Prost! Sieglinde und Lois heiraten in Egling - und das halbe Dorf stößt darauf an

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Egling

Kommentare

Hoch die Krüge! Elementarer Bestandteil des kulinarischen Festtagsprogramms der Bettelhochzeit: Gerstensaft. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Die Bettelhochzeit auf dem Misthaufen in Egling lockt tausende Schaulustige an. Sie hat Tradition im Fasching in Bayern. Die Gäste sehen eine lustige Show.

Egling – „Oh Herr, steh uns bei“, flehte Monsignore Baschheppi (Beppi Hasch). Nur widerwillig vollzog der Pfarrer am Faschingssamstag die alle zehn Jahre stattfindende Eglinger Bettelhochzeit. Der Anblick der „rassigen Sieglinde von Dreiphasig“ (Simon Raß) und ihres Bräutigams Lois Glouschneider von Bauhofen (Lisa Gröbmair) schien ihn nicht zu erfreuen – ganz im Gegensatz zu den zahlreichen Hochzeitsgästen, die eine spektakuläre Show mit lustigen Ansprachen, fetziger Blasmusik und frechen Liedern geboten bekamen.

Tradition an Fasching: Bettelhochzeit in Egling lockt Tausende

Vor der Trauung auf Dachners Misthaufen stellte sich zur Mittagszeit ein illustrer Kirchenzug am gegenüberliegenden Gasthof Oberhauser auf. Es war der Start des von lautem Applaus der Schaulustigen am Straßenrand begleiteten Zuges. Auf den diversen Partywagen tanzten unter anderem der „Frauen Kirchen Kohr“ FKK und „Die Verflossenen“. Der Braut war ein Anhänger mit der Aufschrift „Entjungferungsstub’n“ gewidmet. Angeführt von der Degerndorfer Blasmusik erreichte der Gaudiwurm schließlich nach einigen Zwischenstopps sein Ziel.

Bettelhochzeit in Egling
Gute Stimmung und ordentlich was los: Größtenteils verkleidet feierten die vielen Gäste Hochzeit. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Bier, Mist und viele Gäste: Bettelhochzeit ist ein Publikumsmagnet

Hochzeitslader Waldemar von Liftinger zu Peretshofen (Simon Fahrer) rümpfte die Nase. „Da riecht’s nicht gut.“ Tatsächlich wehte der schrägen Hochzeitsgesellschaft ein sonderbares Duftgemisch aus Weihrauch, Mist und Bier entgegen. Die auf dem Misthaufen aufspielende Einmannkapelle Riccarda Baller (Florian Raß) störte das kaum: Mehr oder weniger virtuos bediente der Musiker Akkordeon sowie Mundharmonika und Schlagzeug und bot ein Medley aus Popsongs, Schlagern und Volksliedern dar. Dem anwesenden Rathauschef Hubert Oberhauser und dem Gemeinderat las Ehrmutter Glottine von Förghausen (Sebastian Förg) die Leviten. „Ihr werdet große Spiegel ins Ackerland stellen, sodass der Segen Gottes uns nie mehr erreicht, weil er reflektiert wird“, kritisierte sie die Freiflächen-Photovoltaik-Anlage bei Neufahrn.

(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)

Feuerwehr, Vereine, Fußballer und die Politik: Bayerischer Faschingsbrauch nimmt alle aufs Korn

Auch Feuerwehr, Vereine und Fußballer blieben nicht von Kritik verschont. Eine vorübergehende Ablenkung biete nach Ansicht Glottines nur die Bettelhochzeit. „Und am Tag vor dem großen Jammern und Wehklagen, da werden dann Männer zu Frauen und Frauen zu Männern und sie werden ein zügelloses Fest feiern, das so ausschweifend und lästerlich sein wird, dass ihnen der Teufel am nächsten Tag in den Bauch und Kopf fahren wird“, prognostizierte die Ehrmutter.

Bettelhochzeit in Egling
Arbeitsscheuer Freibiertester und fleischfressende Pflanze: Sieglinde von Dreiphasig und Lois Glouischneider von Bauhofen sind nicht für immer vereint. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Gebet fürs Augustiner Bier: Die Geistlichkeit kennt weltliche Genüsse

Es folgten freche Lieder vom Kirchenchor des Burschen- und Madlvereins, der die Bettelhochzeit organisiert hatte. Sogar die Heiligen Drei Könige Clausthaler, Maxlrainer und Paulaner huldigten mit fünfwöchiger Verspätung dem Brautpaar. Dennoch verurteilte Pfarrer Baschheppi das lasterhafte Leben der künftigen Eheleute. Ein kleinwüchsiger „arbeitsscheuer Freibiertester“ und eine große „fleischfressende Pflanze“ würden seiner Ansicht nach einfach nicht zueinander passen. Nach Befragung der beiden Trauzeugen Kadeda Simmal von Denhausen (Simone Aichler) und Kiliane von Torte die Weindlige (Kilian Wintersberger) legte das Paar trotz aller Kritik die Ringe – die sogenannten Fangeisen – an. „Für euch wäre das Zölibat der bessere Weg gewesen“, resignierte der Pfarrer. Mit Konfettiregen, Chorgesängen und einem Schlussgebet für das heilige Augustiner Bier endete die Eglinger Variante des bayerischen Faschingsbrauchtums. Die Feier an Imbiss- und Getränkeständen sowie in der Wirtsstube dauerte bis Mitternacht.

Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.

Auch interessant

Kommentare