Wenn ich Trump im Zoll-Wahn sehe, erinnere ich mich an ein gemeinsames Erlebnis
Im Automobilsektor gab es aus Sicht der Amerikaner ein Ungleichgewicht, sie mussten 10 Prozent Zölle auf Autos Richtung EU zahlen, bei Autos aus der EU in die USA lag der Wert bei lediglich 2,5 Prozent.
Dennoch halte ich die aktuelle aggressive Zollpolitik der USA für völlig übertrieben. Aber erinnern wir uns: Donald Trump hat dies schon lange angekündigt, schon vor seiner Wahl. Nun setzt er sein Vorhaben um.
Für mich ist das keine große Überraschung. Was mich jedoch am meisten überrascht, ist, dass man sich in Deutschland und in der EU nicht oder kaum darauf vorbereitet hat.
Ich habe mit vielen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik gesprochen und offen gesagt, dass Trump erstens wieder Präsident wird und er zweite seine Wahlversprechen einhalten wird.
Trump will Deals generieren
Aus meiner Sicht nutzt Trump seine Zollpolitik jetzt, um Deals zu generieren. Sein Zick-Zack-Kurs ist bewusst gewählt, er möchte damit ein neues goldenes US-Zeitalter starten. Trump will einfach, dass wieder Firmen in den USA produzieren und eine Menge Dollar in seinem Land bleiben.
Sehr viele Wirtschaftsexperten sind aber gegen seine aggressive Zollpolitik. Ich auch. Denn ein langfristiger Zollkrieg wird nur Verlierer bringen, auch in den USA. Das weiß auch Trump, denn durch die hohen Zölle wird die Inflation in den USA angetrieben, das Leben wird noch teurer.
Gerade seine Wählerschaft hat großes Vertrauen in ihn gesetzt, das Leben sollte erschwinglicher werden. Aktuell passiert aber genau das Gegenteil.
Dennoch hat Trump nach wie vor einen großen Rückhalt bei seinen Wählern. Sie sind mehr Fans als reine Wähler und sie lieben ihn für sein Auftreten und seine Entschlossenheit, dennoch darf er mit seiner Politik nicht überziehen.
Über Volker Heun
Volker Heun ist ein US-Experte und kennt Donald Trump seit vielen Jahren persönlich. Er war in leitender Funktion für eine deutsche Bank in den USA tätig und publizierte mehrere Bücher über Wirtschaft, Finanzen und Politik. Ferner war Heun Herausgeber eines internationalen Wirtschaftsmagazins. Aufgrund seiner Kontakte hat er sich auch ehrenhalber auf Regierungsebene zwischen der Trump-Regierung und der Merkel-Regierung für eine bessere Zusammenarbeit beider Länder eingesetzt. Volker Heun vermittelt zudem US-Investoren an deutsche Firmen.
Daher gehe ich davon aus, dass diese aggressive Zollpolitik nur kurzfristig ist. Trump nutzt die wirtschaftlich Stärke der USA massiv aus, um bessere Deals zu bekommen.
Normalerweise müssten sich die Länder anderweitig zusammenschließen und wirtschaftlich gegen die USA agieren. Aber es ist einfach zu wenig Zeit dafür, daher wird Trump seine Deals bekommen. Nicht alle, aber einige.
Trump hat unglaublichen Ehrgeiz, das habe ich selbst erfahren
Die Art und Weise, wie Trump allerdings seine Macht nutzt, wird jedoch den USA langfristig schaden. Das Vertrauen ist erstmal zerstört.
Wenn ich den US-Präsidenten bei seinem aktuellen Vorgehen betrachte, erkenne ich seinen unheimlichen Ehrgeiz wieder. So habe ich ihn auch kennengelernt, er lebt strikt (trinkt keinen Tropfen Alkohol, fast immer nur Coke light) und ist besessen vom Siegen: Wir haben mal zusammen gegolft. Er war mir haushoch überlegen. Dennoch war er unglaublich ehrgeizig, noch klarer zu gewinnen.
So ist es auch jetzt: Er möchte in die Geschichtsbücher eingehen, dass er binnen kurzer Zeit die USA wieder auf Erfolg getrimmt hat.
Trump politisch unterschätzt
Trump hat aus seiner Sicht beruflich nahezu alles erreicht. Er ist klar ein zweites Mal als Präsident gewählt worden, nun holt er zum großen Schlag aus.
Er wurde politisch immer unterschätzt. Zuerst dachten alle, dass er in der ersten Präsidentschaftskandidatur klar gegen Hillary Clinton verlieren würde, zuletzt dachten viele, Kamala Harris werde das Rennen machen. Doch Trump darf man nicht unterschätzen, wir müssen mit ihm klarkommen, ob wir wollen oder nicht.
Die USA sind nach wie vor unser wichtigster Handelspartner. Daher setze ich mich auch nach wie vor rund um die Uhr für einen konstruktiven Dialog und eine gute Zusammenarbeit zwischen USA und Deutschland ein.
Handlungsbedarf für Deutschland und EU
Aber was können wir, also Deutschland und die EU, nun tun? Zunächst muss ich sagen, dass kostbare Zeit sinnlos verschenkt wurde. Man hätte schon sehr früh mit Trump sprechen müssen.
Ich kann den Verantwortlichen nur dazu raten, in den nächsten Flieger zu steigen und mit ihm direkt oder mit seinem Team vor Ort zu sprechen. Trump ist nach wie vor ein Unternehmer, er führt die USA wie eine große Company. Er kommt mit maximalen Forderungen, er will Deals generieren.
Hier sind nun Top-Diplomaten und Top-Lobbyisten vor Ort in den USA gefragt. Klagen bringt jetzt nichts, schon gar nicht bei Donald Trump.
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