Gnadenhochzeit: Moosburger Paar ist seit 70 Jahren verheiratet – Amerika half ihrer Liebe auf die Sprünge
Sophie und Hans Klessinger aus Moosburg feierten kürzlich Gnadenhochzeit. Seit 70 Jahren sind sie verheiratet und haben sich gemeinsam noch einmal verliebt: in die USA.
Moosburg – „Wir brauchen uns nur anschauen, dann weiß jeder, was der andere grad braucht.“ So simpel und gleichermaßen berührend beschreibt Sophie Klessinger den Alltag mit ihrem Ehemann Hans. Er sitzt neben ihr am Wohnzimmertisch und lächelt seine Sophie einfach nur an. Das Moosburger Ehepaar hat kürzlich ein Jubiläum gefeiert, das nur wenigen vergönnt ist: die Gnadenhochzeit.

Kennengelernt beim Motorradtreffen
Vor 70 Jahren gaben sich die beiden das Ja-Wort, nachdem die US-Amerikaner ihrer Liebe ein wenig auf die Sprünge geholfen hatten. Das kam so: 1948, drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, war sowohl in Freising als auch in Moosburg die von den Amerikanern initiierte Jugend- und Kulturorganisation „GYA“ (German Youth Activities) tätig. Bei einem solchen GYA-Ausflug zu einem Motorradrennen traf Sophie zum ersten Mal auf den gebürtigen Freisinger Hans. Die beiden fanden sich sympathisch, schnell entwickelte sich eine Freundschaft. „Es fuhren ja kaum Züge und Telefon gab es auch noch nicht, deshalb haben wir uns Briefe geschrieben“, erinnert sich die 92-Jährige, und auch daran, dass die Zeit bis zur neuen Währung eine äußerst schlechte gewesen war. „Schee langsam“, wie ihr Mann Hans (96) sagt, sei daraus dann eine Beziehung gewachsen.
Stolz auf drei Enkel und vier Urenkel
Nach der Verlobung im Jahr 1953 gaben sich die beiden dann am 28. August 1954 in der Pallottinerkirche in Freising das Ja-Wort. Während Hans Klessinger zuerst als Kämmerer, dann als Geschäftsleiter Karriere im Moosburger Rathaus machte, gab Sophie ihren Beruf als Schneiderin auf, um sich um den Nachwuchs im Hause Klessinger zu kümmern und die zwei Söhne Hans und Michael großzuziehen. Inzwischen ist die Familie freilich noch größer geworden: Drei Enkel und vier Urenkel sind der ganze Stolz der beiden Jubilare.

Die beiden sind nicht nur Familienmenschen, sondern teilen auch eine große Leidenschaft für das Reisen. Davon können sie heute noch ausführlich erzählen, so lebendig und frisch sind die Erinnerungen daran immer noch. Vor allem die USA haben es ihnen angetan: Insgesamt stiegen Sophie und Hans zehn Mal in das Flugzeug, um Land und Leute kennenzulernen.
Vor der Jurte heulten die Wölfe
Auf einer Landkarte hat Sophie Klessinger alle Staaten rot angestrichen, die sie erkundet haben – und das sind tatsächlich die meisten. „Wir waren überall. In den großen Naturparks wie dem Grand Canyon, am Grab von John F. Kennedy und auch in Graceland“ erzählt Sophie, geradeso, als wären sie erst gestern wieder aus dem Flieger gestiegen.
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In der Grand Ole Opry in Nashville haben sie auf der Bühne die amerikanische Nationalhymne gesungen, im Weißen Haus auf den Spuren der Präsidenten durch die beeindruckenden Räume geschritten und in Las Vegas sind sie einst an einem Spieltisch gesessen. Während Sophie Klessinger davon erzählt, blättert sie in Fotoalben, die bis zum Rand gefüllt sind mit Schnappschüssen, Tickets und Reiseführern.
Möglich wurde diese große Amerika-Erkundung ab Ende der 1970er-Jahre durch ein befreundetes Ehepaar in den Staaten und durch die Moosburger Städtepartnerschaft mit Rochester im Bundesstaat Minnesota. Doch nur bei Nordamerika blieb es nicht: Die Klessingers reisten auch nach Brasilien, nach China, Russland und in zahlreiche andere Länder. In der Mongolei schliefen die zwei etwa in einer Jurte, während, so erinnert sich der 96-jährige Hans, draußen die Wölfe heulten.
Bis vor Corona noch gereist
Sie haben Unzähliges erlebt in 70 gemeinsamen Jahren. Doch was ist eigentlich das Geheimnis einer so langen Ehe? Sophie erklärt es so: „Man braucht gemeinsame Interessen und man muss auch Schicksalsschläge überwinden.“
Und auch das merkt man im Gespräch mit den beiden: Sie kümmern sich um einander und sind glücklich, soviel in ihrem gemeinsamen Leben erlebt zu haben. Bis vor der Corona-Pandemie sind sie sogar noch gereist. Aber langsam werde vieles doch zu anstrengend. „Aber wir haben sehr viele Erinnerungen, die wir nicht missen möchten“, sagt Sophie. Und Hans lächelt.