Der Streit mit der Jungen Union über die Rente soll beigelegt sein. Das verkündeten die Spitzen der Regierungsfraktionen am Freitag in Berlin. Eine Änderung des aktuellen Rentenpakets konnten die jungen Abgeordneten nicht mehr erreichen, dafür aber ein großes Versprechen: eine echte Rentenreform noch im kommenden Jahr. "Keine Denkverbote, keine Tabus", forderte Bundeskanzler Friedrich Merz von der Rentenkommission, die bis Ende 2025 eingesetzt werden soll.
Dass die Ansage wörtlich zu verstehen ist, zeigt der Begleittext zum aktuellen Rentenpaket, der FOCUS online vorliegt. Das Papier enthält so gut wie alle Punkte, die Experten in den vergangenen Jahren gefordert haben, von der Steigerung des Renteneintrittsalters bis zur Förderung privater Vorsorge.
Die Kommission soll die drei Säulen der Altersvorsorge gesetzliche Rente, betriebliche sowie private Vorsorge zu einer "Lebensstandardsicherung" zusammenfassen und mit ihren Vorschlägen dafür sorgen, dass gerade Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit kleinem und mittleren Einkommen im Alter anständig versorgt sind.
Worum geht es genau? Die wichtigsten Diskussionsideen in der Übersicht.
Gesetzliche Rente
- Lebensstandardsicherung soll Rentenniveau als Diskussionsgröße ablösen. Statt nur über die gesetzliche Versorgung soll die Gesamtversorgung der zukünftigen Rentner betrachtet werden.
- Flexirente - die allerdings auch langjährige Beitragszahler, die früh angefangen haben zu arbeiten, berücksichtigt
- Längere Lebensarbeitszeit, auch durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters. Die gelte für den normalen Renteneintritt, sowie auch den vorgezogenen Renteneintritt für besonders langjährig Versicherte
- Grundlage für die Rentenentwicklung. Aktuell hängt die Rente von den Löhnen ab, die Inflation wird nicht einbezogen. Das könnte sich ändern.
- Einführung eines "Nachholfaktors", um den Einfluss der Haltelinie auf das Rentenniveau auszugleichen.
- Finanzierung eines stabilen Rentenniveaus
- Grundrente zur Mindestrente für langjährige Beitragszahler ausbauen
Private Altersvorsorge
- Verbesserung der Verbreitung privater Altersvorsorge
- Altersvorsorge am Kapitalmarkt für alle zugänglich machen. Aktuell fehlt oft die Vorbildung für diese Vorsorge.
- Einführung eines Standardprodukts für die private Altersvorsorge
Betriebliche Altersvorsorge
- Geringverdiener sollen bei der betrieblichen Altersvorsorge stärker gefördert werden
- Betriebliche Altersvorsorge auch für kleine und mittelständische Unternehmen
- Betriebliche Altersvorsorge transparenter und einfacher machen
Beiträge
- Sicherung des Beitrags für die nächsten zehn Jahre
- Weitere Einkunftsarten in die Beitragsbemessung einbeziehen. Das könnte bedeuten, dass Sozialbeiträge auf das gesamte versteuerte Einkommen gezahlt werden sollen, also auch auf Kapitalerträge oder Mieteinnahmen.
- Einbeziehung weiterer Gruppen in die Rentenversicherung. Das betrifft vor allem die Beamten und Selbstständigen.
Die Vorschläge der Kommission sollen bis zum Sommer vorliegen. "Wenn alles gut läuft, werden wir nächstes Jahr um diese Uhrzeit genau in der Schlussphase der Beratungen sein für ein umfassendes Paket einer neuen Gesamtversorgung in Deutschland. Und da bin ich zuversichtlich, dass uns das gelingt", zeigt sich Kanzler Merz am Freitag optimistisch.
Unsere Einschätzung
Natürlich macht die Einberufung einer Kommission noch lange keine Reform. So ist das Papier lediglich als Diskussionsgrundlage zu verstehen. Dennoch macht die Bundesregierung damit einen großen Schritt auf die jungen Abgeordneten zu. Konkret versprach sie bereits, Anteile aus ihrem Aktienportfolio im Wert von zehn Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, deren Gewinne die private Altersvorsorge in Deutschland unterstützen sollen. Darüber soll im Koalitionsausschuss am 10. Dezember diskutiert werden.
Die Abgeordneten der Jungen Union in der CDU hatten mit einer Blockade des Rentenpakets im Bundestag gedroht, sollte die Rente nach der darin festgelegten Haltelinie nicht genauso schnell sinken wie ohne diese. Im Jahr 2040 würde sie nur noch 45 Prozent betragen. Mit der Haltelinie läge sie dann noch bei 46 Prozent. Die Junge Union kritisiert, dass die Rente über einen kurzen Zeitraum künstlich hoch gehalten wird, ohne nachhaltige Lösungen für jüngere Arbeitnehmer zu berücksichtigen.