Konkurrenz für Dacia: China-Hersteller will in VW-Werk günstige SUV bauen
Der chinesische Autokonzern Chery plant laut einem Bericht von "Automotive News Europe", eine eigene Fertigung in Deutschland aufzuziehen, und das womöglich in einem Werk der Volkswagen-Gruppe. Wie Cherys Vizepräsident Charlie Zhang bei einer Händlerveranstaltung mitteilte, gebe es bereits Gespräche in Deutschland. Den Namen VW habe er dabei nicht genannt - die "Automotive News" berufen sich allerdings auf Insider, dass der Konzern daran beteiligt sei. Womöglich könnte es sich um das nicht mehr benötigte VW-Werk in Osnabrück handeln.
Chery baut Autos in Deutschland - angeblich in VW-Werk
Nach Informationen von FOCUS online kam die Ankündigung selbst für viele im Unternehmen selbst überraschend. Chery ist einer der wichtigsten, auch außerhalb der Heimat erfolgreichen, China-Autobauer, die im Ausland über ein Dutzend Werke betreibt, darunter auch eins im spanischen Barcelona. Eine der größten Exportregionen ist Südamerika. 2024 produzierte Chery nach eigenen Angaben mehr als 2,6 Millionen Fahrzeuge.

Chery baut nicht nur E-Autos
Im Gegensatz zum Elektro-Giganten BYD fokussiert sich Chery dabei aber nicht nur auf Elektroautos, sondern ist technologieoffen und hat zahlreiche Verbrenner und Hybride im Angebot. Das seit Jahren erfolgreichste Modell ist der Chery Tiggo, sozusagen der chinesische VW Tiguan.
"Deutschland ist sehr, sehr kompliziert"
Gerade in Deutschland sei die Situation aber "sehr, sehr kompliziert", so Vizepräsident Charlie Zhang zur "Automotive News". Die Chery-Submarken Jaecoo und Omoda sind in Spanien bereits gestartet, spielen in Deutschland aber noch keine Rolle. Überhaupt verkaufen chinesische Hersteller abgesehen von MG in Deutschland bislang nur wenige Autos. Selbst BYD kam im ersten Quartal 2025 nur auf 1225 Neuzulassungen, was allerdings einem prozentualen Zuwachs von 211 Prozent entsprach.
Wie die "Automotive News" berichten, sollen in der womöglich in Deutschland entstehenden Fabrik Fahrzeuge der Chery-Billigmarke Lepas gebaut werden, die gerade erst auf der Automesse in Shanghai vorgestellt wurde. Während Hersteller wie VW ihre Verbrenner-Technologie abwickeln und so schnell wie möglich nur noch reine Elektroautos verkaufen wollen, nutzen die Chinesen diese Lücke aus.
Denn technisch basiert der Antrieb des Lepas L8, der in Shanghai vorgestellt wurde, laut einem Bericht der "Auto Motor & Sport" auf dem des Chery Tiggo 8: "Die erste Version ist ein 1,6-Liter-Turbobenziner mit einer Leistung von 197 PS und einem maximalen Drehmoment von 290 Newtonmetern. Wer mehr Leistung bevorzugt, kann zur stärkeren 2,0-Liter-Version greifen, die 254 PS entwickelt und ein maximales Drehmoment von 390 Newtonmetern bereitstellt. Weitere Varianten, wie Plug-in-Hybrid oder Elektroversionen, sind angekündigt", so die Zeitschrift.
Konkurrent: Dacia Duster
Durch den Fokus auf verschiedene Antriebe ist auch klar, wer das eigentliche Angriffsziel von Cherys neuer Marke in Europa ist: Die Marke Dacia mit ihren erfolgreichen SUV Duster und Bigster. Durch ihren Elektro-Kurs haben viele Hersteller den Verbrenner-Markt für günstige Modelle quasi Dacia überlassen, nun könnten immer mehr chinesische Hersteller dazu kommen.
"Lepas wird die globale Marktexpansion durch diversifizierte Strategien vorantreiben und ein weltweites Netz von 1200 Verkaufsstellen sowie ein jährliches Produktions- und Verkaufsvolumen von 500.000 Einheiten anstreben, um so neue Wachstumsmöglichkeiten für Partner zu schaffen", heißt es in einer Pressemitteilung der Chinesen.

Lieber "Greenfield" als "Brownfield
Dass die chinesische Autoindustrie in Europa weiter expandiert, steht außer Frage. In Ungarn zum Beispiel wird gerade in Rekordzeit das neue Elektroauto-Werk von BYD aus dem Boden gestampft. Langwierige Genehmigungsverfahren oder Klimaschutz-Bedenken wie beim Tesla-Werk in Brandenburg scheinen Investitionen dort nicht zu behindern.
Die bevorzugte Strategie der der Chinesen ist dabei der sogenannte "Greenfield"-Ansatz. Das bedeutet, dass - wie bei BYD - eine komplett neue Fabrik gebaut wird, statt in einem "Brownfield-Ansatz" eine bereits bestehende Fabrik zu übernehmen und umzubauen. Europäische Autowerke gelten in China mit seinem extrem hohen Automatisierungsgrad eher als Museen. Auch Subventionen für neue Fabriken spielen dabei eine Rolle. "Man schaut sich genau an, in welchem Land es jeweils die meisten Fördermittel gibt", so der deutsche Manager eines chinesischen Herstellers gegenüber FOCUS online.

Während deutsche Hersteller wie VW, BMW oder Mercedes in China massive Verkaufseinbrüche erleben und mit lokal entwickelten Modellen verzweifelt versuchen gegenzusteuern, ist der europäische Markt für Chinesen auch kein Selbstläufer. Für Deutschland gibt das offenbar besonders. „Solange chinesische Hersteller den deutschen Markt nicht verstehen, spielen sie hier keine Rolle. Das wird auch in den nächsten drei bis fünf Jahren so bleiben", glaubt der China-Experte Jochen Siebert von JPW Asia. Entsprechend vorsichtig sollten Interessenten in Europa agieren. „Ich kann nur jeden Händler warnen, in eine chinesische Marke zu investieren. Das zahlt sich in der aktuellen Situation nicht aus“, ergänzt Siebert.
Gerade die Strategie, nicht erst einmal eine Marke über Jahre zu etablieren - wie es Hyundai und Kia vorgemacht haben - sondern immer wieder mit neuen Submarken aufzutreten, erschwert China-Herstellern das "Ankommen" in Deutschland. Der unweigerlich höhere Wertverlust solcher als "No-Name-Marken" wahrgenommenen Autos führt dazu, dass nur über den Preis verkauft werden kann. Trotz erheblicher Finanzmitteln wollen die Konzerne aus dem Reich der Mitte aber schnell Gewinn machen. Man darf daher gespannt sein, welche Marken sich wirklich mit langem Atem durchsetzen und welche schnell wieder aus Europa verschwinden.