So oder so – für die Union läuft es ins „Elend“. Für den Bundeskanzler, davon sprach Friedrich Merz in der Unionsfraktion, falls er keine eigene Koalitionsmehrheit bekommt für sein Rentenpaket an diesem Freitag. Und, andererseits, für die Jungen und noch ein paar Leute mehr, vom Mittelstand der Fraktion etwa, falls die Mehrheit für die Merz-Rente, die in Wahrheit eine Bas-Rente ist, zustande kommt.
Denn dann droht Deutschland langfristig die Regierungsunfähigkeit. Für diese – finale – Bedrohung kursiert nun ein neues Wort: „Versteinerung.“ Deutschland droht in nicht allzu ferner Zukunft die Versteinerung, wie jetzt Junge-Union-Chef Johannes Winkel warnte. Demnach hätte Deutschland bald zwar noch Geld, für Rentner beispielsweise. Aber: Deutschland hätte nichts mehr zu Regieren, denn alles Geld ist verplant, also weg.
"Versteinerung": Ein dunkles Wort in der Renten-Debatte
„Versteinerung“ – bis vor wenigen Tagen war das ein Wort aus der Fachwelt. Ein Wort aus der Sphäre der Mathematiker, die sich mit humorlosen Sachen beschäftigen.
Der Bundesrechnungshof zum Beispiel. Der urteilte über den Haushalt des Bundes, der sei „weitgehend versteinert“. Denn: Die Regierung könne nur noch über zehn Prozent des Etats frei verfügen. Eine Regierung aber, die nur über zehn Prozent ihres Haushaltes frei verfügen kann, ist auch nur noch eine Zehn-Prozent-Regierung. Also: Eine Schrumpf-Veranstaltung.
Im Kern eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Wenn 90 Prozent aus dem Staats-Portmonee schon fest verplant sind, dann ist eine Regierung und in der Konsequenz auch ein Parlament nicht mehr in der Lage zu regieren und kann nur noch verwalten.
Der Bundesrechnungshof hat auch einmal so dahingeworfen, was „Versteinerung“ noch so konkret bedeutet. Demnach gibt der Bund für die Renten doppelt so viel aus wie für Investitionen. Das heißt: Der Bund steckt doppelt so viel Geld in die Vergangenheit wie in die Zukunft.
150 Milliarden aus Steuern für die Bas/Merz-Rente
Im Bundestag hat der Nachwuchspolitiker Yannick Bury, einer aus der Jungen Gruppe, einer diesen eigentlich grundloyalen Anzugträger, vor der „Versteinerung“ gewarnt:
Der Bundeszuschuss zur Rente, der ohnehin in den vergangenen Jahren nur eine Richtung kannte – nach oben – drohe, von derzeit 127 Milliarden zu steigen auf 150 Milliarden. Dann würde Deutschland beinahe jeden dritten Euro für Renten-Kosten ausgeben. Man könnte es auch eine Rentensteuer nennen, das wäre passender als das technokratisch verschleiernde Wort vom „Bundeszuschuss“. Was im Übrigen nach Almosen klingt.
Es ist aber kein Almosen. Sondern ein Preisschild: Dafür, dass die Beiträge der Rentenbeitragszahler schon lange nicht mehr reichen um Rentengeschenke der Politik zu bezahlen. Was ist ein Rentengeschenk? Alles, was die Politik beschlossen hat, was aber nicht aus den Beiträgen der Arbeitenden bezahlt werden kann. Dazu zählt die Mütterrente. Oder die höhere Bewertung der Rentenzeiten in Ostdeutschland. Die Rechnung dafür geht an den Steuerzahler.
Der aber haftet immer für die Politik. Was der Beitragszahler nicht mehr zahlen muss, zahlt eben der Steuerzahler. Das ist sonnenklar, und weil das so sonnenklar ist, haben die Arbeitgeber zuletzt die Arbeitsministerin Bärbel Bas in ihrer Verzweiflung ausgelacht. Denn im Grunde genommen ist es ja nur ein Rechentrick: Für die, die ohnehin immer alles zahlen, was die Sozialpolitik sich in ihrer grenzenlosen Phantasie einfallen lässt, ist es nur eine Frage von: linker Tasche/rechter Tasche, in welchen Topf sie ihr Geld werfen.
Die Arbeitgeber haben Bas nicht ausgelacht. Es war Verzweiflung
Die Arbeitgeber haben die Bundesarbeitsministerin ausgelacht, weil die Bundesarbeitsministerin versucht hat, die Arbeitgeber zu vergackeiern. Weil sie aber so blöd nicht sind, so ein plumpes Manöver nicht zu durchschauen, haben sie eben gelacht.
Und Frau Bas hat eine Weile nur noch gestottert. Weil sie – erkennbar – in dem Moment intellektuell überfordert war.
Das ist vielleicht das Problem mit Frau Bas und einer Menge anderer Sozialdemokraten: Sie denken an arme Menschen und vergessen dabei an jene zu denken, die das Geld zusammenkratzen müssen für die armen Menschen.
Von hier aus zu Johannes Winkel. Der Weg von Bärbel Bas zu ihm ist kurz, denn was der Chef der Jungen Union sagt, ist die Konsequenz aus dem , was die SPD-Vorsitzende sagt. Nämlich „Dass Bärbel Bas zuletzt vom Kampf gegen die Arbeitgeber spricht, ist eine ehrliche und klare Absage an Reformen im Sinne einer sich erholenden Wirtschaft.“
JU-Chef: Künftige Haushalte der Bundesrepublik ‚versteinern‘
Die Ehrlichkeit, die Winkel der Frau Bas attestiert, ist ein Befund, wie er furchtbarer nicht sein könnte. Denn er läuft hinaus auf die Versteinerung Deutschlands. O-Ton Winkel: „Ich warne davor, dass in naher Zukunft die Schuldenbremse gänzlich abgeschafft werden muss. Künftige Haushalte der Bundesrepublik ‚versteinern‘ aufgrund des Bundeszuschusses in die Rente, der Zins- und Tilgungsbelastung.“
Was aus Winkels Sicht nur einen Schluss zulässt: „Die weitere Entkopplung des Sozialstaats von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist ein grundlegender Fehler.“ Weshalb er der Rente von Merz/Bas oder Bas/Merz nicht zustimmen könne. Sozusagen aus staatspolitischer Verantwortung.
Die staatspolitische Verantwortung, das ist das Hauptspielfeld des Bundeskanzlers. Der verlangt Gehorsam und Zustimmung, weil die Nicht-Zustimmung Deutschland „ins Elend“ führe.
Worin besteht dieses Elend?
Merz verlangt: Auch zu und durch. Wegen Putin
In wachsender innenpolitischer Instabilität. In diesen außenpolitisch schwierigen Zeiten. Was Merz fordert, auch von den Jungen, heißt: Den Unsinn der Rentenreform beschließen wegen Putin. Ketzerische Frage: Wie weit weg ist die Argumentation Rente vs. Russland des amtierenden Kanzlers vor der Warnung seiner sozialdemokratischen Vorgängers Olaf Scholz, die Ukraine-Hilfen nicht gegen die Rente auszuspielen?
Weshalb verweist Johannes Winkel auf die Schuldenbremse? Was hat die Schuldenbremse mit der Rente zu tun?
Dahinter steckt so etwas wie ein diabolischer Plan: Die immer höheren Rentenlasten zu bezahlen aus Steuermitteln. Was nur geht, wenn: Man die Steuern erhöht. Oder die Schulden. Die SPD will die Schuldenbremse schon lange schleifen. Denn:
Die Schuldenbremse, das ist das große stählerne Vorhängeschloss vor einer Schatzkammer, deren Vorräte sich immer weiter auffüllen lassen – mit dem Geld der Bürger. Und der Unternehmer.
Die Bas jetzt zu bekämpfen verspricht. Womit sich der Kreis schließt.
Kleine Schlusspointe: Bei der Rente kommt es an diesem Freitag auf die Jungen nicht mehr wirklich an. Per Enthaltung im Bundestag wird die Linke der Bas/Merz-Rente zur Mehrheit verhelfen.
Heidi Reichinnek rettet die Kanzlerschaft von Friedrich Merz. Das ist nicht einmal neu: So war es auch, als Merz als erster Kanzlerkandidat bei der Kanzlerwahl im ersten Wahlgang gescheitert war.
Sagen wir es im Hinblick auf die Linke so: Ein schrecklich cooler Move.