Bürokratie als großer Hemmschuh für die Zukunft des Landes
Nur mit einem radikalen Abbau der Bürokratie ist die Zukunft der deutschen Wirtschaft noch zu retten. Sagen in Markt Schwaben zwei, die es wissen müssen.
Markt Schwaben - Politik und Anstand, Politik und Glaubwürdigkeit, Mystik und Politik, Politik für Kinder, Politik als Bewegung: Schon vielfach näherten sich Referenten bei den Sonntagsbegegnungen Fragen zu Wechselwirkungen politischen Handelns mit anderen Gesellschaftsbereichen. Am Sonntag ging es beim 116. Dialog, diesmal in der Aula des Gymnasiums, um die spezielle Beziehung von Politik und Wissenschaft. Und damit um eine Fragestellung, der insbesondere zu Corona-Zeiten eine besondere Bedeutung zugekommen war.
Das jedenfalls stellte der CSU-Fraktionssprecher im Landtag, Klaus Holetschek, so in den Raum. Wirklichen Widerspruch erntete der Ex-Gesundheitsminister mit dieser Feststellung nicht. Auch nicht bei seinem Dialogpartner Thomas Hofmann, seit 2019 Präsidenten der Technischen Universität München.
116. Dialog wieder in der Aula des Franz-Marc-Gymnasiums
Anfangs der Corona-Phase, so Hofmann, habe es noch ein gutes Zusammenwirken von Politik und Wissenschaft gegeben. Dieses Zusammenwirken habe jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung erstmals erkennbar gelitten, als immer deutlicher geworden sei, dass sich Mediziner, speziell Virologen, immer weniger einig gezeigt hätten in der Frage, was zu tun sei, um der Pandemie Herr zu werden. Vertrauen in Politik und Wissenschaft sei nach seiner Wahrnehmung jedenfalls so ein Stück weit verloren gegangen. Auch, weil viele die Bedeutung von Wissenschaft damals, und teils noch heute, noch nicht vollumfänglich begriffen hätten: Nämlich, dass das Entstehen von Wissen letztlich aus einem ständigen sich Reiben unterschiedlicher Perspektiven resultiere.
Was man, so Hofmann, aus der Corona-Zeit gelernt habe: Dass Kommunikation immer wieder verbessert werden müsse. An der TUM habe man inzwischen eine Plattform installiert zum gegenseitigen Austausch von Politik, Wissenschaft und Bürgern. Die Uni, so der Präsident, verstehe sich ohnehin schon lange nicht mehr nur als Ort der Bildung, sondern als „faktenorientierter Ratgeber“.
Leicht sei die Zeit der Pandemie nicht gewesen, bestätigte Holetschek, der damals nahezu täglich präsent war in den Medien, um Dinge zu erklären, die für fast alle völlig neu waren. Zusätzlich problematisch sei damals gewesen, dass Corona auch noch diejenigen auf den Plan gerufen habe, die mit Fake-Nachrichten gezielt versucht hätten, eigenen Profit aus der Krise zu ziehen. Nur eine künftig verbesserte Kommunikation von Politik und Wissenschaft untereinander und beide zusammen nach draußen könne wieder Vertrauen zurückgewinnen, so seine Schlussfolgerung. In einer sich derzeit rasant verändernden Welt gebe es dazu keine Alternative, unterstrich Hofmann, der erst 2023 zum Hochschulmanager des Jahres ausgezeichnet wurde.
Entbürokratisierung ist schon seit Jahrzehnten ein Thema
Beim Schwabener Dialog machte der studierte Lebensmittelchemiker klar, dass sehr viel gesellschaftliche Veränderung nötig werde, um das Standing des Wissenschaftsstandorts Deutschland im internationalen Wettbewerb zu erhalten bzw. zu verbessern. Beide Redner stellten heraus, dass eine Überbürokratisierung hierzulande zum größten Hemmschuh überhaupt geworden sei. Das mindere die Attraktivität, lähme den Gründergeist, mache mutlos. Und sorge dafür, dass zu wenig Motivation zur Innovation entstehe. „Wir müssen das Leben der Menschen wieder unkomplizierter und leichter machen“, warb Holetschek für ein quasi gesamtgesellschaftlich neues Denken, an dem sich jeder Einzelne beteiligen müsse.
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Der CSU-Politiker sprach zugleich von einer sich breit gemachten Misstrauensgesellschaft. Und warnte: Weniger Bürokratie bedeute zugleich mehr Eigenverantwortung bei jedem. Zu einem radikal neuen Denken gebe es keine Alternative. Konkret schlug Thomas Hofmann vor, etwa die Schule komplett umzugestalten. Sie müsse wieder mehr Lust auf Zukunft machen. Leicht verwunderte äußerte sich der Professor, dass beim Dialog im Gymnasium keine jungen Leute anwesend waren. Gerade um die gehe es ja schließlich. Holetschek fügte an, derzeit käme bei allen geschilderten Problemen noch erschwerend hinzu, dass der Blick von außen auf Deutschland durch Debatten um Rechtsruck, um AfD oder Antisemitismus ein anderer geworden sei.
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Man könne das mit dem Bürokratieabbau schon nicht mehr höre, war in der anschließenden Debatte ein Einwand des Pastettener Bürgermeisters Peter Deischl. Und nannte gleich Beispiele. Ein anderer Gast wandte ein, dass schon Ministerpräsident Goppel 1967 von der Notwendigkeit gesprochen habe, in Deutschland unbürokratischer werden zu müssen.