Wohnen auf dem Land: „Auf Neues und Ungewohntes einstellen“
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VonClara Wildenrathschließen
Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Baukultur in Dietramszell hat eine Vortragsreihe über Wohnformen gestartet. Zur Premiere hatte die AG den Architekten Karlheinz Kagerer eingeladen.
Dietramszell – Wohnraum ist knapp und wird immer teurer – auch in ländlichen Gemeinden. Dazu kommt der demografische Wandel: „Einfamilienhäuser mögen für junge Paare mit Kindern die optimale Wohnform sein, für ältere Menschen sind sie weniger lustig“, erklärte Karlheinz Kagerer, Architekt aus Dietramszell. Sein Vortrag „Wohnformen heute“ bildete den Auftakt der Veranstaltungsreihe Forum Baukultur, die die gleichnamige Dietramszeller Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen hat. Rund 25 Interessierte – darunter alle drei Bürgermeister der Klostergemeinde, einige Gemeinderäte und Ex-Bürgermeisterin Leni Gröbmaier – folgten kürzlich im Humbacher Gasthaus Geiger seinen Ausführungen.
Die Kommune müsse umdenken, sagte Kagerer: „Es kann nicht Ziel sein, dass sich nur noch Reiche hier Wohnraum leisten können.“ Als Wohnform mit großem Potenzial für die Zukunft hob er insbesondere gemeinschaftliche Wohnprojekte hervor: nicht gewinnorientierte Zusammenschlüsse, die ein Gebäude gemeinsam planen, finanzieren, verwalten und bewohnen. Als erfolgreiches Beispiel nannte er den Pallaufhof in Münsing – ein durch eine Baugemeinschaft realisierter Mehrgenerationenkomplex, der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde.
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Gewachsene Strukturen der bäuerlichen Dörfer erhalten
Gemeinderat Ludwig Gröbmaier fragte, ob auch die Gemeinde als Träger oder Schirmherr für solche gemeinschaftlichen Wohnprojekte auftreten könne. Ein durchaus gangbarer Weg, befand Kagerer: Die Stadt München zum Beispiel vergebe beim Verkauf eigener Grundstücke einen Teil nicht nur nach Gebot, sondern nach dem interessantesten Wohnkonzept. Mit größerem Aufwand verbunden sei die Alternative, dass die Gemeinde als Bauherrin fungiere.
Gut und richtig sei es aber auch, betonte der Bauplaner, die gewachsene Struktur der bäuerlichen Dörfer zu erhalten. „Der Umgang mit dem prägenden Bestand ist baukulturell von großer Bedeutung.“ Nicht mehr benötigte Bauernhäuser könnten beispielsweise für alternative Wohnformen genutzt werden: „Instandsetzen verbraucht weniger Ressourcen, als neu zu bauen.“
Am Tiny House scheiden sich die Geister
Ob auch sogenannte Tiny Houses dazu beitragen können, Wohnprobleme zu lösen, darüber gingen die Meinungen auseinander. „Solche Minihäuser kommen rein baurechtlich bei uns nicht in Frage“, erklärte Bürgermeister Josef Hauser. Auch Kagerer sah wenig Vorteile in dieser neuen Wohnform. Im Publikum fanden sich dagegen zwei begeisterte Befürworterinnen, die insbesondere die Flexibilität und den geringen Flächenverbrauch hervorhoben. „Gesetzesnormen können sich ändern. Wir sollten uns keine Denkverbote auferlegen“, meinte Wolfgang Köster aus Bairawies und erntete dafür Beifall. Vielfältig und bedürfnisgerecht müssen neue Wohnformen sein, so lautete Kagerers Fazit. „Wir sollten uns auf Neues und Ungewohntes einstellen.“ (cw)
Info: Am Mittwoch, 12. Juni, findet der zweite Vortrag der Reihe „Forum Baukultur“ statt. Es geht um Heizung und Wärmedämmung.