Weil Amazon und Jungheinrich Flächen in Moosburg teils durchgehend beleuchten, wird ihnen Lichtverschmutzung vorgeworfen. Im FT beziehen die Firmen Stellung.
Moosburg – „Du meinst, es ist jeden Tag Vollmond.“ Hermann Seisenberger ist genervt. Der Moosburger wohnt an der Uppenbornstraße, sein Haus liegt in Sichtweite zum Gewerbegebiet Degernpoint. Weil sich dort immer mehr Firmen ansiedeln und deren Gelände beleuchtet werden, ist es in der Gegend nachts immer weniger dunkel. „Das ist eine Belästigung für Anwohner und eine grob fahrlässige Lichtverschmutzung“, ärgert sich der Rentner (71). Ans Freisinger Tagblatt gewandt hat sich Seisenberger, weil er sich gegenüber den verantwortlichen Betrieben ohnmächtig fühlt.
Namentlich nennt er hier zum einen Jungheinrich. Auf dessen noch relativ neuen Großparkplatz kann Seisenberger direkt sehen. Als das FT sich an einem Werktag gegen 22.30 Uhr selbst ein Bild verschafft, ist die etwa Fußballfeld-große Fläche voll beleuchtet, obwohl von den rund 250 Stellplätzen nur ein gutes Dutzend im vorderen Bereich belegt ist. Wie Seisenberger berichtet, hatte er sich vor längerer Zeit bei einem ihm bekannten Mitglied des Jungheinrich-Betriebsrats beschwert, dass die komplette Beleuchtung Tag und Nacht von Montag bis Sonntag durchbrenne. Als Rückmeldung habe es geheißen, dass die Anlage erst noch eingestellt werde. „Mittlerweile ist es etwas besser geworden, zumindest tagsüber wird abgeschaltet. Nachts bleibt‘s aber voll beleuchtet.“
Der Frust darüber hat bei Seisenberger dazu geführt, dass er den zweiten Konzern, über den er sich ärgert, erst gar nicht mehr kontaktiert hat: Amazon. Der Versandhändler unterhält seit 2024 nahe des Hagebaumarkts einen Parkplatz, auf dem Liefervans und Mitarbeiterautos stehen. Seisenberger: „Da brennt seit Oktober ununterbrochen das Flutlicht – selbst, wenn die Sonne scheint.“ Auch diese Beobachtung hat unsere Zeitung vor Ort überprüft. Der 71-Jährige findet: „Da kommst du dir als Bürger blöd vor, wo es doch heißt, dass Strom immer teurer wird und die Leute sparen sollen.“ Sein Eindruck ist, dass auch Vögel vom Dauerlicht verstört werden. „Die kennen sich nicht mehr aus.“
Das Problem mit der Lichtverschmutzung
Wer nachts mit dem Auto unterwegs ist, erkennt Ortschaften oft schon von Weitem, selbst wenn noch keine direkte Sichtverbindung besteht: der Lichtdom am Himmel darüber ist unübersehbar. Die Nachthelligkeit nimmt inzwischen weltweit um zwei bis sechs Prozent pro Jahr zu, haben Wissenschaftler berechnet. Das ist nicht nur wegen des hohen Energieverbrauchs ein Problem, sondern stört auch den Tag-Nacht-Rhythmus, dem Pflanzen, Tiere und Menschen unterworfen sind.
Das bekräftigt ein Experte: Aus Sicht von Wolfgang Willner, Kreischef des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), ist Lichtverschmutzung ein ernstes Thema und „ziemlich relevant“ für den Naturschutz. „Die Zunahme an Beleuchtung überall ist sehr schlecht für Insekten und sogar für Bäume, weil ihnen ständig Tag suggeriert wird.“ Nachtfalter etwa würden zu den Leuchtquellen gelockt, dort von normalem Verhalten abgelenkt und dann umkommen, auch weil sie leichter gefressen werden. Willner: „Es hat negative Einflüsse auf die gesamte Biosphäre und ist letztlich eine Energieverschwendung. Wenn kein Betrieb vorherrscht, muss man auch nicht beleuchten.“ Menschen würden ebenfalls unter dem Dauerlicht leiden: „Wenn ich Schlaf brauche und keine Jalousien habe, wird mein Melatoninausstoß beeinträchtigt und ich habe ständig einen gestörten Schlaf.“
Amazon und Jungheinrich beziehen Stellung zu Anwohnerkritik
Auf FT-Anfrage verweist Jungheinrich-Sprecher Frank Riedel auf den „sehr hohen Stellenwert“, den das Thema Energieverbrauchsreduzierung im Unternehmen habe. „Dies wird auch bereits auf dem Mitarbeiterparkplatz mitberücksichtigt.“ Die LED-Beleuchtung zum sicheren Bewegen auf dem Parkplatz sei zeit- und helligkeitsgesteuert und die Programmierung berücksichtige Arbeitsschichten und Veränderungen in Produktionszeiten. Man sehe „keinen weiteren Handlungsbedarf“.
Auch Amazon-Sprecher Steffen Adler verweist auf enorme Anstrengungen und Selbstverpflichtungen, CO2-neutral zu werden. „Gleichzeitig steht bei Amazon die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Partner immer und zu jeder Zeit an erster Stelle.“ Da rund um die Uhr gearbeitet werde, brauche es auch entsprechendes Licht. Adler räumt dazu ein: „Wir arbeiten aber bereits daran, die Beleuchtung zu reduzieren.“