Merz will bei Wahlsieg Ampel-Entscheidungen zurückdrehen – ein Thema hebt er hervor
Friedrich Merz hat beste Aussichten, in gut einem Jahr Bundeskanzler zu werden. Dann würde er sich die Politik der Ampel erst recht vorknöpfen.
Berlin – Die Zeit kann auch Friedrich Merz nicht zurückdrehen. Mit der Politik der Ampel-Regierung hat der CDU-Chef aber genau das vor. Im Interview mit der Welt (Artikel hinter einer Bezahlschranke) betonte er, dass seine Partei im nächsten Jahr schnell handeln will, wenn Realität wird, was sich in Sonntagsfragen anbahnt: dass die Union wieder stärkste Kraft im Bundestag wird.
„Wir sind uns darüber im Klaren, dass im Falle einer Regierungsübernahme schnell Änderungen des Regierungskurses in der Bevölkerung erkennbar werden müssen, damit wir einen Stimmungsumschwung erreichen“, erklärte Merz. Dabei gehe es sowohl um wirtschaftspolitische Fragen als auch um Außen- und Innenpolitik.
Merz schimpft auf Cannabisgesetz: „Explosion der organisierten Kriminalität mit Bandenkriegen“
Welche Themenfelder genau auf den Tisch kommen werden, wollte oder konnte der 68-Jährige noch nicht verraten. Nur eines müsse sofort angegangen werden: „Die Freigabe von Cannabis löst in diesen Tagen geradezu eine Explosion der Rauschgiftkriminalität und der organisierten Kriminalität mit Bandenkriegen aus, die wir uns brutaler kaum vorstellen können.“ Laut Merz sei dies absehbar gewesen, „wenn der legale Anbau noch gar nicht stattfindet, aber der Besitz großer Mengen bereits vorher legalisiert wurde“.
Die Regierung aus SPD, Grünen und FDP will mit dem nach langem Anlauf verabschiedeten Cannabisgesetz den illegalen Markt eindämmen, die Qualität von Cannabis kontrollieren und für mehr Aufklärung und Prävention sorgen. Doch das geht Merz viel zu weit, der auf ein in der Thematik geübtes Nachbarland verweist: „Die Holländer, die den Konsum ja seit Jahren dulden, sind fassungslos über das, was hierzu in Deutschland gerade abläuft.“
Merz vor der Bundestagswahl: CDU-Chef will zwischen mindestens zwei Koalitionspartnern wählen können
Zweifel daran, dass die Union nach vier Jahren Opposition wieder die Regierungsverantwortung übertragen bekommt, hat der gebürtige Sauerländer nicht. Er sieht bei den Umfragen das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht: „Wir haben ein Potenzial von 35 Prozent und mehr.“
Im Wahlkampf setzt sich Merz drei Ziele: „Wir wollen mit Abstand die stärkste Fraktion werden. Wir sollten nach Möglichkeit nur einen Koalitionspartner brauchen. Und wir sollten mindestens unter zwei Fraktionen im Bundestag wählen können, mit wem wir gegebenenfalls zusammenarbeiten.“
Zuletzt zeichnete sich ab, dass eine Mehrheit wohl nur mit SPD, mit Grünen oder mit der AfD möglich wäre. Letztere schließt Merz zumindest mit Blick auf die im Spätsommer anstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg aus: „Klar ist, dass wir mit der AfD und der Linkspartei nicht zusammenarbeiten werden.“ Eine Koalition mit dem erst wenige Monate alten Bündnis Sahra Wagenknecht erscheint also möglich.
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Merz über Kanzlerkandidatur: „Im Spätsommer einvernehmlich mit Söder klären“
Fix mit auf der Regierungsbank säße natürlich die Schwesterpartei CSU, die sich nach für ihre Verhältnisse enttäuschenden und historisch schwachen Ergebnissen bei den jüngsten Bundes- und Landtagswahlen stabilisiert zu haben scheint. Die Zeiten, in denen die beiden Partnerparteien nicht mit einer Stimme sprachen, scheinen auch der Vergangenheit anzugehören.
In jener Periode bewies CSU-Chef Markus Söder auch, dass es für die CDU eher keine gute Idee ist, ihn einfach übergehen zu wollen, wenn er sich ein großes Ziel in den Kopf gesetzt hat. Bundeskanzler werden, zum Beispiel.
Auch diesmal ist die wichtigste Personalie in der Union noch nicht ausgeknobelt, in einer Umfrage hatte zuletzt sogar Söder die Nase vorn. Merz weicht bei der Frage nach dem Kanzlerkandidaten aus und verweist lediglich darauf, sein Plan sehe vor, dies „im Spätsommer einvernehmlich mit Markus Söder zu klären“. Ob er sich vorher noch Tipps von seinem Vorgänger Armin Laschet abholt, wie man solche Themen besser nicht mit Söder klärt, muss der dreifache Vater dabei mit sich selbst ausmachen.

Jedenfalls stellte er fest: „Wie es falsch laufen kann, das haben wir 2021 gesehen.“ Zugleich nutzte Merz die Gelegenheit, dem wortgewaltigen Franken eine große Portion Honig um den Mund zu schmieren. „Markus Söder ist ein erfolgreicher Ministerpräsident und der Vorsitzende unserer Schwesterpartei, mit der wir eng verbunden sind“, ließ der Oppositionsführer wissen: „CDU und CSU sind immer auf Augenhöhe und begegnen einander gleichberechtigt und mit gegenseitigem Respekt.“
Merz über Ampel-Regierung: „Sie verschiebt immer neue Belastungen in die Zukunft“
Der Koalitionspartner, der mutmaßlich aus der Ampel kommen wird, muss sich den Respekt von Merz dagegen wohl erst noch zurückverdienen. Am Dreierbündnis lässt er wie zuletzt auch im Sommerinterview kein gutes Haar.
„Am Beispiel des Haushalts sieht man, dass die noch amtierende Bundesregierung den Bundeshaushalt für das nächste Jahr ganz offensichtlich unter der Annahme aufstellt, ohnehin nur noch bis längstens Ende 2025 im Amt zu sein“, wirft Merz Rot-Grün-Gelb eine Nach-uns-die-Sintflut-Taktik vor.
Um zu monieren: „Sie verschiebt immer neue Belastungen in die Zukunft, sodass eine neue Regierung ein schweres Erbe antritt.“ Die sehr wahrscheinlich von ihm angeführt wird. Und sich dank solcher Sätze vielleicht über ein bisschen Welpenschutz freuen darf. (mg)