Schritt für Schritt zur Maifeier: Burschen und Madln proben für den Maitanz
Vier Tänze zeigen sie am Maibaum - die Schritte müssen sitzen: Vor der Maifeier haben wir eine Tanzprobe in Wolfratshausen besucht.
Wolfratshausen – Michaela Wächter sieht geglückte Griffe und ein sauber laufendes Mühlrad. Der Laie sieht junge Trachtenträger bei fliegendem Partnerwechsel. Die Burschen und Madl der Kolpingfamilie Wolfratshausen proben ihren Maitanz. Zur Musik der Blaskapelle Eurasburg feilen sie an vier Tänzen, die sie am 5. Mai – an diesem Tag wird an der alten Floßlände gefeiert – erstmals vor Publikum zeigen wollen: die Sternpolka, den langsamen Walzer, der nicht Eingeweihten gar nicht so langsam vorkommt, der Boarische und das Mühlrad – ein höchst abwechslungsreicher und komplizierter Tanz. Die größte Herausforderung heben sich die Nachwuchstänzer für den Schluss auf.
Tanzlehrerin Wächter hält sich beim Besuch unserer Zeitung zurück. Sie steht zwar in der Mitte des Runds – „da, wo sonst der Maibaum steht“ – korrigiert aber nur, wenn es unbedingt nötig ist. Drei Proben haben die Trachtler noch, dann muss jeder Schritt, jeder Griff, jeder Blick sitzen. Während der Probe mit Livemusik wirbelt der Maitanznachwuchs das ganze Programm über das Parkett des Pfarrheims am Marienplatz. Am 5. Mai werden sie das in einheitlicher Tracht tun. „Weißes Hemd, graue Trachtenstrümpfe“, erklärt Robert Kneuer. Während der Probe halten sich die meisten an den Dresscode – es gibt nur vereinzelt Ausreißer. „Meine weißen Hemden sind in der Wäsche“, sagt Valentin Allgeyer. Deshalb trägt er heute eben blau. Ein anderer Tänzer kommt direkt aus der Arbeit zur Probe – und hat im Büro keine Tracht getragen.

Kolping probt den Maitanz: Mühlrad, Polka, Walzer und der Boarische
Mit 28 Paaren gingen die Proben Ende Februar los. Einen gewissen personellen Aderlass musste die Truppe verkraften. „Einer hat sich das Innenband gerissen“, erzählt Kneuer – beim Fußball, nicht beim Tanzen – ein paar sind erkältet, und Xaver Eiletz tanzt bandagiert: Er trägt einen Gips um den linken Unterarm. Der ist gebrochen. Aber klatschen, Hand halten, Drehungen: All das klappt trotz blauer Bandage. „Ihr dürft mich anfassen“, rät er den Frauen vor dem Mühlrad. Müssen sie auch – sonst klappt das mit den vielen Drehungen nicht.
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Tamina Erlacher tanzt diesmal allein. Ihr Partner ist auf Geschäftsreise – sie wollte die Probe aber auf keinen Fall verpassen. Sie nutzt die Zeit, um ihren Kollegen genau auf die Füße zu gucken – und findet: „Es sieht schon ganz gut aus.“ Mal abgesehen davon, dass einige Griffe ins Leere gehen, die finale Hebefigur im ersten Durchlauf gnadenlos scheitert und eine der zu hebenden Tänzerinnen einfach stehengelassen wird, sitzt schon relativ viel. Erlacher ist dementsprechend gelassen. „Es muss heute gar nicht alles perfekt sein: Wenn wir vor dem Baum stehen und Publikum dabei ist, dann ist die Anspannung eine ganz andere – da klappt dann alles.“ Maimadl Erlacher selbst kennt das Gefühl vor dem Baum. „Wir haben uns beim letzten Mal einmal vertanzt. Dann haben wir drüber gelacht, weitergemacht – und alles war gut.“ Einige der jüngeren Tänzer werden am 5. Mai erstmals vor Publikum stehen.
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Tanz in den Mai: „Wenn was schiefgeht, müsst ihr souverän bleiben“
Manchen sieht man während der Probe die Unsicherheit bei den Schritten noch an. „Wenn was schiefgeht, müsst ihr souverän bleiben. Macht ein entspanntes Gesicht, lächelt und tanzt einfach weiter – dann kriegt keiner mit, dass da ein Schritt falsch gewesen ist“, sagt Tanzlehrerin Wächter. Sie kennt die genaue Schrittfolge. Die Tänzer kennen sie auch, das Publikum nicht. Einfache Regel: Wer grinst und weitertanzt, sieht aus, als hätte er alles richtig gemacht.

An der Souveränität könnte der ein oder andere Tänzer noch arbeiten. Besonders fehleranfällig ist das Mühlrad. Zum Beispiel in dem Abschnitt, in dem die Burschen nach flotten Partnerwechseln und vielen Drehungen zurück zu ihrer eigentlichen Partnerin kommen. Dann dreht sich die ganze Truppe im Uhrzeigersinn und hält sich an den Armen. Die Herren fassen dafür mit ihrer linken Hand den rechten Arm der Partnerin. Klingt leicht, ist es aber offensichtlich nicht. „Wir haben Lücken“, stellt eine junge Tänzerin fest. Oberbursch Marinus Vogl teilt einen leichten Merkspruch, um die richtige Position zu finden: „Wir schauen nur unserer Partnerin aufs Dekolletee“, gibt er den Männern vor dem zweiten Durchlauf mit auf den Weg. Das gilt beim Tanz, und ist auch sonst im Leben bestimmt nicht von Nachteil.
Am 5. Mai wird um den Baum getanzt: „Ich finds total cool, dass die Tradition hier so wichtig ist“
Die Lehrerin setzt sich an den Rand der Tanzfläche auf einen Tisch und schaut von außen zu. „Wenn sie sich wohler fühlen, stelle ich mich beim richtigen Maitanz aber wieder in die Mitte“, verspricht die Tölzerin. Heute müssen es die Tänzer ohne ihr Zutun schaffen. Sie stellen sich zum Einzug auf, und Wächter hat Zeit für einen kurzen Plausch.
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Sie habe sich sehr gefreut, als die Anfrage der Kolpingfamilie kam, ob sie nicht bei den Tanzproben unterstützen könnte. „Ich find’s total cool, dass die Tradition den Jungs und Mädels hier so wichtig ist.“ Und zur Maibaumtradition gehört der Tanz einfach dazu wie das Festzelt, die Tracht und die Blasmusik.