Landeskirche setzt Tölzer Dekan Soffel ab: 58-Jähriger wehrt sich gegen Anschuldigungen
Der Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern hat am Freitag seine Entscheidung mitgeteilt, dass Dekan Heinrich Soffel (58) seinen Dienst im Dekanatsbezirk Bad Tölz sowie in der Kirchengemeinde Bad Tölz nicht mehr wahrnehmen kann.
Bad Tölz – Als Grund wird eine „nachhaltige Störung“ genannt. Wie berichtet, darf Soffel seit Anfang 2023 sein Amt wegen der Untersuchungen nicht mehr ausüben. Es gab „intensive Vermittlungsversuche und Gespräche mit den Beteiligten vor Ort“, heißt es jetzt in einer Pressemitteilung der Landeskirche. Es habe eine „umfassende Untersuchung“ durch einen Juristen des Landeskirchenamts gegeben. Bei der Entscheidung handle es sich nicht um ein Disziplinarverfahren. „Es liegen keine disziplinar- oder strafrechtlich relevanten Vorwürfe vor.“ Mit „nachhaltige Störung“ beschreibe man im kirchlichen Dienst anhaltende Unstimmigkeiten oder Konflikte, die die Ausübung des Dienstes beeinträchtigen. „Es ging und es geht nicht um die Frage von Schuld.“
Regionalbischof: „Konflikt konnte nicht beigelegt werden“
Auf Nachfrage unserer Zeitung bezieht sich der neue Regionalbischof Thomas Prieto Peral auf eine Kirchenvorstandssitzung im April 2022, in der es zum Streit um die Betreuung von Schulkindern und um die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine im Gemeindehaus ging. Die Berichterstattung über die umstrittenen Entscheidungen „habe den Konflikt noch weiter eskalieren lassen“. Die Kirchenleitung hätte schon früh versucht zu vermitteln, auf die Versuche sei aber nicht eingegangen worden. „Der Konflikt konnte trotz vieler Gespräche nicht beigelegt werden. Das Verhältnis zwischen den Beteiligten blieb zerrüttet.“ Deshalb soll es nun einen Neustart geben. „Die Personalabteilung wird mit Herrn Soffel einen möglichen neuen Einsatz suchen.“ Allerdings, so wird darauf hingewiesen, bestehe für Soffel die Möglichkeit, gegen den Beschluss Rechtsmittel einzulegen.
Soffel: „Tölz ist keine gespaltene Gemeinde“
Im Telefongespräch mit unserer Zeitung zeigte sich Soffel am Freitag „irritiert“. Von der Entscheidung habe er im Vorfeld keine Kenntnis erhalten. Seit 390 Tagen dürfe er nicht arbeiten. „Ich würde gerne in Bad Tölz bleiben“, sagt Soffel. „Tölz ist keine gespaltene Gemeinde.“ Besagte Kirchenvorstandssitzung im April 2022 schildert Soffel aus einer anderen Perspektive. Zwar sei diese Sitzung „schwierig gewesen“ und es sei „emotional diskutiert worden“, doch die Beschlüsse seien dann einstimmig gefallen. Bei der Frage zur Flüchtlingsunterbringung hätten Brandschutzauflagen die entscheidende Rolle gespielt. Wie damals berichtet, wandten sich nach der Sitzung Zuhörerinnen mit Vorwürfen an Soffel an unsere Zeitung. Der Konflikt sei dann „aufbauscht worden“, findet der 58-Jährige.
Der Dekan fühlt sich ungerecht behandelt
Zu Jahresbeginn 2023 war vom Landeskirchenrat das „Verfahren der nachhaltigen Störung“ eingeleitet worden. Seither hat Soffel keine dienstlichen Aufgaben mehr wahrnehmen dürfen. „Sowohl der Kirchenvorstand als auch der Dekanatsausschuss haben gesagt, dass sie dieses Verfahren nicht wollen“, sagt Soffel. Nur fünf Personen und der damalige Regionalbischof, jetzt Landesbischof Christian Kopp, hätten es angestrengt. Soffel fühlt sich ungerecht behandelt. Der 58-Jährige beklagt auch, dass im Laufe der Untersuchungen nicht mit ihm gesprochen wurde. „Ich habe Mails geschrieben, aber keine Antwort bekommen.“ Der Situationsbericht des Regionalbischofs sei von Zeugen widerlegt worden. Soffel bestätigt, dass eine Mediation vorgeschlagen wurde. „Als ich zugestimmt hatte, kam plötzlich die Antwort: Das ist viel zu teuer.“
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Anonymer Hetzbrief im Oktober 2022
Der Pfarrer sieht sich als Opfer einer Kampagne. Im Oktober 2022 habe es einen anonymen Hetzbrief gegen ihn in Tölz gegeben. Schließlich seien Mitglieder des Kirchenvorstands eingeschritten, „weil das Mobbing ist“, sagt Soffel. „Ich werde hier verdächtigt, schlimme Dinge gemacht zu haben. Das ist alles gar nicht wahr.“ Es kränke ihn auch sehr, wie die Kirche mit ihm umgehe. Für einen Arbeitgeber sei das „kein guter Stil“.
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Landeskirche weist Vorwürfe zurück
Die Landeskirche weist Soffels Vorwürfe zurück. Der Beschluss sei in der Sitzung am 20. Februar 2024 gefallen, und am 21. Februar sei dies Soffels Anwalt schriftlich mitgeteilt worden. Dieser hätte sich anschließend in einem mehrseitigen Schreiben dazu geäußert, sagt Philipp Bäumer, persönlicher Referent von Regionalbischof Thomas Prieto Peral. Dessen Amtsvorgänger Christoph Kopp hätte im Laufe des Verfahrens mehrfach versucht, mit Soffel zu sprechen. „Herr Soffel hätte auch jederzeit zurückrufen können“, sagt Bäumer. Dies sei nur ein Beispiel, das zeige, „wie festgefahren die Situation in Tölz ist“.
Vertrauensfrau im Kirchenvorstand steht zu Soffel
Sandra Büttner ist Vertrauensfrau im Tölzer Kirchenvorstand, der aus zehn Ehrenamtlichen besteht. Ihrer Einschätzung nach gab es auf zwischenmenschlicher Ebene Konflikte. „Persönlich schätze ich Herrn Soffel und habe gerne mit ihm zusammengearbeitet“, sagt Büttner. Aber sie wisse, dass es „nicht überall so gut geklappt hat. Die Konflikte ließen sich leider nicht beheben.“ Das seien „interne Themen“ gewesen. Es hätte wohl „einiges gebrodelt, was dann wie ein Katalysator war“.
Zukunft unklar
Und wie geht es jetzt weiter? Für Soffel ist der Versetzungsbeschluss eine „Bankrott-Erklärung der Landeskirche“. Er werde jetzt „auf das nächste Schreiben warten“. Die Landeskirche teilt mit, dass die beiden stellvertretenden Dekane Pfarrer Florian Gruber aus Wolfratshausen und Pfarrer Erwin Segel aus Miesbach die Vertretung im Dekanat übernehmen, zu dem rund 30 000 Protestanten in zwölf Kirchengemeinden gehören. Im Fachjargon sagt man, dass Soffel „in den Wartestand versetzt ist“. „Das heißt, er kann sich von sich aus auf Stellen bewerben“, sagt Philipp Bäumer. Man biete an, ihn dabei zu unterstützen. Sein Gehalt bezieht Soffel weiter, das tue er seit Aufnahme des Verfahrens. „Wir achten sehr darauf, dass alle Rechte von Herrn Soffel gewahrt bleiben.“ Dass der 58-Jährige in Tölz bleibt, wie er gerne möchte, werde nicht der Fall sein. Das Verfahren habe gezeigt, dass das Verhältnis so zerrüttet sei, dass für alle Beteiligten ein Verbleib im Dekanat keine gute Perspektive sei, so Bäumer gegenüber dem Tölzer Kurier.