Prävention und Perspektiven
Hat Drogenmissbrauch und -umschlag in Herrsching zugenommen? Vielen Herrschingern kommt es so vor, Herrschings Polizeichef Winfried Naßl verneinte dies am Montag im Gemeinderat. Polizei und die gemeindlichen Jugendpfleger berichteten dort von ihrer Arbeit.
Herrsching – BGH-Gemeinderat Dr. Rainer Guggenberger zählt zu denjenigen Herrschingern, die das Gefühl haben, der Ton unter den Jugendlichen wird rauer und die Treffen an den bekannten Orten wie Bahnhof, Skateranlage oder Kurpark aggressiver. Auch die Sorge, dass der Drogenkonsum zunehme, macht die Runde. Die Gemeinde hatte deshalb den Jugendbeauftragten der Polizei Herrsching, Patrick Ortmann, und Polizeichef Winfried Naßl sowie die gemeindlichen Jugendpfleger in die Gemeinderatssitzung am Montag eingeladen, damit diese von ihrer Arbeit berichten.
Das „Stellwerk“
Christian Kreilkamp leitet das „Stellwerk“-Haus der Jugend an der Baderstraße in Herrsching. Insgesamt sind in der Jugendpflege vier Teilzeit-Stellen besetzt. Er freute sich, dass ins Jugendhaus nach der Pandemie wieder Leben eingekehrt ist und das Angebot ausgebaut werden konnte. Der Mädchenanteil sei gewachsen. „Das ist sehr bemerkenswert“, fand er. Im Vergleich zu vorher seien die rund 100 Besuchenden im Monat zur Hälfte weiblich und männlich. Dafür „sehr jung“, nämlich zwischen 12 und 15 Jahre. Unterstützung gebe es seit kurzen vom Verein „Frauen helfen Frauen“, die eine Kollegin für minderjährige Frauen abstellten. „An unseren Girlsdays ist sie immer dabei.“
Der Beratungsbedarf nach der Pandemie sei gestiegen. Anders als früher würden sich die jungen Menschen aber schneller vertrauensvoll an die Betreuer wenden. Julia Schmidbauer, die die Abteilung Soziales im Rathaus leitet, sprach zudem von einem „extremen Bedarf“ an Einzelberatungen zu Themen wie Liebe und Partnerschaft, häusliche Gewalt, Schule, Straffälligkeit und Rauschmittel. „Jugendliche gehen zum Teil sehr naiv damit um“, meinte sie. Aufklärungsarbeit sei wichtig. Deshalb sei ihr Team in engem Kontakt zu Condrops, um besser über neue Drogen informiert zu sein.
Die Polizei
Welche Art von Drogen es gibt, darüber durfte der Gemeinderat staunen, als der Jugendbeauftragte der Polizei Herrsching Beispiele nannte: Badesalz etwa und andere psychoaktive Stoffe. „Wir haben aber nicht den Eindruck, dass das überhandnimmt“, sagte Ortmann. „Ein riesiger Anstieg ist im Inspektionsbereich nicht zu verzeichnen“, versicherte auch Polizeichef Naßl. 2023 habe es 35 Fälle mit Rauschgiftbezug gegeben. „Aber auch, wenn schon etwas gerochen und gemeldet wird, wird das vermerkt.“ Nur ein- bis zweimal habe es einen Hinweis auf härtere Drogen gegeben. Der größte Anteil der Delikte sei durch alkoholisierte Personen erfolgt. Ausdrücklich gelobt wurde von Naßl und Ortmann die Zusammenarbeit mit dem Streetworker der Gemeinde.
Der Streetworker
Jan Pleines gehört dem gemeindlichen Jugendpflegeteam seit drei Jahren als Streetworker an und kennt sein Klientel und die Hotspots wie Bahnhof, Kurpark, Skateranlage oder – bei schlechtem Wetter – die überdachten Sitzgelegenheiten an der Gemeindebücherei. Er teilt die Jugendlichen in zwei Gruppen. Es sind die zwischen zwölf und 14 Jahre und die ab 18 Jahre. Die einen seien zugänglich, die anderen weniger. „Die sind in ganz Herrsching unterwegs“, sagte Pleines. „Auch auf dem Friedhof“, merkte CSU-Gemeinderätin Hannelore Doch, die dies öfters beobachtet habe. Pleines weiß davon, habe aber selbst noch keine Gruppen dort antreffen können. Er bat deshalb um Hinweise an ihn, auch abends um 20 Uhr.
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Das Vertrauen zwischen ihm und den Jugendlichen sei groß. Er begleite Einzelne zum Teil, seit er in Herrsching arbeitet. Einen jungen Mann zum Beispiel, den er mit 15 kennenlernte. Der Jugendliche hatte zu Hause Probleme, wurde vor die Tür gesetzt und an eine Notschlafstelle in München vermittelt. Dort fing er an zu dealen und zu stehlen. Im vergangenen Jahr erhielt Pleines dann einen Anruf der Mutter, dass der Jugendliche – mittlerweile 18 – im Gefängnis sei. „Ich fühle mich verantwortlich, dort hinzugehen“, so Pleines. Deshalb halte er Kontakt und habe das Gefühl, dem jungen Mann gemeinsam mit der Mutter eine Perspektive zu geben.
Breitbrunn
Die Jugendarbeit im Ortsteil Breitbrunn hatte im vergangenen Jahr Fahrt aufgenommen (wir berichteten). Zwei neue Jugendbeiräte konnten dabei gewonnen werden, die sich am Montag dem Gemeinderat vorstellten: Lea Harsch und Felix Störig. Gestern trafen sich Jugendpfleger, Pfarrer Simon Rapp sowie Kirchenpfleger und Gemeinderat Christoph Welsch mit den Breitbrunner Jugendlichen, um über eine mögliche Bleibe im Würfel an der Heilig-Geist-Kirche zu sprechen. Das Tiny-House war damals von der Gemeinde mitfinanziert worden, und die Kirche zeige sich dafür offen, dass die Jugendlichen den Raum nutzen. Alternativ sei ein Raum unterhalb der Sakristei als Jugendraum denkbar.