„Die machen vor nichts Halt“: Bande plündert Friedhöfe - sie machen tonnenschwere Beute

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Kontrollgang durch Gräberreihen: Die Polizistinnen Christina Hecher, Janina Düker und Franziska Donath auf dem Friedhof in Nantwein. Unter anderem dort mehren sich Fälle von Diebstahl. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Manchen ist wohl gar nichts heilig: Auf Friedhöfen in der Region werden Figuren und Schmuck geklaut. Es geht um tausende Euro - und womöglich eine Bande.

Wolfratshausen/Geretsried – Der güldene Engel wachte schon einige Monate lang über das Grab. Seit einigen Tagen fehlt die kleine Figur auf der massiven, dunklen Marmorplatte. Womöglich würde man sie auch gar nicht mehr als Engel erkennen, weil sie längst eingeschmolzen ist. Seit einigen Wochen fehlen immer wieder Herzchen, Kreuze, Engelsfiguren und anderer Schmuck auf den Friedhöfen in Wolfratshausen. Skrupellose Diebe haben es nicht auf die Schmuckstücke selbst abgesehen, sondern auf wertvolles Metall wie Kupfer und Bronze. „Der Modus Operandi ist relativ neu in der Region“, sagt Polizeihauptkommissarin Franziska Donath. Seit Februar beobachtet sie, dass sich diese Fälle häufen.

Ihnen ist nichts heilig: Diebe sind auf Friedhöfen zugange - es geht um Tonnen von Rohstoffen

Sie schlendert gemeinsam mit ihren Kolleginnen Janina Düker und Christina Hecher über den Nantweiner Friedhof. Die drei sehen mehrere Gräber, auf denen relativ wertvoller Schmuck montiert ist. Im Schatten der Kirche St. Nantovinus erzählt Donath, was in der Polizeistatistik seit einigen Wochen auffällt: „Im Bereich Oberbayern Nord haben wir einen Schaden von mehreren 100 000 Euro“, sagt sie. Auf dem Nantweiner Friedhof waren es zuletzt vier Fälle, die bei der Polizei angezeigt wurden. Der Schaden liegt etwa bei 1400 Euro. In Waldram wurden mindestens drei Gräber beraubt.

„Dunkelziffer vermutlich noch deutlich höher“: Große Schäden wegen Friedhof-Dieben

„Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch deutlich höher“, vermutet Donath. Viele Fälle wurden vermutlich gar nicht angezeigt. Sie rät dringend dazu, die Taten der Polizei zu melden: „Wenn Täter gefasst werden, können wir das Diebesgut dann zuordnen“ – und die Polizei könne gezielter suchen. Wieso manche Angehörige von einer Anzeige absehen, dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. „Manche ersetzen die gestohlenen Figuren vielleicht einfach, und wollen sich nicht länger damit befassen.“ Bei den Opfern handelt es sich um Menschen, „die um ihre Angehörigen trauern – die würde das Ganze vielleicht nochmals aufwühlen. Für die Opfer sind diese Taten auch etwas sehr Emotionales.“ Dieser Aspekt – dass trauernde Menschen bestohlen werden – ist etwas, was viele schockiert. „Die machen vor nichts Halt“, sagt Donath.

Banden räubern auf Friedhöfen - Es gibt erste Festnahmen

Weil es sich bei den gestohlenen Gegenständen um Grabschmuck handelt, ermittelt die Polizei nicht nur wegen banaler Diebstahlsdelikte. „Es ist auch der Straftatbestand Störung der Totenruhe erfüllt“, sagt Janina Düker. Wurden Figuren mit religiösem Motiv mitgenommen, handelt es sich zudem um besonders schwere Fälle – genauso wie bei Schmuck, der fest montiert war an den Gräbern.

Solche Fälle gibt es nämlich auch: Die Täter kommen teilweise mit Werkzeug auf die Friedhöfe. Manchmal reicht schon ein Schraubenzieher, weiß Donath. „Das sieht man nicht sofort, der verschwindet schnell in einer Jackentasche.“ Das Vorgehen zeige deutlich, wie organisiert und gut vorbereitet die Täter sind. Möglicherweise sind es Banden oder Gruppen, die da über die Friedhöfe im Oberland ziehen und regelmäßig mehr oder weniger fette Beute machen. „Es gab schon Festnahmen in solchen Fällen“, sagt Donath.

„Vor ein paar Monaten noch auf Baustellen“: Rohstoff-Diebe auf Friedhöfen zugange

Die mutmaßlichen Täter waren osteuropäische Bandenmitglieder. Derzeit geht die Polizeihauptkommissarin davon aus, dass auch die Diebstähle in Wolfratshausen auf solche Gruppierungen zurückgehen. „Vor ein paar Monaten sind sie noch auf Baustellen eingebrochen und haben dort Metalle geklaut“, so Donath. Die Diebstähle auf Friedhöfen sind vermutlich deutlich einfacher: „Sie müssen nicht über Bauzäune klettern“, und kein Passant wundere sich, wenn jemand einen Friedhof betritt. Das sei bei Baustellen anders.

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Traurigerweise lohnen sich die Diebeszüge womöglich sehr: Bei der festgenommenen Gruppe gehe die Polizei von mehreren Tonnen Metall als Diebesgut aus, das eingeschmolzen und dann weiterverkauft wurde. „Es geht ihnen überhaupt nicht um den Gegenstand, den sie klauen – sondern nur darum, ob sie das Metall verkaufen können.“ Für die bestohlenen Angehörigen ist der finanzielle Schaden dementsprechend hoch. Janina Düker hat den eingangs erwähnten Fall vom gestohlenen Engel bearbeitet. „Der einen Wert um die 500 Euro“, weiß Janina Düker.

Auch in Geretsried gab es mehrere Fälle: Polizei bittet um Zeugenhinweise

Die Polizei bittet Friedhofsbesitzer, aufmerksam zu sein. „Manchmal hat man ein Gefühl, dass jemand nicht dort hingehört oder sich merkwürdig verhält“, erklärt Donath. In diesen Fällen empfiehlt sie einen Anruf bei der Polizei. Selbst wenn es ein harmloser Trauernder ist, der von den Uniformierten kontrolliert wird, „können wir erklären, warum wir ihn angesprochen haben – jeder Angehörige wird froh sein, dass wir aufmerksam mit den Diebstahlfällen umgehen“.

Die Grabräubereien im Oberland wurden auch in Geretsried bemerkt. Polizeikommissar Dominik Schmidt erklärt in einer Pressemitteilung: „In den vergangenen Tagen wurden mehrere Fälle von Grabschändung zur Anzeige gebracht.“ Auf dem Waldfriedhof an der Adalbert-Stifter-Straße hatte es der oder die Täter unter anderem auf Bronzefiguren abgesehen. „Die Figuren wurden teilweise maschinell entfernt, oder mit bloßer Gewalt abgerissen, oder versucht abzureißen.“

Zeugen können sich bei jeder Polizeidienststelle melden. Die Wolfratshauser ist erreichbar unter 0 81 71/ 4 21 10, die Inspektion in Geretsried hat die Rufnummer 0 81 71 /9 35 10.

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