Dr. Frank Guderian referiert in Kempten über das Thema Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen
Im Rahmen der „Am Puls“ Reihe des Amtes für Jugendarbeit und des Stadtjugendrings Kempten fand kürzlich ein Informationsabend zum Thema „Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen“ statt.
Kempten – Referent war Dr. med. Frank Guderian. Er ist Facharzt für Kinder- / Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie leitender Arzt im Josefinum Kempten. Dort führt er gemeinsam mit einigen Kolleginnen und Kollegen eine Spezialambulanz für trans Patientinnen und Patienten, das heißt für Kinder und Jugendliche, die das starke Gefühl haben, dass sie im falschen Körper geboren sind.
Sein Vortrag umfasste die Formen der sexuellen Orientierung und der Identitätsfindung, die damit verbundenen sozialen und psychischen Herausforderungen und die Behandlungsmöglichkeiten. Für sehr gutes Verständnis sorgten hier zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis. Abschließend beleuchtete Guderian den aktuellen Umgang der Gesellschaft mit dem Thema „Transsexualität“.
Auf dem Weg ins richtige Geschlecht ist regelmäßiger Austausch wichtig
Zu Beginn einer jeden Behandlung und Therapie steht zunächst einmal die Diagnostik. Hierdurch erhalten sowohl der Patient wie auch der Therapeut Sicherheit, ob auch der richtige Weg eingeschlagen wird. Laut Guderian entwickelt es sich bei mehr als der Hälfte, die beim ersten Treffen sagen, dass sie trans sind, dann doch anders.
Steht die Diagnose aber fest, werden die meist jugendlichen Patienten und ihre Familien von einem multiprofessionellen Team auf ihrem Weg der Transition, das heißt auf dem Weg in das richtige Geschlecht, begleitet und unterstützt – und dieser ist lang und oft nicht einfach. Über viele Jahre hinweg reflektieren die Jugendlichen, ihre Eltern, die Lehrkräfte, die Therapeuten und alle beteiligten Personen immer wieder den Prozess. „Das alles kann nur funktionieren, wenn man im regelmäßigen Austausch ist“, so der Arzt. Vor allem auch die Schulen trügen wesentlich dazu bei, dass die Transition klappe.
Umfassende therapeutische Begleitung
Eine Vereinfachung auf dem Weg zur Geschlechtsänderung bietet mit Sicherheit das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG), das am 1. November 2024 in Kraft getreten ist. Wurden Namen und Geschlecht offiziell geändert, folgen Entscheidungen und Maßnahmen zur Geschlechtsangleichung. Die therapeutische Begleitung findet hier nicht nur im sozialen, emotionalen und psychologischen Bereich statt, sondern auch bei rein medizinischen Entscheidungen: Soll eine Hormonbehandlung sattfinden und wenn ja, ab welchem Alter? Möchte die Patientin oder der Patient operative Eingriffe wie einen Brustabbau / Brustaufbau und ist eine Penis- / Vaginal-Plastik erwünscht?
Ein langer Weg für alle. Am Ende stehen jedoch meist glückliche Patienten, die durch die jahrelange Auseinandersetzung mit sich selbst eine enorme charakterliche Reife erlangt haben. Zu vielen seiner ehemaligen Patientinnen und Patienten hat Guderian immer noch Kontakt, denn durch die intensive Arbeit miteinander entsteht natürlich auch eine gute Beziehung zueinander.
Transsexualität: Weniger Leiden durch mehr Akzeptanz
Momentan befinden sich, laut Guderian, circa zehn trans Jugendliche bei ihm in Behandlung. Seit 2013 gäbe es statistisch eine deutliche Zunahme der Neuvorstellungen und dennoch müssten wir als Gesellschaft noch viel im Umgang mit dem Thema „Transsexualität“ lernen und ändern.
Meine News
„Wenn das Thema Transsexualität von der Gesellschaft mehr akzeptiert und toleriert werden würde, gäbe es weniger Leiden und die betroffenen Jugendlichen würden auf ihrem Weg mehr Sicherheit und Erleichterung erfahren“, appellierte der Arzt und schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Schön wäre es, wenn wir einen solchen Infoabend gar nicht mehr bräuchten, weil Transsexualität ganz normal ist.“
Feste, Konzerte, Ausstellungen: Was man in Kempten und Umgebung unternehmen kann, lesen Sie im Veranstaltungskalender.
Mit dem Kreisbote-Newsletter täglich zum Feierabend oder mit der neuen „Kreisbote“-App immer aktuell über die wichtigsten Geschichten informiert.