nun nicht wie angekündigt aktiv werde, sei den geänderten Rahmenbedingungen in der Branche geschuldet. Höhere Material- und Lohnkosten, steigende Zinsen und Fachkräftemangel würden dazu führen, dass man die Planung an die „Dynamik des Markts“ anpassen müsse. Im Fall der Marktgemeinde bedeute das, dass man das Projekt zeitlich nach hinten verschieben müsse. „Der Ausbau wird aber nicht abgesagt“, betont Raschke. Die Verzögerung lässt sich aus Sicht der Telekom verschmerzen. Schließlich sei schnelles Internet mit bis zu 250 Megabit pro Sekunde bereits heute in großen Teilen des Gemeindegebiets verfügbar, so die Pressesprecherin.

Dass man in Sachen Breitbandversorgung in Peiting aktuell vergleichsweise gut aufgestellt ist, will auch der Bürgermeister nicht bestreiten. Tatsächlich sei es gar nicht die Verschiebung des Glasfaser-Ausbaus, die ihn so sehr ärgere, so Ostenrieder. „Es ist das Sich-Nicht-Rühren und die neue, spürbare Arroganz eines Partners, mit dem wir bisher immer auf Augenhöhe sprechen konnten. Diese Zeiten sind wohl vorbei. Man könnte sagen, es war viel Gefasel um wenig Glasfaser.“

Auch interessant

Kommentare