Ende im Klima-Prozess: Aktivisten nach Protestaktion verurteilt

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Die Angeklagten im Gerichtssaal: Nach insgesamt vier Prozesstagen wurden die Aktivisten nun zu Geldstrafen und Sozialstunden verurteilt. © Rossmann

Nach insgesamt vier Verhandlungstagen ist der Klima-Prozess am Ebersberger Amtsgericht zu Ende gegangen. Die vier Aktivisten wurden zu Geldstrafen und Sozialdienst verurteilt.

Ebersberg – Schluss, aus, vorbei: Am Amtsgericht Ebersberg ist am Mittwoch der Prozess gegen vier Klimaaktivisten zu Ende gegangen, der sich über mehrere Verhandlungstage hingezogen hatte. Aus Protest gegen die Internationale Automobilmesse (IAA) hatten sich die Angeklagten 2021 von einer Brücke der A 94 abgeseilt.

Die Polizei musste die Autobahn damals sperren, weshalb sich die Aktivisten wegen Nötigung vor Gericht wiederfanden. Richter Dieter Kaltbeitzer verurteilte das Quartett, eine Studentin und drei Bürgergeld-Empfänger, zu Geldstrafen und Sozialstunden.

Aktivisten fordern Gericht weiter mit Anträgen und Einwänden heraus

Sichtlich geschrumpft war das Umfeld der Aktivisten beim Prozess am Mittwoch. Zum letzten Verhandlungstag hatten die Angeklagten nur zwei Berater mitgebracht. Das schien die Aktivisten nicht aus dem Konzept zu bringen. Auch ohne Zurufe verärgerter Anhänger und ohne Wahlverteidiger, die massenhaft Anträge ausdrucken, hielten sie das Gericht auf Trab.

Mit Seifenblasen und Transparenten demonstrierten die Angeklagten im Mai vor dem Amtsgericht in Ebersberg für die Verkehrswende. Auch im Gericht sorgten die Klimaaktivisten für Aufsehen.
Mit Seifenblasen und Transparenten demonstrierten die Angeklagten im Mai vor dem Amtsgericht in Ebersberg für die Verkehrswende. Auch im Gericht sorgten die Klimaaktivisten für Aufsehen. © Stefan Rossmann

Schon kurz nach Verhandlungsbeginn forderten sie eine Unterbrechung zur Akteneinsicht. Diesmal wollten die Aktivisten Bilder ihrer Abseil-Aktion einsehen, die bei Nachermittlungen der Staatsanwaltschaft aufgekommen waren. „Ich habe Ihnen die Bilder doch schon zukommen lassen“, entgegnete der Richter dem Antrag. „Wir wollen sie aber noch mal am PC ansehen“, lautete die Antwort von der Anklagebank. Weitere Forderungen regnete es zu den 20 Anträgen aus der Sitzung zuvor, die bis auf einen abgelehnt wurden.

Angeklagte legt sich mit Richter an: „Es ist wie in der Schule“

Bei der anschließenden Einschätzung des Jugendrichters (eine der Angeklagten war zum Tatzeitpunkt Heranwachsende) redeten die Angeklagten immer wieder dazwischen. Nicht selten musste Richter Kaltbeitzer die Aktivisten ermahnen. „Es ist wie in der Schule“, kommentierte eine Angeklagte dabei den erhobenen Zeigefinger des Vorsitzenden.

Dementsprechend patzig reagierte sie auch auf dessen Frage nach ihrem schulischen Werdegang. „Ich habe mich für wichtigere Dinge entschieden, und das läuft vielleicht nicht in den geregelten Bahnen, die Sie sich vorstellen.“ Das Auftreten der Angeklagten stieß dem Staatsanwalt mittlerweile sauer auf.

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Staatsanwaltschaft sieht Aktivisten für schuldig - Verteidigung fordert Freispruch

„Das Prozessverhalten zeugt von hoher Arroganz“, betonte er in seinem Plädoyer. Während er die Angeklagten für schuldig befand und eine Geldstrafe von 1350 Euro und 60 Sozialstunden forderte, plädierten die Verteidiger auf Freispruch. Ihrer Meinung nach ist es zu keiner Nötigung gekommen. „Den Autofahrern war es zu jeder Zeit möglich, durch die Rettungsgasse hindurch, an der Polizeisperre vorbei- und unter der Brücke durchzufahren“, argumentierte ein Wahlverteidiger.

Der Stau sei kein unüberwindliches Hindernis gewesen. Der Meinung waren auch die vier Angeklagten, die sich anschließend über den Prozess ausließen und ihre Ansichten zu Verkehrswende und Klimawandel mitteilten. „Ich möchte mich mit dem Klima beschäftigen, stattdessen muss ich mich mit der Justiz herumschlagen“, bemängelte eine Angeklagte. Einer anderen kullerten dabei Tränen über die Wangen.

Richter redet Aktivisten ins Gewissen: „Ich teile Ihre Ziele“

Richter Kaltbeitzer sprach das Quartett dennoch schuldig. Die angeklagte Heranwachsende bekam 40 Sozialstunden aufgebrummt, die anderen drei jeweils eine Geldstrafe – einmal 975 Euro, zweimal 675 Euro. Die Tagessatzhöhe setzte der Richter mangels Verdienst bei 15 Euro an.

„Ich teile Ihre Ziele. Aber um etwas zu erreichen, brauchen Sie die Bevölkerung. Das geht nur mit Aktionen, die nicht strafbar sind“, redete er den Aktivisten ins Gewissen. Doch die waren da schon aus dem Gerichtssaal gestürmt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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