„Hier ist gerade alles ein wenig wild“: Politiker aus Freising nehmen Stellung zu Ampel-Aus
Wer ist schuld am Ampel-Aus? Mit diese Fragen hat das FT die Freisinger Bundestagsabgeordneten und den FDP-Kreischef konfrontiert. Eine Sorge teilen alle vier.
Freising - Die Ampel-Koalition ist Geschichte, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Reißleine gezogen. Die Frage, wer denn nun die Schuld am politischen Beben in Berlin trägt, ist für den Grünen-Bundestagsabgeordneten Leon Eckert schnell beantwortet: Das von Christian Lindner (FDP) vorgelegte Wirtschaftspapier zeige eindeutig, dass er schon vor den Koalitionsgesprächen geplant hatte, aus der Regierung auszusteigen.
Die Grünen hätten in den vergangenen Monaten immer wieder sehr viele Angebote gemacht, um die Ampel zu retten., findet Eckert. Aber dieses Verantwortungsbewusstsein hätten eben nicht alle an den Tag gelegt. Die Grünen seien selbstverständlich auch bereit, bis zu den kommenden Neuwahlen „das Land über die Partei zu stellen“.

Für sich selbst beansprucht er, „gute Arbeit geleistet“ zu haben, was sich „hoffentlich auch in einem guten Listenplatz“ ausdrücke, der ihm den Wiedereinzug ins Parlament ermögliche. Aber: „Dass staatsfeindliche Kräfte wie die AfD stärker abschneiden als 2021, ist eine Gefahr.“
Die FDP hat es auf den großen Knall angelegt.
Auch der Freisinger Bundestagsabgeordnete der SPD, Andreas Mehltretter, sieht die Schuld ganz klar bei der FDP: Spätestens seitdem das „zusammengestückelte Papier“ Lindners „rein zufällig“, wie Mehltretter ironisch sagt, an die Öffentlichkeit gelangt sei, sei klar gewesen, dass die FDP nicht gewillt sei, den großen Kompromiss zu finden, sondern es „auf den großen Knall angelegt“ habe. Angesichts dieses Verhaltens habe Bundeskanzler Scholz gar nicht anders können als Lindner zu entlassen. Die Folge am Tag nach dem Knall: „Hier ist gerade alles ein wenig wild.“

Was die Vorbereitungen auf die Neuwahlen anbetreffe, sei das kein Problem, betont Mehltretter. Er geht davon aus, dass bis Weihnachten in Berlin noch richtig gearbeitet werde. Er selbst sei schon als Direktkandidat nominiert, die Aufstellung der bayerischen Landesliste sei schon immer für den 7. Dezember geplant gewesen. Was das derzeitige Umfragetief der SPD anbetreffe, sei „noch gar nichts ausgemacht“. Die SPD habe jetzt die Chance, ohne die FDP in der Regierung Akzente zu setzen und so Stimmen zu gewinnen.
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Das von Lindner vorgelegte Wirtschaftspapier war schon sehr provokativ.
Was die AfD betreffe, müsse man sich freilich Sorgen machen, sagt Mehltretter. Da werde es in den kommenden Wochen und Monaten darauf ankommen, wie man es hinbringt, der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen – auch wenn sie wohl auf jeden Fall stärker im Bundestag vertreten sein werde als derzeit.

Für Erich Irlstorfer (CSU) ist die Schuldfrage schwer zu beantworten. Allerdings sei das von Lindner vorgelegte Wirtschaftspapier aus seiner Sicht „schon sehr provokativ“. In den kommenden Monaten eine stabile Regierungsarbeit hinzubekommen, wie es sich SPD und Grüne vorstellen, hält Irlstorfer für „relativ schwierig“ – ebenso wie die Unterstützung durch CDU/CSU. „Von unserer Seite her ist das Ampel-Aus nicht von Trauer getragen“, betont der CSU-Mann. „Aber wir empfinden auch keine Schadensfreude.“
Die FDP ist immer dann stark gewesen, wenn sie in ihrer Wirtschaftspolitik Rückgrat gezeigt hat.
Irlstorfer, der bekanntlich nicht mehr als Direktkandidat nominiert wurde, und dessen Amtszeit wohl bereits im März und nicht erst im September 2025 endet, betont, dass die CSU auf diesen Tag vorbereitet gewesen sei: „Wir werden einen ordentlichen Wahlkampf hinlegen.“ Dass bei den Neuwahlen die AfD stark, die SPD als möglicher Koalitionspartner sehr schwach abschneide, und die FDP aus dem Bundestag fliege, diese Gefahr sei freilich schon gegeben.

Jede Schuld von der FDP weist der Kreisvorsitzende der Liberalen, Timo Ecker. Es sei sehr fragwürdig, dass Bundeskanzler Scholz das Angebot Lindners für eine wirklich große Wende in der Wirtschaftspolitik auf diese Weise umgehe. Gegen die Gefahr, dass die FDP bei den Neuwahlen sehr schwach und die AfD sehr starke Ergebnisse einfahre, hat Eckert ein Rezept: Die FDP sei immer dann stark gewesen, wenn sie in ihrer Wirtschaftspolitik Rückgrat gezeigt habe. Und genau das – nämlich Rückgrat haben und nicht zu einer grauen Masse verschmelzen – sei der Weg, die AfD auf Dauer aus der Regierung rauszuhalten, so Ecker.